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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Konträr - Kontribution
denen also nicht die eine Stimme die Melodie
sührt und die übrigen nur zur harmonischen Fül-
lung dienen, sondern welche melodisch einander so
ebenbürtig sind, daß die entstehende Harmonie wirk-
lich als ein Gewebe verschiedener Melodien erscheint.
Die beiden Formen, in denen die Art des K. am
vollkommensten zur Geltung kommt, heißen Ka-
non und Fuge.
In der musikalischen Praxis ist der K. zu einer
großen Mannigfaltigkeit ausgebildet. Einfacher
oder gemeiner K. heißt der musikalische Satz, in
dem die Melodie der höhern und tiefern Stimme
nicht miteinander vertauscht wird. Können dagegen
diese Stimmen miteinander verwechselt und ohne
Veränderung ihres Ganges und ohne Verletzung
der Harmonie höher oder tiefer gesetzt werden, so-
dah z. B. der Gang im Basse, der vorher die Dis-
kantstimme bloß begleitete, nunmehr diese Stimme
selbst als Melodie bekommt, oder hingegen die vo-
rige Melodie der Diskantstimme mit dem Gange
des Basses, der vorher zur Begleitung diente, ver-
tauscht wird u. s. w., so wird dies der doppelte
oder vielfache K. genannt. Weil es bei dem dop-
pelten K. demnach hauptsächlich auf die Versetzung
der einen Stimme in ein anderes Intervall an-
kommt, so giebt es ebenso viele verschiedene Gat-
tungen des K., als Intervalle zu einer solchen Ver-
setzung der Stimmen vorhanden sind. Man hat
daher den doppelten K. in der Sekunde oder None,
in der Terz oder Decime, in der Quinte oder Duo-
decime, in der Oktave oder Decima quinta u. s. w.
Die Ansänge der kontrapunktischen Schreibart
lassen sich nicht nachweisen; man kann ihre Spuren
bis ins frühe Mittelalter verfolgen; im 12. Jahrh,
hatte sie bereits eine ziemliche Ausbildung erlangt.
Seine erste Glanzperiode erlebte der K. im 15. und
16. Jahrh, durch die großen Kirchenkomponisten,
von denen zuerst die Niederländer und sodann die
Italiener alle übrigen Nationen überragten. Später
thaten es die Deutschen den andern Völkern zuvor,
namentlich als Fugenkomponisten. Die besten Werke
über den K. schrieben Fur (1725), Marpurg (1753),
Paolucci (1705), Martini (1774) und Cherubini
(1820), in neuerer Zeit Nichter (1872; 7. Aufl.,
Lpz. 1889), Dehn (2. Aufl., Verl. 1883), Iadas-
sohn (ebd. 1884; 2. Aufl. 1889) u. a.
Konträr (frz.), entgegengesetzt, s. Gegensatz.
Kontrareutonstranten, s. Arminianer.
Konträre Sexualempfindung, s. Päderastie.
Kontrarietät (lat.), Widerstreit, Hindernis,
Widerwärtigkeit; kontrariieren, entgegentreten,
entgegenwirken, hindern.
Kontraschulterherein, in der Reitkunst, s.
Schulterherein.
Kontrasignatür (neulat.), s. Gegenzeichnung.
Kontrafpiel, Kartenspiel, gewöhnlich unter 4,
aber auch 3, 5 oder 6 Personen. 6 Personen spielen
mit 32 Blättern, für je eine Person weniger werden
je 4 Karten, beim Siebener beginnend, weniger
genommen. Jeder der Spieler erhält 5 Karten; die
Wenzel (Eichelunter und Grünunter) sind immer die
höchsten Trümpfe, dann folgt Aß, König u. s. w.
der Trumpffarbe. Zum Gewinnen des Spiels sind
3 Stiche nötig. Wer den Eichelunter genommen
und sieht, daß er nicht gewinnen kann, kann die
Karte weglegen und sich labet melden; doch muß
dies geschehen, bevor ein anderer Kontra sagt.
Ein dritter, der mitspielen will und zu gewinnen
hofft, ruft Nekontra! Man gewinnt auch schon,
wenn man die beiden ersten Stiche macht und die
andern drei nicht in einer .Hand vereinigt sind.
Kontrast (frz.), Gegensatz, greller Abstand, in
der Ästhetik das Nebeneinanderstellen zweier ver-
schiedenartiger und in Hinsicht auf die Wirkung ent-
gegengesetzter Dinge. Der ästhetische Charakter des
K. beruht auf dem Umstände, daß jeder Eindruck
durch die Gegenüberstellung des entgegengesetzten
an Deutlichkeit und Schärfe gewinnt. So verlangt
das Licht zur stä'rkern Hebung den Schatten, der
Scherz denErnstu.s.w. Ein K.istschreiend, wenn
der Übergang aus einem Eindruck in den entgegen-
gesetzten plötzlich und unerwartet geschieht.
Kontrastfarben, diejenigen Farbenerscheinun-
gen, die an sonst farblosen Objekten durch die Gegen-
wart farbiger Objekte unter besondern Umständen
aus physiol. Ursachen hervortreten. Betrachtet man
einige Zeit ein rotes Quadrat z. B. auf weißem
Grund und wendet dann den Blick dem weißen Grund
zu, so sieht man auf letzterm ein grünes Quadrat,
also in der Komplementärfarbe (s. d.). Diesen Vor-
gang nennt man successiven Kontrast. (S. Nach-
bild.) Ahnliche, gleichzeitige oder simultane
Kontraste entstehen, wenn zwei verschieden gefärbte
Flächen nebeneinander liegen; es erleiden dann
beide durch ihre gegenseitige physiol. Einwirkung
eine subjektive Veränderung in der Farbe oder Licht-
stärke. Wird auf ein gelbes Papier ein weißes
Papierstückchen gelegt, so erscheint letzteres indigo-
blau, d. i. mit der Ergänzungsfarbe zu der Farbe
des größcrn Papiers. Der reine simultane Kontrast
tritt in auffälliger Weise bei doppelter und ver-
schiedener Beleuchtung der Gegenstände auf. Die
Kontrastwirkung spielt in der Farbenharmonie (s. d.)
eine wichtige Nolle.
Kontrastimulismus (nculat.), s. Gegenreiz.
Kontrafubjekt (neulat.), in der Musik das
zweite von der Hauptstimme der Fuge angeschlagene
Thema, das den ersten Eintritt des Gefährten (s. d.)
begleitet. In derDoppelfuge wird dieses K. bei-
behalten und durchgeführt.
Kontratempostöße,Kontre äTempostoße,
Stöße beim Fechten, die gleichzeitig mit einem Stoß
des Gegners ausgeführt werden. Die feindliche
Klinge muh weggedrückt werden und abgleiten, wäh-
rend man den ausfallenden Gegner auflaufen läßt.
Kontravallationslinien, f. Einschließung.
Kontravenient, s. Kontravention.
Kontravention (neulat.), im allgemeinen Sinne
jedes Zuwiderhandeln gegen ein gesetzliches (polizei-
liches) Gebot oder Verbot, sowie eine Verletzung
vertragsmäßig übernommener Verpflichtungen, für
welchen Kontraventionsfall der Zuwiderhandelnde
(Kontravenient) meist eine Konventionalstrafe
(s.d.) zu zahlen hat. Im engern Sinne und vorzugs-
weise bezeichnet man aber damit die Klasse der ge-
ringsten Straffälle, die Übertretungen (s. d.).
Kontraviolon (spr. -öng), s. Kontrabaß.
Kontrazettel (engl. vouclioi-), in Geschäftshäu-
sern der Zettel, auf dem die der Kasse entnommenen
Gelder stehen, welche nicht sofort in das Cassabuch
(s. d.) eingetragen werden, und der in die Kasse ge-
legt und als Geld verrechnet wird, bis die definitive
Buchung erfolgt.
Kontre ..., s. Konter ....
Kontribuieren (lat.), beisteuern, beitragen;
Kontribuönt, Beisteuernder, Steuerpflichtiger.
Kontribution (lat.), gemeinschaftlicher Veitrag,
seit dcm Ausgange des Mittelaltcrs eine nach
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.