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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Korea
vorrechtigten Adligen und Beamten, Gemeinfreie
und Leibeigene, worunter solche des Staates. Der
Mittelstand soll sich erst in den letzten sünf Jahrhun-
derten aus den Leibeigenen entwickelt haben bei einer
gleichseitigen großen Vermehrung des Adels. Letz-
terer ist nicht zum Kriegsdienste verpflichtet, genießt
eine gewisse Unverletzlichkeit für sich und seine Woh-
nung und Schonung von feiten der Beamten. Er
hat eine besondere Kleidung, die in hohen, geflochte-
nen Hüten und farbigen Kleidern besteht, während
das gewöhnliche Volk ungefärbte oder weihe Kleidung
tragen muß. Wie die einzelnen Sippen des Adels
und seine geschichtlichen Verbindungen zusammen-
balten, so ist es auch mit den übrigen Ständen der
Fall, den Lastträgern, den Zünften der Handwerker
u. s. w. Man will einen Unterschied in der Schädel-
bildung namentlich zwischen den vornehmern und
den niedern Schichten der Bevölkerung mit breitern
Backenknochen gefunden haben. Die Frauen leben im
allgemeinen in strenger Abgeschlossenheit. Die Viel-
weiberei ist, wie in China, dadurch beschränkt, daß ur-
sprünglich nur eine die rechtmäßige Gattin sein kann.
Wie dort, ist die Annahme an Kindes Statt sehr ge-
bräuchlich, was wieder mit der Ahnenverehrung zu-
sammenhängt. Diese ist durch die Lehre des Con-
fucius, wenn nicht eingeführt, doch jedenfalls be-
festigtworden. Neben der letztern hat sich derVuddha-
dienst erhalten, welcher aber seit dem 14. Jahrh, und
dem jetzigen Herrscherhause viel von seiner alten
Bedeutung verloren hat; da die Klöster meist eine
bergige, geschützte Lage haben, werden sie zugleich
hier und da als Festungen benutzt, wie das 1866 mit
Erfolg gegen franz. Landungstruppen verteidigte auf
der Insel Kang-Hwa. Wie in China giebt es auch
Buddha-Nonnenklöster. Röm.-kath. Christen giebt
es 22000, Protestanten etwa 300. Die Schulen sind
ganz nach chines. Art eingerichtet, ebenso die Prü-
sungen. Ihr Lehrgegenstand sind die gewöhnlichen
chines. Lehrbücher. Indessen giebt es noch besondere
Lehranstalten für Dolmetscher, für Sternkunde, Heil-
kunde, Zeichnen, Strafrccht u. s. w.
Die Sprache zeigt keinerlei Zusammenhang mit
irgendwelchen Sprachen Asiens. Die jahrtausende-
lange Abhängigkeit von der chines. Kultur ist auch
auf die Sprache nicht ohne Einfluß geblieben, wie
leicht aus der Unzahl chines. Lehnwörter ersichtlich,
an denen das Koreanische ebenso reich ist wie das
Japanische. Das Koreanische besitzt eine eigene Buch-
stabenschrift, die auf ind. Typus zurückgeht und der
Einführung des Buddhismus zu verdanken ist. Die
Buchstaben werden in quadratischen Gruppen zu Sil-
ben verbunden und diese Silbengruppen nach Art der
chines. Scbrist in senkrechten Zeilen von rechts nach
links geschrieben. Die Anwendung der Schrift be-
schränkt sich auf Erzeugnisse der leichtern Littera-
tur, Erzählungen, Romane u.dgl., während Werke
ernsterer Richtung durchweg in chines. Sprache und
Schrift abgefaßt sind. - Vgl. Fr. Müller, Grundriß
der Sprachwissenschaft, Bd. 2, Abteil. 2 (Wien 1882);
ferner I)ioti0iinaii-6 coi-een - iVan^iä (Iokohama
1880) und (^i-ÄininHir6 cor66lin6, hg. von franz.
Missionaren (ebd. 1881); I. Scott, ^ ^orsan ma-
nuai (Shang-Hai 1887); C. Imbault-Huart, Nkuuei
<16 1a iHUFliE C0I-66NQ6 MI-166 (Par. 1889).
Verfassung und Verwaltung. Seitdem 14.Jahrh.
ist die königl. Würde im Hause Ni (chines. Li) erblich,
und der König bestimmt seinen Nachfolger. Eine be-
sondere Gesandtschaft zeigt die Annahme der königl.
Würde in Peking an. Der jährliche Tribut besteht in
Artikel, die man unter K vermi
Gold, Silber, Seide, Messern, Fellen u. s. w. Die
Vielweiberei am Hofe hat zur Unterhaltung einer
Anzahl Verscknittener geführt, die zu Zeiten großen
Einfluß ausübten. Groß ist namentlich die Macht
des Adels, der teilweife Landbesitz hat, namentlich
aber fast alle höhern Ämter einnimmt. Es giebt
drei höchste Minister (Dschjeng-söng oder sjang).
Unter ihnen stehen die eigentlichen sechs Minister.
An der Spitze der acht Provinzen stehen die Kam-sa
oder Statthalter; jede Provinz ist in Bezirke ge-
teilt, deren es zusammen 332 giebt. Eine Anzahl der
Bezirke und Städte stehen unter höhern Beamten,
und zwar die vier königl. Festungen Kang-Hwa,
Koang-tschju (San-tschjeng), Sju-wen (Hoa-tschjeng)
und Kai-tschjeng (Syeng-to). Hauptstadt des Landes
und Residenz des Königs ist Söul am Flusse Han-
kang. Ein Teil des stehenden Heeres (7000 Mann)
ist oder wird jetzt von fremden Offizieren (Ameri-
kanern) ausgebildet. Die große Heeresmacht des
Landsturms steht unter den einzelnen Statthaltern.
Die Einnahmen der Regierung bestehen in Reis,
Baumwollstoffen, Geldabgaben, Zöllen und Er-
trägnissen der Goldwäscherei.
Handel und Verkehr. Der Post- und Reiseverkehr
ist aufs genaueste organisiert. Drei Hasen sind dem
Fremdenverkehr geöffnet. (S. Gefcbichte.) Der Wa-
renverkehr mit Gold, aber ohne Wiederausfuhr, be-
trug 1892 in 1000 merik. Dollars:
Chemulpo
Fusan
Wöu-san
Zusammen
Einfuhr . Ausfuhr.
3029 1202
1019 1390
550 704
! 4598 3296
In der Ausfuhr sind Reis (1 Mill. Doll.) und Gold
(8,5), auch Bohnen (7,9) am wichtigsten, dann folgen
Häute, Fische, Pfeffer, Getreide und Seegras; in der
Einfuhr stehen Baumwollwaren (2,i Mill. Doll.)
an der Spitze, daneben Seidenwaren (0,:;), Kupfer
(0,3), Zink, Petroleum, Salz, Metallwaren, Farben,
Lebensmittcl und Holz. Sehr bedeutend ist der
Schmuggel. Im ganzen liefen 1386 Schiffe, dar-
unter 538 Dampfer, ein. Lebhaft ist der Handel mit
Japan entwickelt. Telegraphenkabel bestehen von
Söul nach Tien-tsin, Fusan, Wön-san, Chemulpo
und nach allen Provinzialhauptstädten von Fusan
nach Nagasaki und von Wön-san nach Ham-Ho'ng.
Geschichte. Die ersten Mitteilungen eines Euro-
päers über K. sind die des Holländers Heinrich Hamel,
1688; er hatte 1654 an der Insel Quelpart Echiff-
bruch erlitten und 13 Jahre auf K. in Gefangenschaft
zugebracht. Weitere Nachrichten gewährten die Be-
richte der hauptsächlich zum Zwecke der Küsten-
aufnahme von den Franzosen, Engländern und
Amerikanern ausgesandten Erpeditionen. Als 1866
eine russ. Fregatte an der Küste von K. erschien, er-
wachte der Haß und das Mißtrauen gegen die
Europäer in dem Maße, daß im März desselben
Jahres in der Hauptstadt, wo seit 1837 röm.-kath.
Missionare nicht ohne Erfolg das Christentum lehr-
ten, neun von ihnen, hauptsächlich Franzosen, hin-
gerichtet wurden. Um hierfür Rache zu nehmen,
fuhr der franz. Konteradmiral Roze Ende Okt. 1866
mit der Korvette Primauguet und zwei kleinen
Dampfern den Fluß Han-kang hinauf, befchoh die
Stadt Kang-Hoa und verbrannte die dortigen Re-
gierungsmagazine. 1871 und 1872 schickte Nord-
amerika Erpeditionen nach K., angeblich um die Be-
völkerung zur Rechenschaft zu ziehen wegen Ermor-
dung der Bemannung des 1866 gestrandeten nord-
ßt, sind unter E aufzusuchen.