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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lavater (Louis) - Laveleye
deportiert. Nach einigen Monaten entlassen, nahm
er in Zürich seine Amtsthätigkeit wieder auf, bis
sie 26. Sept. 1799, als Masstna Zürich wieder ein-
nahm, für immer gehemmt wurde. Während er auf
der Straße beschäftigt war, Bedrohten beizustehen,
schoß ein wahrscheinlich betrunkener Grenadier ihn
durch die Seite. Nach langen Qualen starb er 2. Jan.
1801. Seine früh geübte Beobachtungsgabe hatte
ihn in Stand gesetzt, sich von allen Personen, mit
denen er in Berührung kam, nach einigem Umgänge
bald ein treffliches Bild ihrer Natur und ihres Cha-
rakters zu machen. So kam er auf den Gedanken,
dieLinien des Menschenprosils für zuverlässige Merk-
male des Charakters zu erklären und die Physiogno-
mik zur Wissenschaft zu erheben. Nachdem er sich seit
1769 mit der Ausführung diefer Idee beschäftigt
hatte, ließ er seine "Physiognomischen Fragmente zur
Beförderung der Menschenkenntnis und Menschen-
liebe" (4 Bde., Lpz. und Winterth. 1775-78; fran-
zösisch mit vielen Zusätzen von L., 3 Bde., Haag
1781 - 85) erscheinen, wodurch er eine ungemeine
Berühmtheit erlangte. Eine Menge von Chodowiecki,
Lips, Schellenberg u. a. gestochener und meist wohl-
getroffener Porträts und Schattenrisse merkwürdiger
Personen empfahl das Werk ebenso wie das eigen-
tümlich schwungvolle Pathos von L.s Sprache, das
allerdings, allen Kraftworten, Gedankenstrichen und
Ausrufungszeichen zum Trotz, über die Schwächen der
logischen Konstruktion nicht hinwegtäuschen konnte.
Aus der über dieses Werk entstandenen litterar.
Fehde, in welcher besonders G. Chr. Lichtenbergs
witziger Auffatz "über Physiognomik wider die Phy-
siognomen" den Ausschlag gab, trug der unbefan-
gene Teil der Leser die Überzeugung davon, daß die
Grundlage der Physiognomik L.s nur in dessen per-
sönlichen Gefühlen zu suchen sei. Besonders geist-
reich wurden L.s Erfindungen von Musäus in desfen
"Physiognomischen Reisen" persifliert. Trotzdem
blieb L.s Popularität unerschüttert; ja, sie nahm zu,
je mehr er sich in die Tiefen religiöfer fchwärmerischer
Mystik hineingrub, in die er schon in seinen viel-
gelesenen "Aussichten in die Ewigkeit" (Zür. 1768
- 78) einen langen Blick geworfen hatte. Aus den
verschiedensten Teilen Deutschlands, ja Europas
wandten sich Männer und Frauen an ihn als ihren
Vertrauten und Berater und seine Neisen waren
Triumphzüge. L. selbst gab seine "Vermischten
Schriften" (2 Bde., Winterth. 1774-81) sowie
seine "Sämtlichen kleinern prosaischen Schriften"
(3 Bde., ebd. 1784-85), Geßner "L.s nachgelassene
Schriften" (5 Bde., Zur. 1801-2) und Orelli "L.s
ausgewählte Schriften" (8 Vdchn., ebd. 1841-44;
2. Aufl. 1844) heraus. Unter feinen Dichtungen,
die fast ausschließlich biblischen oder sonst geistlichen
Inhalts waren, sind noch seine bis in die neueste Zeit
oft aufgelegten "200 christl. Lieder" hervorzuheben.
Vgl. Goethes Briefe an L. (hg. von Zirzel, Lpz.
1833); Bodemann, L. nach seinem Leben, Lehren
und Wirken dargestellt (Gotha 1856; 2. Aufl., 2 Bde.,
1877); Fr. Muncker, I. K. L. Eine Skizze seines
Lebens und Wirkens (Stuttg. 1883).
Lavater, Louis, Pseudonym des Schriftstellers
Ludw. Adolf Spach (s. d.).
Is2.va.tera. 2^., Pappelrose, Staudcnpap-
pel, Pflanzengattung aus der Familie der Malva-
ceen (s< d.) mit 18 Arten, größtenteils in der nord-
lich gemäßigten Zone der Alten Welt, schönblühende
Kräuter oder Sträucher mit stark bebaarten gelapp-
ten Blättern. Die einzige deutsche Art ist I.. tlni-
VrcMaus' Konversations-Lcxikon. 14. Aufl. X.
ringiacI. ^., über 1 ui hoch, mit aufrechtem Sten-
gel, der gleich den übrigen grünen Pflanzenteilen
mit filzigen Sternbaaren überkleidet ist und hell-
rosenrote Blüten trägt. Eine schöne Zierpflanze
für die Rabatte oder den Gartenrascn ist 1^. ti-i-
lN68tri8 ^., die Gartenmalve, eine einjährige
Pflanze Südeuropas. Sie hat unten rundlich-herz-
förmige, oben eckige und an der spitze dreilappige
Blätter mit lanzettförmigem Mittellappen und
achselständige große, zart-rosenrote, dunkler geäderte
und auf jedem der fünf Blütenblätter am Grunde
mit einem bläulich-violetten Flecken gezierte, bei
einer Varietät rcinweiße Blumen. Aus beiden
Pflanzen gebildete Gruppen auf großen Rasen-
plätzen sind sehr effektvoll und halten sich vom Juni
bis zum Herbst. Man sät sie im April oder Mai
an den Platz und verzieht die Pflänzchen bis auf
einen allseitigen Abstand von 45 cm. Eine andere
Art, 1^. Oldig. ^. (Südfrankreich), ist ausdauernd
und fast baumartig und hat ziemlich große Blumen
mit zweilappigen purpurrosenroten Blumenblättern.
Sie ist in der Orangerie zu halten. Eine prächtige
Art ist die ausdauernde, in Südeuropa und Nord-
afrika heimische 1^. in-dorea ^. mit baumartigem
Stamm und sehr großen rundlich-herzförmigen be-
haarten Blättern, die bei einer Abart gelblichwciß
gefleckt sind. Diese Art, im Kalthause überwintert
und im Sommer in nahrhaftem Boden ins Freie
gepflanzt, entwickelt sich zu riesenhaften Blattpflan-
zen, weshalb sie meist einzelnstehend auf Rasen-
plätzen angebracht wird. Waschbecken.
Lavation (lat.), Waschung; Lavatorium,
Lavaur (spr. -wohr). 1) Arrondiffement des
franz. Depart. Tarn, hat 811,03 <ikm, (1891)
47 796 E., 57 Gemeinden und zerfällt in die 5 Kan-
tone Cuq-Toulza (107,53 ykui, 4803 E.), Graulhet
s132,59 ykm, 11542 E.), L. (272,36 ^m, 16850 E.),
Puylaurens (157,52 ykm, 8500 E.), St. Paul-
Cap-de-Ioux (141,03 ykm, 6101 E.). - 2) Haupt-
stadt des Arrondissements L., an der Linie Montau-
ban-Castres der Südbahn und am linken Ufer des
Agout, über welchen eine Brücke führt, hat (1891)
4008, als Gemeinde 6477 E., eine alte Kathedrale
(13. Jahrh.), ein College, Bibliothek; Maulbeer-
und Seidcnzucht, Spinnerei und Weberei. Hier
fand 1212 ein Konzil gegen die Albigenser statt,
nachdem Simon von Montfort 3. Mai 1211 diefe
ihre stärkste Festung erobert hatte.
Lavaux (LaVaux, spr. woh), Bezirk im schweiz.
Kanton Waadt, s. Nyfthal.
Lavaveix-les-Mines (spr. -waweh lä mihn),
Ort im Kanton Chenerailles, Arrondissemcnt Au-
busson des sranz. Depart. Creuse, an der Linie
Buiscau d'Abun-Felleton der Orle'ansbahn, hat
(1891) 3388 E. und bedeutende Kohlengruben.
La Vega, Concepcion de la Vega, Stadt
auf der westind. Insel Ka'iti, Republik Santo Do-
mingo, am Juma, im NW. von Santo Domingo,
in anmutiger Lage, hat 9000 E. Die im NO. davon
1495 von Columbus an Stelle der Indianerhaupt-
stadt Magua erbaute, 1564 durch ein Erdbeben zer-
störte ältere Sradt war infolge ergiebigen Berg-
baues bedeutender als die jetzige.
Laveld, belg. Dorf, s. Lafeld.
Laveleye sspr. law'leh), Emile dc, belg. liberaler
Publizist und Nationalökonom, geb. 5. April 1822
zu Brügge, besuchte das l^oUe^ß Ä^nisiaä in Paris,
studierte in Gent und wurde 1864 ord. Professor
der Staatswirtschaft an dcr Universität Lüttich. Er
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