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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kehlkopf

dung. Zwischen Schildknorpel und Zungenbein befindet sich ein aus mehrern Bändern zusammengesetzter Bandapparat (Fig. 1,4). Die untern, kleinern Hörner (Fig. 2,3 und Fig. 3,3) des Schildknorpels sind durch je eine kleine Gelenkfläche beweglich mit dem Ringknorpel verbunden. Der Ringknorpel (cartilago cricoidea, Fig. 1,11, Fig. 2,4, Fig. 3,4 und Fig. 4,7) hat die Gestalt eines mit einem hohen viereckigen Schilde (Platte) versehenen Siegelrings. Die vordere, dünnere Hälfte dieses Rings (der Bogen) liegt unterhalb des Schildknorpels, mit diesem durch das sog. Dreieckige Band (Fig. 1,5 und Fig. 4,8) in Verbindung stehend; seine hintere Hälfte (das Schild) ragt als hintere Wand des K. zwischen den hintern Rändern des Schildknorpels in die Höhe. Aus dem obern Rande des Ringknorpels stehen hinten nebeneinander zwei dreiseitige, pyramidenförmige Knorpel, die Gießkannen - oder Stellknorpel (cartilagines arytaenoideae, Fig. 3,5), welche beweglich sind und durch Muskeln einander genähert und voneinander entfernt werden können. Der kolbige, nach hinten, außen und unten gerichtete Teil jedes Stellknorpels heißt der Gelenkfortsatz, der spitzere, nach vorn gekehrte dagegen der Stimmfortsatz. An der hintern Fläche des sog. Adamsapfels erhebt sich in einem tiefen Einschnitt des Schildknorpels und darüber hinaus der platte, knorpelige Kehldeckel (epiglottis, Fig. 2,1 Fig. 3,1, Fig. 4,4 und Fig. 5,1), welcher über die ganze obere Öffnung des K. hinausragt. Ein zwischen der Zungenwurzel und dem mittlern Teil des Kehldeckels ausgespanntes Band das Zungen-Kehldeckelband, ligamentum glosso-epiglotticum) hält ihn in aufrechter Stellung. Zu gleichem Zwecke dienen die beiden Zungenbein-Kehldeckelbänder (ligamenta thyreo-hyoidea). Oberhalb des untern Teils der nach hinten gekehrten Fläche des Kehldeckels befindet sich eine konvexe Vorwölbung, der Kehldeckelwulst. Zwischen den Seitenrändern des mittlern und untern Teils des Kehldeckels und der Spitze jedes Stellknorpels zieht sich auf jeder Seite das Stellknorpel-Kehldeckelband (ligamentum aryepiglotticum) hin und hinten zwischen den beiden innern, einander zugekehrten Kanten der Stellknorpel eine muskulös-häutige Masse querüber; so entsteht die obere Öffnung des K.

Das Innere des K. zerfällt in drei übereinander liegende Abteilungen, die obere, die mittlere und die untere, welche durch zwei leistenartige seitliche Vorsprünge voneinander abgegrenzt werden. Gleich hinter und etwas unterhalb des sog. Adamsapfels liegt die kleine, am meisten vertiefte Stelle des mittlern Kehlkopfraums, die Centralgrube, welche durch das Zusammenstoßen mehrerer, an dem Schildknorpel sich anheftender häutiger Gebilde zu stande kommt; es sind dies das Aufhängeband des Kehldeckels, die beiden Taschenbänder (auch die falschen oder obern Stimmbänder genannt) und die beiden (wahren oder untern) Stimmbänder. Der von den Taschen- oder Stimmbändern begrenzte und nach hinten von den Stellknorpeln abgeschlossene Raum ist der mittlere Kehlkopfraum. Zwischen je einem Taschen- und einem Stimmband befindet sich auf jeder Seite des mittlern Kehlkopfraums eine Aushöhlung, die sog. Morgagnische Tasche (Fig. 5,6) oder der Ventrikel. Die falschen Stimm- oder Taschenbänder (ligamenta thyreo-arytaenoidea superiora, Fig. 5,7), welche nach unten den obern Kehlkopfraum begrenzen, entspringen in der Centralgrube dicht nebeneinander und ziehen als Wülste in ziemlich horizontaler Richtung nach hinten zu den Stellknorpeln. Die Stimmbänder (ligamenta glottidis s. vocalis s. thyreo-arytaenoidea inferiora (Fig. 5,5) entspringen etwas tiefer als die Taschenbänder, verlaufen parallel mit diesen letztern und setzen sich je eins am Stimmfortsatz der Stellknorpel an. Die Stimmritze (glottis s. rima glottidis, Fig. 5,4) ist derjenige Raum, welcher von den Stimmbändern, den Stimmfortsätzen, den Stellknorpeln, insoweit sich diese an der Kehlkopfhöhle beteiligen, und den die Stellknorpel verbindenden Weichteilen (hintere Glottiswand) begrenzt wird. Die vordere zwei Drittel der Stimmritze nennt man die häutige, ihr hinteres Drittel die knorpelige Stimmritzenabteilung. Beim tiefen Atmen zeigt die Stimmritze die Gestalt einer länglich-rundlichen, nach vorn spitz auslaufenden Öffnung. Beim Tonangeben dagegen nähern sich die spitzen der Stimmfortsätze und bei Brusttönen berühren sich die Stimmbänder in ihrer ganzen Länge, wobei jedoch die knorpelige Stimmritzenabteilung noch einigermaßen geöffnet bleiben kann; beim Falsettton, beim Schreien und beim leisen Sprechen ist jedesmal die Gestalt der Stimmritze eine andere. Den verschiedenen Bewegungen der Kehlkopfknorpel und der Stimmbänder dienen mehrere Muskeln, welche sich an jene ansetzen bez. von diesen entspringen. Den K. als Ganzes bewegen der Schildknorpel-Zungenbeinmuskel (Fig. 1,7 u. 8) sowie der Brustbein-Schildknorpelmuskel (Fig. 1,9), während der Ringknorpel-Schildknorpelmuskel (Fig. 1,10), der schiefe und quere Gießbeckenknorpelmuskel (Fig. 2,7 u. 3) sowie der hintere Gießbeckenknorpelmuskel (Fig. 2,9) die Spannung und Erschlaffung der Stimmbänder bewirken. Alle Teile des Innenraums des K. sind mit einer gefäß-, nerven- und drüsenreichcn Schleimhaut ausgekleidet, welche, mit Ausnahme der Stimmbänder, ein geschichtetes Flimmeroberhäutchen besitzt.

Das menschliche Stimmorgan ist eine Art Blasinstrument, und zwar ein sog. Zungeninstrument, einigermaßen vergleichbar mit dem Fagott oder der Oboe, auf welchem der Ton durch Schwingungen der freien Ränder zweier zusammengefügter Rohrblättchen (sog. Zungen) erzeugt wird. Unser Stimmorgan, als ein solches Blasinstrument betrachtet, zerfällt in das Windrohr, das Mundstück und das Ansatzrohr. Das Windrohr stellt die Luftröhre dar, durch welche die eingeatmete Luft während des Ausatmens entweicht, um in dem der Luftröhre aufsitzenden K. (dem Mundstück) durch die in Schwingungen versetzten Stimmbänder zum Tönen gebracht zu werden. Der so erzeugte Ton wird in der Schlund-, Mund- und Nasenhöhle, welche drei Höhlen zusammen das Ansatzrohr darstellen, zum Klang-, Vokal- oder Nasenlaut umgebildet. Dieses Ansatzrohr erleidet durch die Zusammenziehung seiner Muskeln räumliche Abänderungen, und dadurch entstehen beim Durchstreichen der Luftsäule die Sprachlaute. Da das Stimmorgan des weiblichen Geschlechts weniger geräumig als das des männlichen ist, so ist auch die Stimmlage der Frau eine höhere als die des Mannes.

Beim Schlingen wird der K. zunächst gehoben; während der Kehldeckel sich hierbei über den Kehlkopfeingang hinweglagert, gleitet der Bissen über den Zungenrücken in die hinter dem K. gelegene Speiseröhre; hierauf senkt sich der K. wieder und der Kehldeckel richtet sich wieder auswärts. In das

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