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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Latiner - Latour
Latmer, soviel wie Lateiner (s. d.).
Latmi, Brunetto, ital. und franz. Schriftsteller,
geb. 1210 in Florenz, erscheint feit 1254 als Notar,
wurde von den Ghidellinen verbannt, lebte bis 1200
in Paris und nach feiner Rückkehr 1267 als Kanzler
der Kommune in Florenz, faß 1287 im Kollegium der
Prioren und starb 1294. Er fchrkb in Frankreich in
franz. Sprache die große Encyklopädie, bie er "I^i
Iivi-68 äou ti-6801-" betitelte (hg. von Chabaille, Par.
1863), worin er das gefamte Wissen der damaligen
Zeit zusammenzufassen strebte. Italieuifch erfchien
das Werk bereits von Bono Giamboni 1474 in Tre-
vifo (neue Ausg. von Gaiter, 4 Bde., Bologna ^878
-83). Ferner gab er eine Art Kompendium feiner
großen Encyklopädie in dem ital. Lehrgedichte "II
^LLorsNo" (erste nach den Handschriften berichtigte
Ausgabe nebst L.s "Ii^avoistto", hg. vonZannoni,
Flor. 1824; zuletzt hg. von Wiese in der "Zeitschrift für
roman. Philologie", 1883), aus dem wohl auch Dante
geschöpft hat. - Vgl. Thor Sundby, B. L.s Levnet
og Skrifter (Kopenh.1869; italienifch Flor. 1884).
Latinische Sprache, f. Italifche Völker und
Sprachen. snifche überfetzen.
Latinisieren^ eine lat. Form geben, ins Latei-
Latinismus, eine der lat. Sprache eigentüm-
liche Ausdrucksweife.
Latinisten, Bezeichnung für Philologen, die sich
Vorzugsweife mit dem Studium des Lateinischen
beschäftigen. (S. Hellenisten.) ^Sprache.
Latinität (lat.), s. Lateiner und Lateinische
Latmus, s. Lateiner.
I.a.btitia. (lat.), Fröhlichkeit, Freude; Name des
39. Planetoiden. sFreiheit der Bewegung.
Latitude (frz., spr.-tühd), Weite, Spielraum,
Latitudinal (neulat.), auf (geographische) Breite
bezüglich; Latitudinalgrad, Breitengrad.
Latitudinarier (neulat., "Weitherzige"), Partei
der bifchöfl. Kirche Englands, die sich während der
Religionsstreitigkeiten feit Karl I. bildete, ihren
Hauptsitz zu Cambridge hatte und der Partei der
Eidweigerer sich gegenüberstellte, deren kirchlicher
Verein die Hochkirche (f. Anglikanifche Kirche) hieß.
Ihre Tendenz war, nach Art der Arminianer durch
freiere Deutung und weitere Fassung der streitigen
Dogmen Anstöße des Denkens an der Kirchenlehre
zu mildern und eifernde Polemik zu meiden. Wegen
der minder scharfen Abgrenzung und unbestimmten
Fassung in der Glaubenslehre wurden sie von den
Strcngkirchlichen L. genannt (zuerst inIurieus "156-
lißion äu iHtiwäiuairs", Rotterd. 1696). Die L.
haben das Verdienst, daß sie zuerst im 17. Jahrh,
mit freierm Geist auf die Behandlung der Glaubens-
lehren hinwirkten; namentlich geschah dies durch
Gilbert Burnet. Jetzt wird der Name L. teils in
der Sittenlehre von folchen gebraucht, die minder
strenge Grundfätze über die Pflichten aufstellen,
teils von folchen orthodoxen Theologen, die im all-
gemeinen der Kirche wohl zugethan, aber doch durch
eine gewisse Unbestimmtheit der dogmatifchcn For-
mel streitigen Fragen ausweichen.
Latium, Landfchaft im Königreich Italien am
untern Tiber, umfaßt die Provinz Rom (s. d.).
über das alte L. f. Lateiner.
Latmos, Gebirgszug (1370 m) in Karien (s. d.),
dessen Küstenstrich er vom Vinnenlande trennt; im
Mittelalter Latros, "Berg des Dienstes", genannt,
weil er Sitz einer Gemeinfchaft von 11 griech. Klöstern
war, die unter einem eig enen Archimandriten stand en.
Unter der Türkenherrschaft sind die Klöster eingegan-
gen. Jetzt heißt der Berg wegen seiner fünf Spitzen
Besch-Parmak-Dagh, d. h. Fünffingerberg.
Latobiker (Latovici), bei den Alten der Name
eines kelt. Volks in dem südwestlichsten Pannonien,
im obern Thalgebiet des Flusses Save.
Latobriger, ein kelt. Volk, welches neben den
Raurikern am obern Rhein, in der Nachbarfchaft
der Helvetier erscheint und mit dicfen 58 v. Chr.
den Auszug nach Gallien verfuchte, aber durch
Julius Cäfar zur Rückkehr genötigt wurde.
Latomlen (grch.), Steinbrüche; besonders be-
kannt sind die bei Syrakus (s. d.).
Latöna, Göttin, s. Leto.
Latopölis, Stadt in Oberägypten, s. Esneh.
Latour (spr. -tuhr), eine Weinsorte, s. Bordeaux-
weine (Bd. 3, S. 304 d). Wabelle Agnes.
La Tour (spr. tuhr), Abbe de, s. Charrieres,
Latour (spr. -tuhr), Vaillet von, eine in Bel-
gien und Österreich blühende Familie, die aus Bur-
gund stammt und 1. Sept. 1674 vom König Karl II.
den span.-niederländ. Adel erhielt. Den Beinamen
L. entlehnte die in drei Zweigen 1719, 1744 und
1752 als "86iFU6ur8 äe 1a "loui-" in den österr.-
niederländ. Grafenstand erhobene Familie von dem
Schlosse La Tour in Luxemburg, das 1794 zerstört
wurde. Bekannt ist Graf Maximilian Baillet
von L., geb. 1737, der 1755 in österr. Dienste trat,
als Landmarschall von Luxemburg 1789 und 1790
gegen die Brabanter kämpfte und in den Kriegen
der folgenden Jahre vielfach thätig war. Er wurde
1796 an Wurmfers Stelle zum Befehlshaber der
Armee am Niederrhein ernannt. Nach einigen un-
glücklichen Gefechten gegen Moreau zog er sich mit
Erzherzog Karl an das rechte Donauufer zurück
und folgte den Franzosen nach dem Nhein. Unweit
Biberach von Moreaus Arriöregarde geschlagen,
vereinigte er sich in der Ortcnau mit Erzherzog
Karl und erhielt nach der Übergabe von Kehl das
Kommando der Rheinarmee. Er starb 22. Juli 1806
in Wien als Feldzeugmeister und Präsident des
Hofkriegsrats. - ^ein Bruder, Graf Ludwig
Baillet von L., geb. 12. Febr. 1753, starb 1836
als franz. Generallieutenant; mit feinem Sohn, dem
Grafen GeorgBaillet vonL., geb. 7. April 1802,
erlosch 18. April 1882 die jüngere oder belg. Linie.
- Von den Söhnen des Grafen Maximilian war
der älteste, Graf Iofeph Vaillet von L. (geb.
24. Nov. 1775, gest. 18. Sept. 1831 als Oberst in
der österr. Armee), Vater des Grafen Iofeph
Baillet vonL., geb. 19. März 1815, gest. 26. Aug.
1891; dessen Sohn, Graf Heinrich Baillet von
L., geb. 8. Sept. 1848, Ministerialfekretär im Mi-
nisterium für Landesverteidigung, ist jetzt Chef der
ältern oder österr. Linie. Der jüngere, Graf Theo-
dor Baillet von L., geb. 17. Juni 1780, war Ge-
heimrat und Feldzeugmeister, wurde in den März-
tagen 1848 Kriegsminister, 6. Okt. 1848 während
der Wiener Revolution bei der Erstürmung des
Kriegsgebäudes getötet.
Latour (fpr. -tuhr), Quentin de, Pastellmaler,
geb. 6. Sept. 1704 in St. Quentin, erhielt dafelbst
den ersten Zeichenunterricht und kam 1727 nack
Paris, wo er sich besonders der Pastellmalerei
widmete und seit 1737 mit seinen Porträten große
Erfolge erzielte. 1744 wurde er Mitglied der Aka-
demie, 1746 deren Direktor. Er starb 17. Febr. 1788.
In feiner Vaterstadt wurde ihm eine Vronzestatue
(von Langtet) errichtet. Von feinen mehr als
100 Pastellbildnissen, die die berühmtesten Zeitge-