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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Laudesverteidigungs-Kommission - Landfriede
Landesverteidigungs-Kommission, einc seit
1875 in Deutschland bestehende militär^ Behörde,
die zeitweise zusammentritt, um über Fragen der
sog. großen Landesverteidigung, d. h. den Bau und
die Schleifungen von Festungen, Küstenbesestigung
sowie über Angelegenheiten, die sich auf Neu- und
Umgestaltungen im Heerwesen beziehen, zu beraten.
Grundsätzliche Mitglieder der Kommission sind: der
Chef des Generalstabes der Armee, die General-
inspecteure der Fußartillerie und des Ingenieur-
korps, der kommandierende Admiral und der Direk-
tor des Allgemeinen Kriegsdepartements (dieser als
Vertreter des Kriegsministeriums), außerdem einige
besonders berufene Generale. Vorsitzende dieser
Kommission waren Kronprinz Friedrich Wilhelm und
dann Graf Moltke; seit dem Tode des letztern Prinz
Albrecht von Preußen, Regent von Braunschweig.
Landesverteidigungs-Oberbehörde, die in
Tirol und Vorarlberg zur Leitung der polit.-militar.
Angelegenheiten der Landesverteidigung bestehende
Behörde. Ihr ist übertragen die Vorberatung der
militär. Gesetzesvorlagen, der Durchführungsfragen
in betreff militär. Gesetze sowie die Vorbereitung der
Maßnahmen zur raschen Aufbietung und Erhaltung
der Streitkräfte und zur wirksamen Unterstützung der
Landesverteidigung. Die L. steht unter dem Mi-
nisterium für Landesverteidigung. Mitglieder sind
der Statthalter, der Landeshauptmann, drei Land-
tagsabgeordnete, drei Referenten, der Landesver-
teidigungs-Kommandant und zwei Offiziere der
Landesschützen. Für Vorarlberg besteht unter der L.
noch ein besonderes Komitee (ein polit. Beamter, ein
Offizier der Landesschützen, ein Abgeordneter des
Landesausschusses).
Landesverweisung, s. Ausweisung.
Landeswappen, s. Wappen.
Landeszeit, einheitliche, s. Eisenbahnzelt
Landfcsten, s. Land. Md. 5, S. 918 d).
Landfolge, die Verpflichtung der Landesein-
wohner, auf Erfordern der Landesherrschaft ge-
meine Dienste, d. h. Dienste, welche keine besondere
Vorbildung erfordern, zu Kriegszwecken, zum Zweck
der Landespolizei und bei allgemeiner Landesnot,
insbesondere bei Überschwemmungen, Deichbrüchen
u. dgl., zu leisten. Gegenwärtig ist die L. zu Kriegs-
zwecken durch die Militärgesetze, insbesondere das
Landsturmgesetz und die Gesetze über die Natural-
lieferungen und Kriegsleistungen geregelt. Die L.
zu Polizei- und Gerichtszwecken (sog. Gerichts-
folge, Nacheile) ist von keiner praktischen Be-
deutung meh'e und nur in dem Rechte der Behörden
zum Aufgebot der Bevölkerung zur Hilfsleistung
in Notfällen (Wassersnot, Feuersnot, Unterstützung
der Post bei Naturereignissen, Hilfeleistung dei See-
not von Schiffen) hat sich ein Nest der L. erhalten.
Landfriede, ein Rechtsinstitut des Mittelalters
zur Aufrechthaltung des öffentlichen Friedens, als
die königl. Gewalt dazu nicht mehr ausreichte. (S.
Gottesfriede.) Man unterscheidet:
1) Die gesetzlichen oder gemeinen L., in
welchen das Fehderecht anerkannt und näher be-
stimmt wurde. Der älteste teilweise erhaltene Reichs-
landfricdc ist der Mainzer Kaiser Heinrichs IV. von
1103, auf vier Jahre beschworen. Dann treten be-
deutsam erst wieder die unter Kaiser Friedrich I.
hervor, unter denen der wichtigste 1187 zu Nürnberg
das Verbot der Fehde dahin beschränkte, daß der,
den man aus gerechter Ursache befehden wolle, bei
Strafe der Ehrlosigkeit wenigstens drei Tage vorher
davon benachrichtigt werden solle. Dieses sog. Ab-
sagen, das mittels eines Fehdcbriefs geschah,,
fand noch am leichtesten Eingang, da man es für
ritterlich und edel hielt, nur den im Kampfe Vor-
bereiteten anzugreifen. Die Sicherheit aber, die
hierdurch jedem, dem nicht abgesagt war, gewährt
wurde, nannte man den L. Eine mittelbar drückende
Folge des Faustrechts waren für die Reifenden die
Erpressungen uuter dem Namen des Geleits (s. d.).
Zwar verbot König Philipp von Schwaben 1201 in
dem Geseye gegen Friedensbrüche alle Erpressungen
von den Reijenden auf das strengste, und ähnliche
Gesetze erließen Otto IV. 1208 zu Frankfurt, Hein-
rich (VII.) 1234 zu Frankfurt und vor allem Fried-
rich II. 1235 zu Mainz; doch die Unruhen im Reiche
verhinderten die Kaifer, diefen Gesetzen Nachdruck
zu geben. Daher mußten die Unterthanen und vov
allem die Städte selbst dem Übel zu steuern suchen.
Zu diesem Zwecke entstanden der Bund der Hansa und
der Rheinische Städtebund. In Osterreich, Bayern^
Meißen und Thüringen, wo die Fürsten die Zügel
der Regierung kräftiger erfaßt hatten, gelang es, den
Gewaltthätigkeiten fo ziemlich ein Ende zu machen;
anderwärts, besonders am Rhein, stiegen aber die
Unordnungen und Unsicherheiten aufs äußerste, so-
daß viele Hunderte von Rittern lediglich vom Raube
lebten. Die Abhilse der Übel suchte man weniger in
den allgemeinen Landfriedensgeboten, obwohl diese
nach dem Muster des Gesetzes von 1235 häufig
genug erneuert wurden, als vielmehr in
2) besondern örtlichen oder auf Zeit ge-
schlossenen L. So hatte schon Friedrich I. 1179
einen L. allein für den Mittclrhein erlassen. Rudolf
von Habsburg verbot auf dem Reichstage zu Würz-
burg 1287 alle Fehden auf drei Jahre; allein dieser
1291 zu Speyer auf sechs Jahre verlängerte L. war
mit seinem Tode auch sogleich vergessen, sodah sein
Nachfolger Adolf von Nassau Mühe hatte, ihn 1293
zu Köln wieder für drei Jahre bewilligt zu erhalten.
Solche unter die Autorität des Reichs gestellten L.
machten jedoch Verabredungen unter den näher Be-
teiligten keineswegs überflüssig, wodurch die Vei-
tretendcn sich auf bestimmte Zeit verpflichteten, allen
Fehden zu entsagen. Einen derartig verabredeten
L. der schwäb. Grafen und Städte bestätigte 1307
Albrecht I. zu Speyer auf zwei Jahre, und zwar so,,
daß die nicht Veitretenden vom allgemeinen L. aus-
geschlossen sein sollten. Einen ähnlichen Bund er-
richteten 1319 die rhein. Städte, den sie 1332 er-
neuerten. Ihrem Beispiele folgten viele andere
Städte und Fürsten im Elsaß, in Bayern, Franken,
Schwaben, in der Wetterau, Lothringen, Sachsen
und Westfalen, überall setzte man Todesstrafe auf
den Landfriedensbruch.
Indes arteten auch diefe Verbindungen, besonders
gegen Ende des 14. Jahrh., auf das verderblichste-
aus. Zur Erhaltung des Friedens ausgerichtet^
dienten sie bald nur, die Fehden allgemeiner und
ernsthafter zu machen, indem sie vom Schutz zum
Trutz übergingen und die Verbündeten auch im An-
griff einander beistandcn. So fchlossen die schwäb.
Städte 1376 den sog. Großen Bund gegen den
Bischof Gerhard von Worms, die Grafen Eberhard
und Ulrich von Württemberg und den von Hohen-
lohe und führten offenen Krieg gegen sie. Durch
Vermittelung König Wenzels wurde 1389 der L. zu
Eger auf fechs Jahre errichtet, der aber erst durch
den Vertrag zu Heidelberg seine Wirkung erhielt.
Für jeden der vier Bezirke Schwaben, Bayern,.