Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Lähmungshyperämie; Lahn; Lähn; Lahnbahn

896

Lähmungshyperämie - Lahnbahn

zelne Muskeln versorgende Fasern er an dieser Stelle enthält. Eine Blutung im Gehirn lähmt eine ganze Körperseite; eine in der Breite ausgedehnte Verletzung des Rückenmarks lähmt alle abwärts von dieser Stelle gelegenen Teile, während eine Zerschneidung eines Nerven etwa an der Handwurzel nur die L. einiger Finger zur Folge hat. Sind Empfindungsnerven in ihrer Thätigkeit beeinträchtigt, welche bei Gesunden die Reflexbewegungen vermitteln, so spricht man von einer Reflexlähmung. Häufig werden infolge der gleichzeitig vorhandenen Anästhesie in den gelähmten Gliedern mancherlei abnorme Gefühlseindrücke (Ameisenkriechen, Taub- und Pelzigsein, Gefühl des Einschlafens u. a.) empfunden.

Die Ursachen sind sehr mannigfaltig. Die centralen L. entstehen bei Zerstörung des Gehirns und Rückenmarks infolge von Zertrennung derselben (Bluterguß, Erschütterungen, Entzündungen ihrer selbst oder ihrer Häute, Druck auf dieselben durch Geschwülste u. s. w.), während die peripherischen L. die oben aufgeführten Ursachen haben. Allgemeine L. besonderer Art treten noch auf bei gewissen Vergiftungen, so bei Bleivergiftung, bei Vergiftungen mit gewissen Alkaloiden (Curare, Nikotin, Blausäure, Ergotin u. s. w.), bei Malariakrankheit, bei Syphilis, nach Rheumatismen u. s. w. Bei Geisteskranken wird öfters eine eigentümliche, allmählich sich über den ganzen Körper ausbreitende und mit Blödsinn verbundene L. beobachtet, welche fast immer zum Tode führt; das ist die sog. Dementia paralytica. (s. Progressive Paralyse der Irren). Eine nicht minder bedenkliche L. ist die sog. Bulbärparalyse (s. d.).

Eine eigenartige Form der L. ist ferner die sog. Kinderlähmung oder essentielle L. (Poliomyelitis anterior acuta), bei welcher in den ersten Lebensjahren ganz plötzlich unter hohem Fieber, Delirien, Krämpfen und andern Hirnerscheinungen vollständige L. der beiden untern Extremitäten eintreten, welche weiterhin zu fettiger Entartung und Schwund der Muskulatur und zu mannigfachen dauernden Verkrümmungen der Fußgelenke führen. Das Wesen dieser merkwürdigen Krankheit, deren eigentliche Ursachen noch ganz unbekannt sind, besteht in einer herdweise auftretenden Entzündung der vordern grauen Hörner des Rückenmarks, aus denen die Bewegungsnerven entspringen. Eine ähnliche Krankheit kommt übrigens auch mitunter bei Erwachsenen als sog. akute atrophische Spinallähmung vor. Verschieden hiervon ist die sog. akute aufsteigende Spinallähmung oder Landrysche Paralyse, bei welcher sich in rapider Weise unter Fieber und reißenden Schmerzen eine an den untern Extremitäten beginnende, rasch bis zu den obern Extremitäten aufsteigende motorische Paralyse entwickelt, während die Sensibilität sowie Funktionen der Blase und des Mastdarms normal bleiben. Die Krankheit befällt vorwiegend junge kräftige Männer von 20-35 Jahren und verläuft in vielen Fällen tödlich. Ausgebreitete L. der untern, später auch der obern Extremitäten sowie der Blase und des Mastdarms finden sich weiterhin bei der Rückenmarksschwindsucht (s. d.), wo sie ihren Grund in der atrophischen Entartung der hintern Rückenmarksstränge und der hintern Nervenwurzeln haben. In naher Beziehung Zu dieser Rückenmarkskrankheit steht die zuerst 1875 von Erb, später von Charcot beschriebene spastische Spinalparalyse oder primäre Seitenstrangsklerose (Tabes dorsal spasmodique), eine eigentümliche Lähmungsform, welche vorwiegend die Beine befällt und sich dadurch auszeichnet, daß in den gelähmten Muskeln infolge einer Steigerung der Sehnenreflexe bei jedem Versuche einer aktiven oder passiven Bewegung reflektorische Muskelspannungen eintreten, welche der beabsichtigten Bewegung einen oft kaum zu überwindenden Widerstand entgegensetzen. Die gelähmten Beine sind oft steif wie zwei unnachgiebige Stöcke, wodurch die Kranken einen höchst eigentümlichen (spastisch-paretischen) Gang darbieten.

Die Behandlung der L. erfordert zunächst vor allem eine genaue und sorgfältige Erforschung der Grundursache; von den einzelnen Heilmitteln haben sich die Anwendung des elektrischen, insbesondere galvanischen Stroms auf die gelähmten Teile, die methodische Vornahme gymnastischer Manipulationen (Frottieren, Massieren, Heilgymnastik), der Gebrauch gewisser Bäder, zumal der indifferenten Thermen (Wildbad, Gastein, Teplitz, Wiesbaden, Warmbrunn u. a.) sowie die innerliche oder subkutane Anwendung des Strychnins und Brucins am meisten bewährt. In geeigneten Fällen von L., z. B. bei Durchtrennungen der Nerven, bei Drucklähmungen u. s. w., ist die operative Behandlung indiziert. Durch Nahtvereinigung der durchtrennten Nerven (Nervennaht, s. d.) hat man sehr befriedigende, zum Teil überraschende Heilungen der L. erzielt. Alle gelähmten Teile müssen übrigens vor äußern Schädlichkeiten sorgsam geschützt und durch zweckmäßige Lagerung, spirituöse Einreibungen und geeignete Schutzverbände vor dem brandigen Aufliegen (s. d.) behütet werden. - Vgl. Erb, Handbuch der Krankheiten der peripheren cerebrospinalen Nerven (2. Aufl., Lpz. 1876); Eulenburg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten (2. Aufl., Berl. 1878).

Lähmungshyperämie, s. Hyperämie.

Lahn, eine Art Gold- und Silberdraht, s. Draht (Bd. 5, S. 480 a).

Lahn, rechter Nebenfluß des Rheins, entspringt auf dem Jagdberg (674 m) des Rothaargebirges im preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, 15 km östlich von Siegen. Sie berührt in einem meist engen und felsigen, durch seine Naturschönheiten, Schlösser, Burgen und Ruinen berühmten Thale die Städte Marburg, Gießen, Wetzlar, Weilburg, Limburg, Nassau und Bad Ems, trennt in ihrem westl. Laufe den Taunus vom Westerwalde und mündet bei Niederlahnstein nach einem Laufe von 218 km. Die direkte Entfernung der Quelle von der Mündung beträgt nur 82 km. Der Fluß ist aufwärts bis Weilburg für kleine Fahrzeuge, mittels 14 Schleusen bis Gießen 109,8 km weit schiffbar. Von ihren 15 Nebenflüssen sind zu nennen rechts die Dill, links die Ohm, Weil, Ems und Aar. - Vgl. Buchner, Führer durch das Lahnthal (Gießen 1891).

Lähn, Stadt im Kreis Löwenberg des preuß. Reg.-Bez. Liegnitz, links am Bober, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Hirschberg), hat (1890) 1094 E., darunter 258 Katholiken; Post, Telegraph, kath. Pfarrkirche (13. Jahrh.), Pädagogium, Spar- und Darlehnskasse, Wasserheilanstalt nach Kneippschem System; Maschinenschlosserei, Gerbereien, Mahl-, Schneide- und Lohmühle mit Holzschleiferei, Ziegelei, bedeutende Steinbrüche und einen Taubenmarkt (Mittwoch vor Fastnacht). Etwa 2 km entfernt die Ruine Lehnhaus.

Lahnbahn, s. Hessische Eisenbahnen 2 und Nassauische Eisenbahn.