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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kindesteil - Kinematik
Kindesteil, Auteil eines Kindes an der Erbschaft
eines der Eltern auf Gruud der gesetzlichen Erbfolge.
Das Wort wird auch zuweilen gebraucht, um den
PftiäMUemes Kindes zu bezeichnen. <S. Pflichtteil.)
Kindesunterschiebung, ein schon dem röm.,
aber nicht dem frühern deutschen Recht bekanntes
Delikt, wird nach §.169 des Deutschen Strafgesetz-
buches mit Gefängnis bis zu drei Jahren und, wenn
die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen
wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.
Der Versuch ist strafbar. Der Unterschiebung steht
gleich die vorsätzliche Verwechselung und die ander-
weite Veränderung oder Unterdrückung des Per-
sonenstandes eines andern, d. i. des familienrecht-
lichen Verhältnisses einer lebenden Person zu andern
lebenden Personen. Hierher gehört auch die An-
erkennung der Vaterschaft eines als unehelich ge-
borenen, im Geburtsregister eingetragenen Kindes
seitens eines Mannes, der nicht der Vater ist, und die
Bewirkung der Eintragung eines unehelichen Kindes
in das Geburtsregister als ehelichen, jedoch unter
richtiger Angabe der Eltern. Streitig ist, in welchem
Alter das "Kind" stehen soll. Man wird annehmen
dürfen, es sei ein so zartes Alter gemeint, daß das
Kind selbst über sein Alter keine Auskunft zu geben
vermag. - Die Bestimmungen des Osterr. Straf-
gesetzentwurfs von 1889 über K. entsprechen denen
des Deutschen Strafgesetzes.
Kind folgt der ärgern Hand, s. Ärgere Hand.
Kindheit, s. Kind.
Kindheitsverein, s. Xaveriusverein.
Kindi, Abu Iusuf Ia'kub ibn Ishäk al-, bekannt
als "Philosoph der Araber", aus der arab. Fürsten-
samilie der Kinda stammend, wurde in Basra ge-
boren und lebte spater in Bagdad, wo er von den
"Chalifen Ma'mun bis Mutawakkil (letzterer starb
861) in hervorragender Weise begünstigt wurde.
Er entwickelte eine staunenswerte Thätigkeit als
arab. Übersetzer griech. Werke und als Verfasser
philosophischer, mathematischer, medizinischer, astro-
nomischer, musikalischer sowie gegen das Christen-
tum polemisierender Schriften; die Liste derselben
hat 265 Nummern, deren größter Teil nicht mehr
vorhanden ist. Einige sind auch ins Lateinische
übersetzt worden: "De msäieaiußiitiZ c0inp08iti8"
(Strahb. 1531 u. ö.), "De^luviig, imdi-iduZ et ventiä"
lVened. 1567). Auch in der Astrologie hat sich K.
hervorgethan; er ist mit dem Alkindius, Alchin -
dus, Khindi, Khindaka der europ. und neuind.
Astrologie identisch. Eine seiner astrol. Schriften
hat O. Loth (Lpz. 1875) herausgegeben und bear-
"beitet. Er starb kurz nach 873. - Vgl. Flügel, Al-
Kindi, genannt der Philosoph der Araber (Lpz.
1857); Morgenländische Forschungen. Festschrift
für H. L. Fleischer (ebd. 1875).
Kindschabo, Stadt in Afrika, s. Assini.
Kindschal, das große zweischneidige Dolchmesser
der östl. Türken, das als Waffe und Werkzeug zu-
gleich dient.
Kindfcher Freifallbohrer, s. Vergbohrer.
Kindspech, s. Embryo (Bd. 6, S. 73a).
Kindswafser, soviel wie Fruchtwasser (s. d.).
Kineas (lat. Ciueas), griech. Staatsmann
und Redner aus Thessalien, war als Jüngling ein
Schüler des Demostheues und stand später im Dienste
des epirot. Königs Pyrrhus (s. d.), dessen treuester
und begabtester Helfer er gewesen ist. Von seinem
Herrn wurde K. wiederholt zu den wichtigsten diplo-
inat. Sendungen verwendet, namentlich in dem
Kriege mit Nom (281-275 v. Chr.), von dem K.
vorher vergebens abgeraten hatte. Noch vor dem
Ende des Feldzuges starb er (wahrschemkch nach
278) in Sicilien.
Kineit, eine von den rhein. Dynamitfabriken
hergestellter Sprengstoff, besteht aus einer Lösung
von Kollodiumwolle in Nitrobenzin, welcher Lösung
noch chlor- oder salpetersaures Kalium oder salpeter-
saures Ammonium sowie Echwefelantimon zugefügt
werden, um das K. weniger brisant zu machen.
Kinematik (vom grch. KinOina, Bewegung als
Zustand), uach Ampere die Gesamtheit aller der-
jenigen Probleme, die sich mit der Bewegung als
Erscheinung, ohne Rücksickt auf Masse und be-
wegende Kräfte befassen. Sie beschäftigt sich also
mit dem geometr. Vorgang der Bewegung als Orts-
veränderung, einschließlich des durch Beziehung
jener auf die Zeit sich ergebenden Geschwindigkeits-
und Veschleuuigungszustandes. Man unterscheidet
reine K., auch Phoronomie oder Geometrie
der Bewegung, und Maschinenkinematik.
Erstere studiert die verschiedenen Formen der Be-
wegung und die allgemeinen Bedingungen für die-
selben, nimmt die Bewegungen selbst aber als ge-
geben an; die Maschinenkinematik fragt umgekehrt
nach den besondern Bedingungen, unter welchen eine
Bewegung eintritt und nur eintreten kann, welcher
Art auch die bewegenden Kräfte seien. Sie beschäf-
tigt sich also mit den Mitteln znr Erzwingung der
vorausbestimmten, gewollten Bewegung.
Zwei Körper, die sich mit ihren Umstächen be-
rühren, hindern einander an freier Bewegung und
zwingen sich eine besondere Art gegenseitiger Be-
weglichkeit auf. Solche Körperpaare, nach Reuleaux
Elementenpaare genannt, bilden die Bausteine
für den Aufbau der Maschine. In der Regel ent-
hält diese mehrere derartige Paare; stets sind aber
die dieselbe bildenden Körper einander paarweise
zugewendet, bilden je zu zweit ein Elementenpaar.
Eine derartige Aneinanderreihung mehrerer Körper
nennt man, sofern es sich nur um die durch die
gegenseitige Paarung bedingte Relativbewe-
gung handelt, eine kinematische Kette und
die einzelnen Körper Glieder der Kette. Wird
einer dieser letztern zum Gestelle ausgebildet und
dadurch die bisherigen Relativbewegungen in Be-
zug auf diefes in absolute umgewandelt, so ent-
steht ein Mechanismus oder Getriebe. (^. Be-
wegungsmechanismus.) Eine Kette kann also auf
so viele Arten in einen Mechanismus verwandelt
werden, als sie Glieder hat. Aus einer viergliede-
rigen Kette können also vier im allgemeinen von-
einander verschiedene Mechanismen gebildet werden.
Der Mechanismus wird zur Maschine, wenn durch
äußere Kräfte nützliche Arbeit in ihm geleistet wird.
Dies System Reuleaux' ist in seinem Werke: Theo-
retische K. (Braunschw.1875), niedergelegt. Andere
hervorragende Werke sind: Grashof, Theoretische
Maschinenlehre (3 Bde., Hamb. 1872 -90), und
A.B.W.Kennedy, Neckanieg okinackiner^ (Lond.
1887); Vurmestcr, Lehrbuch der K. (Bd. 1, Lpz. 1888).
Von frühern Werken über K. sind auch heute noch
klassisch: R. Willis, rriucipisF 0kiQ6c1iHiii8m (1841;
2. Aufl. 1870); Bour, (^our8 66 meckmiHue et ma-
ckw68, Bd. 1 (Par. 1865), und Rankine, Nanual ok
Applied inooliHuicZ (Lond. und Glasgow 1858 u. ö.);
die beiden letztern geben auch die Geometrie der
Bewegung. Ein vorzügliches Lehrbuch der reinen
K., gleichzeitig aber auch die Kinetik enthaltend, ist
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.