Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Karl I

142

Karl I. (der Große, römischer Kaiser)

in Deutschland. Dagegen ließ er sich nicht darauf ein, dem Rufe des Papstes zu folgen, als dieser bei dem Versuche, einen unabhängigen Kirchenstaat zu gründen, an ihm eine Stütze suchte und ihn zum Kriege gegen die Langobarden aufreizte. Um die Aufgaben des bedrohten Staates zu erfüllen, verfügte K. rücksichtslos über die Güter der fränk. Kirchen und Klöster, indem er sie oft länger unbesetzt ließ oder sie an Leute vergab, die ihm politisch und militärisch brauchbar waren, ohne Rücksicht auf ihre geistliche Befähigung. Nach dem Tode des Königs Theodorich (735) ließ K. den Thron unbesetzt, ohne sich jedoch selbst zum König zu machen. Er starb 741. - Vgl. Breysig, Jahrbücher des Fränkischen Reichs 714-741 (Lpz. 1869); Böhmer-Ficker, Regesta Imperii, Bd. 1 (Innsbr. 1889).

Karl I., der Große, König der Franken (seit 768), römischer Kaiser (800-814), geb. 2. April 742, der Sohn Pippins des Kleinen und seiner Gemahlin Bertrada (Bertha), teilte 768 das Reich mit seinem Bruder Karlmann, vereinigte es aber nach dessen Tode mit Ausschluß der Söhne desselben 771. Um diese Zeit löste K. auch seine Ehe mit Desiderata, der Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, aber nicht aus polit. Gründen; er suchte vielmehr den Krieg gegen Desiderius zu vermeiden, als der Papst ihn auf Grund der frühern Verträge um Hilfe anrief. Erst Ende 773 zog er über die Alpen, führte Desiderius als Gefangenen in ein fränk. Kloster, ließ sich von den langobard. Großen huldigen und nannte sich fortan König der Franken und Langobarden. Bereits vorher hatte er Aquitanien unterworfen (769) und den Kampf gegen die Sachsen begonnen (772), der 777 zu einem glücklichen Ende geführt zu sein schien, als K. mitten im Sachsenlande bei Paderborn die fränk. Reichsversammlung halten konnte. Aber 778 erhoben sich die Sachsen von neuem, und, nachdem K. 780 bis an die Elbe gezogen war, auch 782. Sie vernichteten eine fränk. Abteilung am Süntel, unterwarfen sich dann K. wieder, der bei Verden an der Aller ein Strafgericht über sie abhielt. Die Hinrichtung von 4500 Sachsen ist nicht genügend verbürgt, aber seine Strenge reizte doch zu neuem Widerstand, den K. 783 durch die großen Siege bei Detmold und an der Hase brach. Auch 784 durchzog er Sachsen zweimal, und 785 hielt er wieder mitten im Lande (bei Paderborn) den Reichstag. Gesandte aus Benevent, Konstantinopel und Arabien, geistliche und weltliche Große aus Italien u. s. w. zeigten den Sachsen die Macht K.s, und nun unterwarfen sich auch ihre bedeutendsten Führer Widukind und Albio. 793 erhoben sich die Sachsen jedoch noch einmal, aber 794-797 durchzog K. alle Jahre das Land und überwinterte schließlich an der Weser. Dazu führte er große Scharen von Sachsen aus dem Lande, an deren Stelle teils Franken, teils Slawen zogen. Seitdem war das Land unterworfen. K. führte die fränk. Gauverfassung und das Christentum ein und ließ die Gesetze der Sachsen mit den nötigen Änderungen aufzeichnen. Gleichzeitig mit diesem großen Kampfe machte er 778 einen Zug über die Pyrenäen, der zwar mit Verlusten auf dem Rückmarsch endete (Rolandssage), aber doch den Anfang bildete zu seinem Einfluß auf dieser Halbinsel. Christl. und mohammed. Fürsten derselben wandten sich an ihn, und ein breiter Streifen südlich der Pyrenäen mit den Städten Pampelona und Barcelona wurde von K.s Grafen als Spanische Mark verwaltet. Ferner beseitigte K. das Herzogtum Bayern, indem er 787 den Herzog Tassilo des Verrats beschuldigte, zur Ergebung zwang, zum Tode verurteilte und zum Kloster begnadigte. Sodann ließ er durch seinen Sohn Pippin 796 die Avaren im heutigen Ungarn unterwerfen, die lange der Schrecken Europas gewesen waren. (Vgl. Historische Karten von Deutschland I, 1, Bd. 5, S. 170.) Wichtiger jedoch als alle diese Eroberungen wurde die Aufrichtung des abendländ. Kaisertums. K. hatte von vornherein als röm. Patricius eine Reihe von Hoheitsrechten in Rom; mit der Krone der Langobarden fielen ihm dann 774 auch deren Ansprüche auf ganz Italien zu; deshalb betrachtete sich K. auch schon vor der Kaiserkrönung als Oberherr von Italien und wurde auch in Rom bei verschiedenen Gelegenheiten als solcher anerkannt. Seine Boten und er selbst hielten in Rom Gericht, und wie er die fränk. Kirche als Landeskirche leitete, so glaubte er auch über die allgemeine Kirche die Oberaufsicht führen zu müssen. Bei aller Verehrung für den röm. Bischof sah er in demselben doch auch damals schon nur einen Bischof seines Reichs, wenn auch ausgestattet mit besondern Vollmachten. In diesem Sinne ließ K. durch seine Theologen die Carolini Libri ausarbeiten, um die von dem Papst mit der oström. Geistlichkeit auf der Synode von Nicäa 787 bestätigte Verehrung der Bilder zu bekämpfen; er berief und leitete 794 die Synode von Frankfurt, die jene Beschlüsse von Nicäa ausdrücklich verwarf. Gesandte des Papstes haben hier wie auch in Nicäa unterschrieben. K. suchte ferner schon 781 eine Familienverbindung mit dem oström. Kaisertum und dabei die Anerkennung seiner Rechte in Italien. Er nahm längst die kaiserl. Stellung ein, als er von den Großen in Rom und dem röm. Volke zum Kaiser erwählt und dann vom Papst gekrönt wurde. Nach einer Nachricht wäre die Krönung durch den Papst wider seinen Willen erfolgt, wie er denn auch später seinen Sohn Ludwig nicht durch den Papst krönen ließ, sondern (11. Sept. 813) ihm die Krone selbst aufsetzte oder sich selbst aufsetzen hieß. Nach der Krönung leistete ihm der Papst die Adoration, d. h. die der göttlichen Anbetung nachgebildete kniende Verehrung, die bei den röm. Kaisern üblich gewesen war. K. legte aber das Hauptgewicht darauf, von den oström. Kaisern anerkannt zu werden, hat dies aber durch all seine Bemühungen nur unvollständig erreicht; auch die Verheiratung mit der oström. Kaiserin Irene plante er zu diesem Zweck, die nur durch den Sturz derselben (802) vereitelt wurde. (Vgl. Venediger, Versuche einer Darlegung der Beziehungen K.s d. Gr. zum Byzantinischen Reich, 1872; Strauß, Beziehungen K.s d. Gr. zum Griechischen Reich, 1877; Harnack, Die Beziehungen des Fränkisch-italienischen zum Byzantinischen Reich. Dissertation, Gött. 1880.)

Die Verwaltung des Reichs leitete K. wie bisher durch die Grafen und die jährlich zweimal zusammentretenden Versammlungen der Großen und des Volks. Die Frühjahrsversammlung hieß das Maifeld und war zugleich Heerschau. Die in einem Staat kleinen Umfangs ausgebildete Verfassung mit ihren unentgeltlichen Leistungen der Dingpflicht und des Heerbanns, der Verpflegung von Gesandten, des Brückenbaues u. s. w. wurde in dem großen Staate zu einer erdrückenden Last. K. hat sie zu mildern gesucht, indem er bestimmte, daß der Graf die Gemeinde statt wie bisher beliebig oft nur zu drei Gerichtssitzungen, den drei "echten Dingen", laden,

^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]