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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Landwirtschaftslehre - Lanfranc

men. Überdies soll ihnen bei der Verwaltung der Produktenbörsen und bei den Börsen- und Marktnotierungen eine Mitwirkung übertragen werden können. Der im Entwurf vorgeschlagene Wahlmodus ist der indirekte, obschon das Landesökonomiekollegium seinerzeit sich für die direkte Wahl ausgesprochen hatte. Die allgemeine Bedingung des aktiven Wahlrechts ist die Vollendung des 25., des passiven die Vollendung des 30. Lebensjahres. Im übrigen sind wahlberechtigt außer den Eigentümern selbständiger Gutsbezirke nur die Besitzer oder Pächter spannfähiger Ackernahrungen. Rein forstwirtschaftlich benutzte Grundstücke berechtigen zur Wahl nur bei einem Grundsteuerreinertrag von mindestens 150 M. Indessen ist es den einzelnen L. unverwehrt, das Wahlrecht auch auf die kleinern Besitzer und Pächter auszudehnen. Wählbar sollen außer den vorgenannten die Pächter selbständiger Gutsbezirke, ferner Personen, die früher wahlberechtigt waren, sowie andere Sachverständige sein. Jeder Landbezirk hätte mindestens zwei Mitglieder in die Kammer zu entsenden. Ein Mitglied mindestens muß dem nach den Bestimmungen der Kreisordnung gebildeten Wahlverbande der größern Grundbesitzer, ein anderes dem Kreise der übrigen wählbaren Personen angehören. Die Wahl erfolgt auf sechs Jahre. Jedes Jahr wird ein Sechstel der Mitglieder neu gewählt. Dem König ist das Recht vorbehalten, auf Antrag des Staatsministeriums jede Landwirtschaftskammer durch Verordnung aufzulösen; doch wären in solchem Falle binnen drei Monaten Neuwahlen auszuschreiben. Die von den L. auszuschreibenden Umlagen sollen nach den Grundsteuerreinerträgen bemessen werden und bedürften, sobald sie 1 Proz., bei Unterverbänden ½ Proz. des Grundsteuerreinertrags übersteigen, der ministeriellen Genehmigung. Die vom Abgeordnetenhause eingesetzte Kommission hat den Gesetzentwurf wesentlich verändert. Die Kammern sollen das Recht erhalten, bei allen die Landwirtschaft betreffenden Fragen mitzuwirken, insbesondere auch das Recht, Initiativanträge zu stellen. Die Übernahme der Anstalten, des Vermögens, der Rechte und Pflichten der landwirtschaftlichen Centralvereine soll den Kammern nur gestattet sein auf Antrag der letztern; die Kreisvereine, Lokalvereine und landwirtschaftlichen Genossenschaften sollen dagegen bestehen bleiben und von den Kammern unterstützt werden. Die Einrichtung von Unterverbänden wurde beseitigt. Außerdem erfuhr das Wahlrecht der Pächter eine eingehende Regelung und wurde die Zahl der Wahlmänner für die größern Gemeinden zu der Höhe des von diesen vertretenen Grundsteuerreinertrags ins Verhältnis gesetzt. Die Umlagen sollen in der Regel nicht mehr als ½ Prozent des Grundsteuerreinertrags betragen. Sollte das Gesetz zu stande kommen, so beabsichtigt die Regierung, die neuen L. zunächst für die Regelung und Organisation des landwirtschaftlichen Kreditwesens in Anspruch zu nehmen. - Vgl. Grätzer, Die Organisation der Berufsinteressen (Berl. 1890).

Landwirtschaftslehre, s. Landwirtschaft.

Landwirtschaftspolitik oder Agrarpolitik, s. Landwirtschaft und Agrargesetzgebung.

Landwirtschaftsrat, Deutscher, s. Deutscher Landwirtschaftsrat.

Landwirtschaftsrecht, der Inbegriff der Rechtssätze, welche für die besondern Verhältnisse der Landwirtschaft gelten (s. Agrargesetzgebung). Vgl. Hagemann, Lehrbuch des L. (Hannov. 1807); Weiske, Handbuch des Allgemeinen Deutschen L. (Lpz. 1838); Häberlin, Lehrbuch des L. (ebd. 1859).

Landwirtschaftsschulen, auch Landwirtschaftliche Mittelschulen genannt, Anstalten, die den Schüler nicht nur in der Fachdisciplin theoretisch ausbilden, sondern auch dem die Abgangsprüfung Bestehenden die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst erteilen. In Preußen erfolgte die Reorganisation der L., die in der Regel provinzielle Anstalten sind, jedoch vom Staate unterstützt werden und unter der Oberaufsicht des Landwirtschafts- und Kultusministeriums stehen, 1875 und 1877 durch Aufstellung eines festen Lehrplans, Vorschriften über die Ausbildung des Lehrpersonals u. s. w. 1893 gab es in Preußen 16 L. Eine ähnliche Anstalt existiert in Helmstedt (Braunschweig).

Landwirtschaftswissenschaft, s. Landwirtschaft.

Landwitt, Scheidemünze, s. Witten.

Landzunge, s. Halbinsel.

Landzwang, im mittelalterlichen Recht das Delikt der Mitglieder von Diebs- und Raubbanden, die umherziehend durch Drohung (s. d.) den Öffentlichen Frieden gefährden (s. Landfriede); im Deutschen Strafrecht (§. 126) Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung eines Gemeingefährlichen Verbrechens (s. d.).

Lane (spr. lehn), Edward William, engl. Orientalist, geb. 17. Sept. 1801 in Hereford, studierte Mathematik in Cambridge und ging dann nach London, wo er sich der Kupferstechkunst widmete. Die Frucht wiederholten Aufenthalts in Ägypten (1825-28 und 1833-35) ist das berühmt gewordene Werk "An account of the manners and customs of the modern Egyptians" (2 Bde., Lond. 1836 u. ö., mit den von L. selbst auf Stein gezeichneten Kupfern; deutsch von Zenker, 3 Tle., Lpz. 1856). Außer der trefflichen, mit belehrenden Anmerkungen versehenen Übersetzung der "1001 Nacht" ("The thousand and one nights", 3 Bde., Lond. 1841), "Selections from the Kur-ân" (ebd. 1843) ist zu nennen L.s monumentales Werk, das er nach einem dritten Aufenthalt in Ägypten (1842-49) herauszugeben begann, das "Arabic-English Lexicon", von dem er selbst 5 Teile (1863-74) veröffentlichte. L. starb 9. Aug. 1876. Sein Neffe, Stanley Lane Poole, setzte die Herausgabe des Lexikons fort; derselbe hat auch L.s Exkurse und Anmerkungen zu "1001 Nacht" in einem besondern Bande ("Arabian society in the middle ages", Lond. 1883) vereinigt herausgegeben.

Lanerk, schott. Grafschaft und Stadt, s. Lanark.

Lanesche Flasche (spr. lehnsche), s. Maßflasche.

Lanfranc, Erzbischof von Canterbury, Scholastiker, geb. um 1005 zu Pavia, studierte in Bologna die Rechte, trat in Pavia als Sachwalter und Lehrer der Jurisprudenz auf, begründete 1039 eine Lehranstalt zu Avranches, zog sich aber 1042 ins Kloster Bec zurück, dessen Prior er 1045 wurde. 1066 trat er als Abt an die Spitze des neugegründeten Stephansklosters zu Caen, wurde 1070 als Erzbischof von Canterbury Primas der engl. Kirche und vertrat als solcher mit Energie die Rechte des Staates gegenüber dem Papste. L. starb 28. Mai 1089. In seiner Hauptschrift "De corpore et sanguine domini" (zuerst gedruckt Bas. 1528) bekämpfte er die Abendmahlslehre Berengars (s. d.). Seine Werke wurden herausgegeben von d'Achery (Par. 1648), Giles (2 Bde., Oxf. 1844-45) und Migne (in der "Bibliotheca Patrum sive Patrolo-^[folgende Seite]