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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kunstgestänge - Kunstgewerbemuseen
wandelnd, vollendeten der Deutsche Jakob Burck-
hardt, die Italiener Lanzi, Cavalcaselle und Mo-
relli (unter dem Pseudonym Lermolieff), der Eng-
länder Crowe das Bild der ital. Kunst, denen sich
eine große Zahl von Specialforschern anschlössen.
Gleichzeitig begannen die Niederländer, wie
Schayes, Immerzeel u. a., ihre Kunst kritisch zu be-
handeln, während Passavant und Waagen durch
Besichtigung der bedeutendsten europ. Sammlungen
neuen Stoff beitrugen.
Gleichzeitig mit den Einzelforschungen suchte zu-
erst Franz Kugler die gesamte K. in übersichtlicher
Weise systematisch zusammenzufassen im "Handbuch
der K." (Stuttg. 1841-42; 5. Aufi. 1872). Gleich-
zeitig geschah dies in einem umfassenden Werke
durch Schnaase in dessen mit dem Ende des Mittel-
alters schließender "Geschichte der bildenden Künste"
(7 Bde., Düsseld. 1843 - 64; 2. Aufl., 8 Bde.,
Düsseld. und Stuttg. 1866-79). Den gleichmäßig
alle Gebiete der Kunst umfassenden überblick dieser
grundlegenden Werke bewahrte sich W. Lübke in
ieinem "Grundriß der K." (Stuttg. 1860; 11. Aufl.
1892), welches Buch zur Popularisierung der K. am
meisten beitrug, und A. Springer, der das Verdienst
hat, die histor. Richtung Schnaases geistvoll fort-
gesetzt und eine Schule specialistisch arbeitender
Kunsthistoriker geschaffen zu haben.
In neuerer Zeit hat die deutsche K. sich mehr und
mehr in Fächer geteilt. Die Architekturgeschichte
führten Burckhardt, Lübke, Otte, Reber, Adler,
F. X. Kraus, Gurlitt, Geymüller, Rahn, Dehio,
Dohme u. a., die Geschichte der Malerei und Plastik
Iusti, Grimm, Woltmann, Lützow, Ianitschek,
Thaufing, Woermann,Ilg,Bode, Mündler, Rooses,
Bredius und zahlreiche andere, die Geschichte der
neuern Kunst Graf Raczynski, Iul. Meyer, Graf
Schack, Pfau, Eggers, Pecht, Muther, die des Kunst-
gewerbes Eitelberger, Jak. von Falke, Bucher,
Brinckmann, Hefner von Alteneck, Essenwein, M.
Rosenberg weiter, wobei sich viele der Genannten
in mehrern Gebieten versuchten.
Die französische K. hat erst in späterer Zeit jene
Wissenschaftlichkeit erlangt, welche verdeutschen eigen
ist. Dagegen zeichnet sie sich durch eine Fülle vortreff-
licher Abbildungswerke aus, während die Engländer
durch feine, auf Reisen gestützte Kennerschaft, die
Niederländer, Italiener und Spanier durch archiva-
lische Forschungen in ihrer lokalen K. sich auszeichnen.
über die Litteratur vgl. die Kunst der einzelnen
Länder und die einzelnen Gebiete der Kunst (Bau-
kunst, Holzschneidekunst, Kupferstechkunst u. s. w.).
Kunstgestänge, s. Bergbau (Bd. 2, S. 763a).
Kunstgewerbe, die Verbindung der Kunst mit
dem Gewerbe. Die Kunst ist sich selber Zweck und
schafft Gegenstände, die ihren Zweck wie ihre Bestim-
mung in der eigenen Schönheit tragen; was aber
das Gewerbe hervorbringt, dient einem Gebrauche,
einer auhenliegenden Bestimmung. Nun giebt es
Gegenstände, die als Geräte oder Gefäße dem Ge-
brauche dienen, und zugleich durch schöne Form,
durch Verzierung dem ästhetischen Gefühl und Be-
dürfnis genügenfollen. Sie sind also kunstgewerbliche
Gegenstände und ihre Herstellung ist, je nach dem
sie im einzelnen oder fabrikmäßig geschieht, Kunst-
handwerk oder Kunstindustrie. Nachdem diese
Gegenstände lange Zeit sich vorzugsweise nach der
gewerblichen Seite, d. h. in Bezug auf ihre Zweck-
mäßigkeit, vervollkommnet hatten, nach ihrer ästhe-
tischen aber vernachlässigt worden waren, erkannte
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
man um 1850 zuerst in England, daß für Hebung
der künstlerifchen ^eite des gewerblichen Schaf-
fens etwas geschehen müsse. So entstanden die
Kunstgewerbevereine, Kunstgewerbemuseen (s. d.)
und Kunstgewerbeschulen (s. d.), mit deren Hilfe
auch in Deutschland das K. bald einen großen Auf-
schwung nahm. Auf der Wiener Weltausstellung
von 1873 zeigten sich zuerst die Erfolge des öster-
reichischen K., wo Künstler wie Teirich, Storck, Lauf-
berger, Fischbach und Gewerbtreibende wie Giani,
Haas, Lobmeyr u. a. die Führung übernahmen
und dem K. die Richtung nach einer strengern ital.
Renaissance gaben, dem es im wesentlichen bisher
treu blieb. In Deutschland führte der Auffchwung
nach 1870/71 zu einer begeisterten Hingabe an den
Stil der deutschen Renaissance; München trat an die
Spitze der Bewegung (Gedon, Seitz u. a.) und gab
dein deutschen K. die eigentümliche Färbung der
Schule Pilotys. Nürnberg (durch Gnauth), Karls-
ruhe (durch Hammer und Götz), Stuttgart, Dresden
(durch Graff), Frankfurt (durch LuthmeL), MlM
Berlin schlössen sich dieser Richtung an, die um 1885
durch die Vorliebe für das Barock und Rokoko, 1886
durch den Einfluß Japans ins Schwanken gebracht
wurde. Jetzt scheinen naturalistische Motive wieder
in den Vordergrund treten zu wollen.
Gleichzeitig mit der praktischen Bethätigung ging
eine wissenschaftliche Erforfchung des K. Die ästhe-
tische Seite wies G. Semper in seine Bahnen, in
denen sie durch Falke, Bucher u. a. fortgeführt wurde.
Die gefchichtliche Betrachtung des ältern A. hat seit-
her große Fortschritte gemacht. - Vgl. Bücher, Ge-
schichte der technischen Künste, Bd. 1 - 3 (Stuttg.
1876 fg.); Semper, Der Stil in den tektonischen und
technischen Künsten (2. Aufl., Münch. 1879); I. von
Falke, Ästhetik des K. (Stuttg. 1883); Götz, Zeich-
nungen und kunstgewerbliche Entwürfe (ebd. 1886-
87); Bucher, Die Kunst im Handwerk (3. Aufl., Wien
1888); I-von Falke, Geschichte des deutschen K. (als
Bd.5 der "Geschichte der deutschenKunst", Berl.1889);
Heiden, Motive. Sammlung von Einzelformen aller
Techniken des K. (Lpz. 1890-91); Schirmer, Pla-
stische Ornamente für Bau- und Kunstgewerbc
(Berl. 1890-91); Feldegg, Grundriß der kunst-
gewerblichen Formenlehre (2. Aufl., Wien 1891).
Kunstgewerbemuseen, Sammlungen oder Ge-
bäude, in welchen Erzeugnisse des Kunstgewerbes
(s. d.) aufbewahrt und zur öffentlichen Schau ge-
bracht werden. Sie sind im wesentlichen eine erst
seit den fünfziger Jahren bestehende Einrichtung.
Doch bestanden feit dem 16. Jahrh, an den Höfen sog.
Kunstkammern, in welchen neben Werken der
Malerei und Bildnerei solche der gewerblichen Künste
aufbewahrt wurden. Namentlich zeigte das 16. Jahrh,
einen regen Sammeleifer nach diefer Richtung. Be-
rühmte Kunstkammern waren das Grüne Gewölbe
zu Dresden, dessen Hauptschätze dem 18. Jahrh, an-
gehören, die Reiche Kapelle in München, die Schatz-
kammer des Kaiserhauses in Wien. Die modernen
K. gingen aber nicht aus Sammellust hervor, son-
dern wurden mit der bestimmten Absicht gegründet,
der Kunstindustrie gute Vorbilder zu schaffen. So
wurde im Wettstreit mit der franz. Kunstindustrie
das South-Kensington-Museum in London und
zahlreiche mit demselben in Verbindung stehende
Zeichenschulen gegründet. Kleinere Museen schlössen
sich daran, und so begann in England ein neues
Leben auf dem kunstgewerblichen Gebiete. Auf der
Pariser Weltausstellung von 1867 trat die engl