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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kapitalismus - Kapitän
abhängenden Faktor (s. Vautare). Bei Zeitrenten
erfolgt die K. durch Diskontierung der künftig fäl-
ligen Summen auf die Gegenwart und durch Ad-
dition der so berechneten Beträge.
K. oder Kapitalifation nennt man auch
bisweilen die Ansammlung von privatwirtschaft-
lichem Kapitalvermögen, indem das Einkommen
nicht vollständig zu konsumtiven Zwecken veraus-
gabt, sondern teilweise als Kapital aufgespart wird.
Kapitalismus, die kapitalistische Produktions-
weise im Gegensatz zu dem Socialismus oder Kol-
lektivismus. Der Kapitaleigentümer nimmt ohne
eigentliche Arbeitsleistung einen Teil der Güter,
welche die Arbeiter mit den ihnen zu Gebote ge-
stellten Mitteln produzieren, als Kapital gewinn
für sich in Anspruch, was die Arbeiter zugestehen
müssen, weil sie ohne Kapital entweder gar nichts,
jedenfalls aber ungleich weniger prodnzieren und
erwerben können. Die Arbeiter erhalten also nicht
das volle Produkt; sie müssen einen Teil desselben
dem Kapitalisten als eine Rente überlassen, die der-
selbe lediglich auf Grund seines Besitzes der Pro-
duktionsmittel bezieht. Auf diese Thatsache laufen
schließlich alle Anklagen hinaus, die von Proudhon,
Marr und den Socialisten und Kommunisten über-
daupt gegen das Kapital und die "kapitalistische Pro-
duktionsordnung" erhoben worden sind. Es fällt
dagegen nicht entscheidend ins Gewicht, daß das Ka-
pital selbst ursprünglich durch Arbeit geschaffen ist;
denn wenn es auch wirtlich durch die eigene Arbeit
des Besitzers entstanden wäre, so würde damit ein
dauernder Rentenbezug desselben noch nicht ohne wei-
teres gerechtfertigt erscheinen. Hauptsächlich kommt
vielmehr iu Betracht, daß der Kapitalist, auch wenn
er nicht unmittelbar mitarbeitet, doch eine wichtige
Funktion in der wirtschaftlichen Gesellschaft ausübt;
in seiner Hand liegt thatsächlich die Initiative und
damit die allgemeine Regelung der Produktion, und
indem er diese Funktion erfüllt, setzt er sein Kapital
gerade wegen der Eigentümlichkeit der bestehenden
wirtschaftlichen Ordnung einem nicht geringen Risiko
aus. Dazu aber wird er sich nur entschließen, wenn
ihm ein Gewinn in Aussicht steht. Auch in einer
kollektivistisch organisierten Gesellschaft, in der also
die Produktionsmittel der Gesamtheit gehören wür-
den, müßten besondere Organe geschaffen und aus
dem Ertrag der Produttion unterhalten werden,
welche die Verteilung der Produktivkräfte den Be-
dürfnissen der Konsumtion entsprechend zu regeln
und zu leiten hätten. Daß diese Methode für die
Gesamtheit mit geringerm Aufwand verbunden
sein würde als die gegenwärtig bestehende, ist un-
bewiesen. Übrigens geben wissenschaftliche Socia-
listen, wie Marr, selbst zu, daß die kapitalistische
Produktionsweise ein notwendiges, folglich auch
berechtigtes Glied in der histor. Entwicklung der
menschlichen Kultur ist und gegenüber der frühern
Sklavenwirtschaft einen Fortschritt bildet. K. wird
auch die Herrschaft des beweglichen Großkapitals ge-
nannt. (S. Geldherrschast.) - Litteratur s. Kapital.
Kapitalist, s. Kapital und Kapitalismus.
Kapitalmarkt, s. Geldmarkt.
Kapitalrente, die aus dem Besitz eines Kapi-
tals (s. d.) gezogene Rente; hauptsächlich in der
Bedeutung von Zinsen (s. d.).
Kapitalrentensteuer, eine Steuer auf den
arbeitslos bezogenen Ertrag des Kapitalvermögens.
Sie trifft den Ertrag von Geschäftsanteilen an
Aktiengesellschaften und genossenschaftlichen Itnter-
'Artik^'l, di? man unter K verm
nehmungen und den Zins ausgeliehener Kapitalien
ldaher auch Zinsrentensteuer genannt). Die K.
stellt sich sonach als eine Ergänzung der Ertrage-
steuern (s.d.) dar und ist innerlich berechtigt, insofern
der Ertrag im Grund- und Häuserbesitz sowie im
Gewerbebetrieb angelegter Kapitalien anderweitig
besteuert wird, ohne gleichzeitige entsprechende Be-
steuerung der Zinsen bez. Einkünfte aus Leibkapi-
talien bez. Geschäftsanteilen. Das Einkommen der
letztern Art verdient in weit höherm Grade eine
Besteuerung als das aus der persönlichen Arbeit
oder aus der eigenen Vermögensverwaltung hervor-
gehende. Die K. stellt günstige Erträge für die Staats-
kasse in Aussicht, bietet aber mancherlei steuertech-
nische Schwierigkeiten, da sie leicht abgewälzt werden
kann, da serner das Erfassen der Steuerobjette ohne
die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung, die
beim Erbgange nachträglich kontrolliert werden
mühte, vielfach unmöglich ist. Auch fübrt sie zu
einer ungleichen Belastung der einzelnen Arten der
Kapitalanlagen, da die von der Theorie geforderte
Zerlegung des Zinses in Risikoprämie, Ämortisa-
üonsquote und reinen Zins praktisch nicht durch-
geführt werden kann. Neben einer allgemeinen Ein-
kommensteuer erhöht die K. die steuerliche Belastung
des auf Kapitalbesitz beruhenden (fundierten) Ein-
tommens gegenüber dem (unfundierten) Einkommen
aus persönlicher Arbeit. Sofern man eine stärkere
Belastung des erstern für angemessen bält, muß
man eine K. neben der allgemeinen Einkommensteuer
an sich als berechtigt anerkennen. Diese Erwäguug
hat neuerlich aucb mebr und mehr dahin geführt,
die K. nicht als eigentliche Ertragssteuer, sondern
als partielle Einkommensteuer aufzufassen. Diese
Form trägt die K. in Bayeru und Württemberg,
uud die gleichen Gesichtspunkte sind auch für die in
Preußen durch das Ergänzungssteuergesetz vom
14. Juli 1893 gescbaffene K. maßgebend gewesen.
(Vgl. Ergänzungssteuer.) In Hessen und Baden
erscheint die K. neben der allgemeinen Einkommen-
steuer als Voraus belastung des Einkommens aus
Kapitalbesitz. Sachseil hat eine besondere K. zur Ieir
uicht. Über die in mehrern außerdeutschen Ländern
als Ersatz für die K. eingeführte Couponsteuer s. d.
Kapitalschaufler, s.'Geweih (Bd. 7, S. 973d).
Kapitalsteuer, eine Steuer auf das Einkommen
aus Kapitalvermögen (Kapitalrentensteuer, s. d.)
oder eine partielle Vermögenssteuer (s. d.), die den
werbenden Teil des Vermögens belastet.
Kapitalverbrechen, Verbrechen, welcke mit
Todesstrafe (s. d.) bedroht sind. Bei den Römern
hießen Kapital^stra fen(cai)iti8 poenas) außer der
Todesstrafe alle strafen, die den Verlust des Bürger-
rechts oder des Standes der Freien zur Folge hatten.
Kapitalzins, s. Kapital und Zinsen.
Kapitän (mittellat. cllMÄ!i"n3, von cai>ut,
Haupt), gleichbedeutend mit Hauptmann (s. d.), ein
Wort, das in den roman. sprachen (frz. capitain";
ital. (Hpitano; span. c^Mau) in seiner allgemeinsten
Bedeutung für Oberbefehlshaber gebraucht wurde.
So hieß Gonsalvo von Cordova ^L1 Frau c^pitaii,
Turrenne I^s Fiauä ca^i<Hill6. Im 16. Iabrh. er-
hielt die Benennung eine bestimmtere Grenze, und eo
hieß nun in Frankreich der Fübrer einer Compagnie
(^piwiuo, bei den Spaniern (^piwn und nach ihm
bier die Compagnie c^pita^ia. Als zur Zeit Lud-
wigs XIV. die franz. Spracke im Kriegswesen die
bisher auch bei den Deutschen vorherrschenden span.
und ital. Bezeichnungen verdrängte, nahm man in
ißt, sind untt'r C aufzusuchen.