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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kapital (in der Buchbinderei) - Kapitalisierung
5ur Produtnon sachlicher Güter oder zu einer dem
menschlichen Bedürfnis direkt dienenden Nutzung
(Wohnhäuser, Sckmuck, Gerätschaften n. s. w.) ver-
wendet werden. Die flüssigste svorm des privat-
wirtschaftlichen K. ist das Geld kapital, welckes
eine nach allen Seiten hin beliebig wirkungsfähige
Vermögensmacht darstellt. In dieser Form tritt
das K. in der Regel beim Beginn eines jeden
Unternehmens ans; ein Teil dieses Vermögens wird
dann fest in Gebä'ndcn, Maschinen n. s. w. angelegt'
von dem Betriebskapital aber befindet sich stets ein
Teil in der Geldsorm, indem alle Bestandteile des-
selben periodisch wieder in diese Form zurückkehren.
Als Geld tritt auch meistens das Leihkapital
ans, nämlich dasjenige Kapitalvermögen, welckes
nicht von seinen Besitzern selbst prodnktiv verwendet,
sondern andern gegen eine Vergütung l Kapital-
5 ins) dargeliehen wird. Die Höhe dieser Ver-
gütung, der Zinsfuß (s. Zinsen), hängt unmittelbar
allerdings von der Nachfrage nach Leihkapital im
Verhältnis zu dem Angebot ab, im tiefern Zu-
sammenhang aber namentlich von dem durchschnitt-
lichen Gewinne, den das Unternehmerkapital erzielt,
dessen Bezug also der Kapitaleigentümer durch
Überlassung seines K. dein Unternehmer ermöglicht,
s^. Unternebmergewinn.) Tritt der Kapitalist als
Unternehmer auf, so ist sein Gewinn nicht allein
durch seine Arbeit als Geschästsleiter bedingt, son-
dern ein Teil fällt ihm lediglich in seiner Eigen-
schaft als Kapitaleigentümer zu. (S. Kapitalismus.)
Juristisch wird K. die ausstehende Geldforde-
rung genannt, von welcher Zinsen zu zahlen sind.
Sie ist nicht immer Leihkapital, kann vielmebr anck
aus einem Kauf oder andern Rechtsgeschäft unter
Lebenden oder von Todes wegen Herrübren oder
Entschädigungsfonds (aus einem Delikt oder einem
andern Rechtsgrunde) ^sein.
Vgl. Hermann, ^taatswirtschaftliche Unter-
suchungen (2. Anfl., Münch. 1870), S. 10? fg.;
Böhm-Bawcrk, K. und Kapitalzins (2 Bde., Innsbr.
1884 u. 1889)' Wittelshöser, Untersuchungen über
das K. (Tüb. 1890)', Schönberg, Handbnch derpolit.
Ökonomie, Bd. 1 (3. Anfl., ebd. 1890), S. 187 fg.-
Marx, Das K. ^4. Aufl., Hamb. 1890 fg.); Hand-
wörterbuch der ^taatswissenschaftcn, Bd. 4 <Iena
1892), S. 049 sg.; R. Meyer, Der Kapitalismus
iw äs 8i6ol6 (Wien 1894).
Kapital, Kapitalband, in der Buchbinderei
ss. d., Bd. 3, S. 651 lr) ein Streifen Pergament, Sei-
denstoff oder dergleichen, welcher am Rücken der zu
einem Bande verbundenen Papierbogen oben und
unten zum Schutz und zum Zierat angebracht wird.
Kapital (lat. caMniuin oder c^pittMiiu, d. b.
kleiner Kopf), Kapitell oder Knanf, der oberste
Teil einer Säule, eines Pilasters oder eine^
Pfeilers. Da das K. entsprechend seiner ästhetischen
Funktion als vermittelndes Glied zwischen dem
stützenden Säulensckaft und dem darauf lastenden
Gebell oder Gewölbe stets von besonders charak-
teristischer Formbildung ist. so dient es wesentlich
zur Unterscheidung der verschiedenen Baustile, ins-
besondere aber der verschiedenen Saulencrdnungen.
(S. Sä'ulcnordnung sowie die Artikel, welcke die
Kunst der einzelnen Völker behandeln, z. B. Grie-
chische Kunst u. s. w.)
Kapitalband, s. Kapital (in der Buchbinderei).
Kapitalbuchstaben (Kopfbuchstabcn), die
am Anfang von Kapiteln stebenden durch Größe und
Scbumck ausgezeichneten Buchstaben (s. Initialen).
Brockhaus' Konvcrsatirus-Ll'xikon. 14. Aufl. X.
.Kapitälchen, die Versalbuchstaben der Antiqua
von der Größe der gemeinen (kleinen) Bnchstaben;
meist beben sie im Verein mit einem (großen) Ver-
salbuchstaben einzelne Textworte hervor. Beispiel:
Kapitalconto, s. Hauptbuch (Bd. 8, S. 876a).
Kapitaldeckungsverfahren, ein Versal reu
zur Bemessung der Beiträge für eine obligatorische
Versicherungsanstalt. Durch die Jahresbeiträge wer-
den nicht wie beim Umlageverfahrcn (s. d.) die
Ausgaben desselben Jahres gedeckt, sondern die
Deckungskapitale (s. d.) derselben, also der jetzige
Wert aller Ausgaben, welche der Wahrscheinlichkeit
nach zukünftig aus den im laufenden Jahre entstan-
denen Verpflichtungen sür die Versicherungsanstalt
erwacksen werden. Eine nach dem K. eingerichtete
Versicherungsanstalt besitzt also bei jedem Geschäfts-
abschlnft eine vollständige Deckung sür alle bereits
eingegangenen Verpflichtnngen, sodaß diese im Falle
der Liquidation der Versicherungsanstalt in eine
andere Bank eingekauft werden könnten; sie besitzt
aber teine Deckung für die durch bisherige Beiträge
erworbenen Anwartschaften der aktiven Versickerten
aus zukünftige Versicherung. Der letztere Umstand
macht das K. ungeeignet für nichtobligatorische Ver-
sicherungen, die in ihrem Prämienreservefonds außer
der Deckung für die bereits fällig gewordenen Ver-
pflichtungen auch das Kapital besitzen müssen,
welches den Rechten auf zukünftige Versicherung
entspricbt, wie sie durch die bisher eingezahlten
Beiträge der Versicherten erworben wnrden. lS.
Lebensversicherung.)
Das K. wurde 1881 von Caron für die großen
prenß. Knappschaftskassen (s. d.) vorgeschlagen und
ist bei der Beratung der Arbcitcrversicherungsgesetze
neben dem Umlage- und dem Prämienrcservever-
fahren (s. d.) in vielfache zustimmende, wie ableb-
nende Erörterung gezogen worden. Im Deutschen
Reich ist es bei der Unfallversicherung (s.d.) nur sür
die gewerblichen Tiefbaubetriebe gesetzlich eingeführt
und der Invaliditäts- und Altersversicherung (s. d.)
in der abgeänderten Form des K. nach Perioden zu
Grunde gelegt worden. - Vgl. Caron, Die Vereck-
nung der Beiträge bei der obligatorischen Arbeitcr-
versichenutg (Berl. 1881).
Kapitale (lat.), Hauptstadt eines Landes; ferner
Halbierungslinie eines ausspringenden Winkels;
auch spricht man in diesem Sinne von der K.
eines Festungswerkes, einer Lünettc, einer Bastion,
meint dann aber stets den Winkel an der vordern
Spitze. Die Verlängernng der K. über das Wert
hinaus ins Vorgelände liegt in der Mitte des unbe-
strichenen Raumes und ist daher für den Angreifer
die vorteilhafteste Richtung zum Vorgehen gegen
das betreffende Werk.
Kapitalgewinn, s. Kapitalismus, Unterneh-
mergcwinn, Zinsen.
Kapitalisierung, die Berechnung des gegen-
wärtigen Napitalwertes einer für immer oder auck
sür eine gewisse Zeit zu entrichtenden Rente. Im
crstern Falle wird der Rentenbctrag einfach mit
einem Kapitalisierungsfaktor multipliziert, der
von dem zu Grunde gelegten Zinsfuß abhängig
ist, also z. V. mit 20, 25 oder 33^, wenn
der Zinsfuß zu 5, 4 oder 3 Proz. angenommen
wird. Auch der Preis der Grundstücke und vorhan-
dcner Betriebsanlagcn bestimmt sich thatsächlich
durch die K. des geschätzten Reinertrags mit einem
von dem persönlichen Ermessen des Kauflustigen
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