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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Landfriedensbruch - Landgerichtspräsident
Franken und Elsaß oder Rheinland wurden schieds-
richterliche Ausschüsse bestellt, bestehend aus vier
fürstl. und vier städtischen Abgeordneten, unter einem
Obmann, den der Kaiser ernannte. Doch nach Ab-
lauf des EgerschenL. kehrte die alte Zwietracht wieder.
Kaiser ^igismund errichtete 1431 einen allge-
meinen L. auf die Dauer des Hussitenkrieges, und
Albrecht II. setzte sogar 1438 einen dem Namen
nach ewigen L. durch, der aber bald vergessen wurde.
Friedrich III. mußte sich begnügen, den L. wie seine
Vorgänger auf etliche Jahre zu befestigen. Der von
diesem Kaiser zu Frankfurt 1486-87 geschlossene
letzte L. wurde insofern von Wichtigkeit, als er die
Wiederherstellung des Schwäbischen Bundes zu Eß-
lingen 1488 zur ^olge hatte. Zuletzt erkannte man
immer allgemeiner, daß die Einigungen, worin nur
auf Zeit dem Fehderecht entsagt wurde, nicht hin-
reichten und daß diesem Rechte selbst ein Ende ge-
macht werden müsse. Diesem Zweck diente
3) der Ewige Landfriede (s. d.), mit dem
1495 zugleich ein stehendes Gericht, dessen Bei-
sitzer der Kaiser und die Reichsstände wählten,
das Reichskammergericht (s. d.), eingesetzt wurde,
vor das alle Streitigkeiten mit Reichsunmittelbaren
gebracht werden sollten. Kürzere Dauer als dieses
hatte das ebenfalls damals u. a. auch zur Erhaltung
des L. errichtete Reichsregiment (s. d.).
Vgl. Nomimenta (^i-maniHk liiätoi'ica. I^eZuin
tom. II (Hannov. 1837); ^ovae c0N8tituti0N68 äo
mini ^Iderti, d. i. der L. von 1235 (hg. von Vohlau,
Weim. 1858); Geschichte des Deutschen Neckts, Bd. 1,
hg. von Stobbe (Braunschw. 1860-64); Michelsen,
Urkundlicher Beitrag zur Geschichte der L. (Nürnb.
1863); Vusson, Zur Geschichte des großen Land-
friedenbundes deutscher Städte (Innsbr. 1874);
Eggert, Studien zur Geschichte der L. (Gott. 1875);
Goecke, Anfänge des L. (Düsseld. 1875); Nitzsch,
Heinrich IV. und der Gottes- und Landfriede (in den
"Forschungen zur deutschen Geschichte XXI", Gott.
1881); Herzberg, Die ältesten L. und Gottesfrieden
(daselbst XXIII, ebd. 1883); E. Fischer, Die Land-
friedenverfassung unter Karl IV. (ebd. 1883); M.
Weigel, Die Landfriedenverhandlungen unter König
Sigmund (Halle 1884); Wyneken, Der L. in Deutsch-
land von Rudolf von Habsburg bis Heinrich VII.
<Naumburg 1887); F. Küch, Die Landfriedenbe-
strebungen Friedrichs I. (Marburg 1887); Huberti,
Gottesfrieden und L. (Bück 1, Ansbach 1892).
Landfriedensbruch, im Unterschied von dem
schweren Hausfriedensbruch (s. d.) die Teilnahme
an einer öffentlichen Zusammenrottung, wenn von
der zusammengerotteten Menschenmenge mit ver-
einten Kräften Gewaltthätigkeiten an Personen oder
Sachen begangen werden (§. 125 des Deutschen
Strafgesetzbuches). Strafe: a. für den einfachen Teil-
nehmer (denjenigen, welcher sich der Zusammen-
rottung thatsächlich, wenn auch nur aus Neugierde,
mit dem Bewußtsein angeschlossen hat, es werde
durch sein Verbleiben die Gefahr der Zusammen-
rottung und die Möglichkeit, daß es zu Gewalt-
thätigkeiten komme, vergrößert) Gefängnis von
I Monaten bis zu 5 Jahren, d. Für die Rädels-
führer und diejenigen, welche Gewaltthätigkeiten
gegen Personen begangen oder Sachen geplündert,
vernichtet oder zerstört haben, Zuchthaus bis zu
10 Jahren mit fakultativer Polizeiaufsicht, bei mil-
dernden Umständen Gefängnis nicht unter 6 Mo-
naten. - Nach Osterr. Strafgesetz wird der L. als
ein Fall der öffentlichen Gewaltthätigkeit in Ver-
bindung mit dem schweren Hausfriedensbruch be-
handelt (§. 83) und für den Urheber mit schwerem
Kerker von 1 bis 5 Jahren, für die Mithelfer mit
Kerker von 6 Monaten bis zu 1 Jahr bestraft.
Landfriesifch, Vauernfriesisch, s. Friesische
Sprache und Litteratur (Bd. 7, S. 361 d).
Landfrofch, s. Taufrosch.
Landfrost, s. Frostschaden.
Landfuß, Maß, s. Fuß.
Landgemeindeordnung, s. Gemeindeordnung
und Gemeinderecht.
Landgericht, im deutschen Mittelalter Bezeich-
nung für Grafengericht oder echtes Ding (f. Ding
^Volksversammlung), im Gegensatz z. B. zu dem
Lehngericht, Hofgericht. Es gab auch kaiserliche L.,
z. B. in Rottweil. - Nach der heutigen deutschen
Gerichtsverfassung sind L. die erstinstanzlich er-
kennenden Kollegialgerichte. (S. Gericht.) Bei den-
selben werden Civil- und Strafkammern gebildet
und Untersuchungsrichter (s. d.) bestellt. (S. Civil-
kammer und Strafkammer.) Die L. sind mit einem
Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von
Direktoren und Mitgliedern zu besetzen. (S. Land-
gerichtspräsident und Landgerichtsdirektor.) Den
Vorsitz in den Kammern führen der Präsident und
die Direktoren. Die Kammern entscheiden in der
Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des
Vorsitzenden. Die Strafkammern sind in der Haupt-
verhandlung mit fünf Mitgliedern, in der Be-
rufungsinstanz bei Übertretungen und in den Fällen
der Privatklage aber mit drei Mitgliedern einschließ-
lich des Vorsitzenden zu besetzen. Die im Jan.
1894 dem Bundesrat vorgelegte Novelle zur Straf-
prozeßordnung hat für die Strafkammern durck-
gehends Besetzung mit drei Mitgliedern in Aus-
sicht genommen. Innerhalb der Kammer verteilt
der Vorsitzende die Geschäfte auf die Mitglieder.
Jeder Richter kann zum Mitglied mehrerer Kam-
mern bestimmt werden. Durch Anordnung der
Landesjustizverwaltung können wegen großer Ent-
fernung des Landgerichtssitzes bei einem Amts-
gericht Strafkammern für den Bezirk eines oder
mehrerer Amtsgerichte gebildet werden (Gerichts-
verfassungsgesetz vom 27. Jan. 1877, Tit. 5 - 7).
Die Zahl der L. im ganzen Deutschen Reich be-
trägt 172. Bei 138 L. treten Schwurgerichte zu-
sammen; Kammern für Handelssachen bestehen 67
mit 390 Handelsrichtern; Strafkammern bei Amts-
gerichten 40.
Landgerichtsdirektor, nach dem Deutschen
Gerichtsverfassungsgesetz der Amtstitel der Vor-
sitzenden der Civil- und Strafkammern der Land-
gerichte (s. d.). Die L. sind Mitglieder des Präsi-
diums (s. Landgerichtspräsident), der dem Dienst-
alter und bei gleichem Dienstalter der Geburt nach
älteste der gesetzliche Vertreter des Landgerichts-
präsidenten. In Preußen und den meisten andern
deutschen Staaten haben die L. gleichen Rang und
gleiches Gehalt wie die Oberlandesgerichtsräte (s. d.),
in einigen, z. B. Sachsen und Mecklenburg, gerin-
geres, in andern, z. V. Baden und Oldenburg, hö-
heres Gehalt als diese. Den niedrigsten Anfangs-
gehalt haben die L. in Reuß mit 3500 M., in Sachsen-
Altenburg mit 3600 M.; in Lippe haben sie einen
mit den übrigen Richtern gemeinsamen Etat mit
Funktionszulagen; der höä)ste Gehalt wird mit
10000 M. in Hamburg gezahlt.
Landgerichtspräsident, nach dem Deutschen
Gerichtsverfassungsgesetz der Amtstitel des an der