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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Leguminosen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Leguminōsen'


Figur 2:


Figur 1:

faßt gegen 6000 Arten und ist eine der größten und verbreitetsten Pflanzenfamilien. Die Mehrzahl, vor allem die baumartigen L., sind tropisch, die strauch- und krautartigen wachsen vorwiegend in den gemäßigten Zonen; in hohen Gebirgen und in den arktischen Regionen gehen einzelne L. fast bis an die Grenze der Vegetation. Im äußern Habitus zeigen die L. die größte Mannigfaltigkeit: hohe Bäume, strauchartige und krautartige Formen, solche mit windenden oder kletternden, niederliegenden oder kriechenden Stengeln. Im Bau der Früchte, Blüten und Blätter stimmen sie vielfach überein und bilden deswegen auch eine der am natürlichsten begrenzten Familien. Sämtliche Arten haben als Frucht eine Hülse (s. d.) und heißen daher Hülsenfrüchtler oder L. Ferner sind die Zahlenverhältnisse der einzelnen Blütenteile (s. beistehende Fig. 1, Diagramm der Blüte von Vicia Faba L.) bei den meisten Arten dieselben. Der Kelch ist verwachsenblätterig und besitzt einen in fünf Zipfel geteilten Rand; oft ist er zweilippig. Die Blumenkrone besteht aus fünf nicht miteinander verwachsenen Blumenblättern, die bei vielen Arten sehr ungleiche Gestalt haben und eine sog. Schmetterlingsblüte (s. unten) bilden, bei andern dagegen der Form nach übereiustimmen. Staubgefäße giebt es in der Regel doppelt soviel als Blumenblätter, sie sind entweder sämtlich miteinander in einer Röhre verwachsen (monadelphisch), oder es sind neun miteinander verwachsen und das zehnte bleibt frei (diadelphisch), oder endlich sie sind sämtlich frei. In einigen Gattungen sind bedeutend mehr als 10 Staubgefäße vorhanden. Der Fruchtknoten besteht aus einem einzigen Fruchtblatt, dessen Ränder miteinander verwachsen sind und eine Naht bilden; an der Innenseite dieser Naht sitzen die Samenknospen an. Der Fruchtknoten ist stets einfächerig, bei mehrern Arten werden jedoch später scheinbar Fächer in demselben gebildet, so daß eine sog. Gliederhülse (lomentum, Fig. 2a von Cassia occidentalis L. und Fig. 2b von Hippocrepis comosa L.) entsteht. Dem Fruchtknoten sitzt ein einfacher, fadenförmiger Griffel auf, der eine meist behaarte Narbe auf seiner Spitze oder etwas unterhalb derselben seitlich trägt. Die Wand der Hülse ist bei der Reife trockenhäutig, holzig oder auch fleischig, entwickelt. Im letztern Falle springt sie in der Regel nicht auf, in den erstern Fällen dagegen erfolgt das Aufspringen gewöhnlich mit zwei Klappen (Fig. 2c von Pisum sativum L.) oder seltener mit einem Längsrisse. Beim Aufspringen mit zwei Klappen rollen sich diese infolge des Eintrocknens oft schraubenlinig ein und bewirken dabei ein Fortschleudern der Samen, wie sich leicht bei den Bohnen beobachten läßt. Bei der Gattung Medicago ist die Hülse schnecken- oder sichelförmig gewunden (Fig. 2d von Medicago sativa L.). ↔ Ist die Hülse als Gliederhülse ausgebildet, so fallen meist die einzelnen Glieder als Teilfrüchtchen auseinander.


Figur 4:


Figur 3:

Nach den Verschiedenheiten, welche im Bau der Blüten vorhanden sind, teilt man allgemein die L. in drei Abteilungen ein: 1) Papilionaceen; Blüten unregelmäßig, als Schmetterlingsblüten (Fig. 3 Blüte von Vicia Faba L. und Fig. 4 dieselbe zerlegt) ausgebildet, die fünf Blumenblätter sind verschieden gestaltet, das obere als Fahne (vexillum, Fig. 4a), die zwei seitlichen als Flügel (alae, Fig. 4b), die beiden untern meist miteinander verwachsen als Schiffchen oder Kiel (carina, Fig. 4c) ausgebildet. Die Zahl der Staubgefäße beträgt in der Regel 10, und zwar sind sie in der Mehrzahl der Fälle diadelphisch (Fig. 4d). Hierher gehören fast alle europäischen L. (Hierzu Tafel Leguminosen I: Papilionaceen; zur Erklärung vgl. Glycyrriza. Indigofera. Cicer. Colutea) Viele Papilionaceen leben in Symbiose mit gewissen Bakterien, die ihnen die Eigenschaft als Stickstoffsammler (s. d.) verleihen. 2) Cäsalpiniaceen; Blüten zwar meist unregelmäßig, aber keine Schmetterlingsblüten; allerdings ist gewöhnlich das obere Kronenblatt fahnenartig verbreitert, aber die beiden untern vereinigen sich niemals zu einem Schiffchen. Die Zahl der Staubgefäße beträgt in der Regel 10, doch sind diefelben selten miteinander verwachsen. Die Arten sind meist tropische Bäume oder Sträucher. (Hierzu Tafel Leguminosen II: Cäsalpiniaceen; zur Erklärung vgl. Cassia. Haematoxylon. Johannisbrot, Arachis, Caesalpina.) 3) Mimosaceen; die Blüten sind regelmäßig gebaut, alle Blumenblätter gleich groß. Die Zahl der Staubgefäße beträgt in einigen Gattungen 10, in den meisten dagegen sind zahlreiche Staubgefäße vorbanden. Es sind meist tropische Gewächse von baum- oder strauchartigem Wuchse. (Hierzu Tafel Leguminosen III: Mimosaceen; zur Erklärung vgl. Acacia und Mimose.)

Die Zahl der Nahrungs- oder Genußmittelpflanzen, der Futterpflanzen sowie der Industriepflanzen unter den L. ist eine sehr große. So unter den Papilionaceen die Bohnen, Erbsen, Linsen, ferner Erdeichel, Süßholz, Sojabohne u. a.; die Futterpflanzen Weißklee, Rotklee, Inkarnatklee und andere Kleearten, ferner Luzerne, Wicke, Lupine, Esparsette; die industriell wichtigen: Indigopflanze, Färberginster, Sandelholz, sowie viele, von denen das Holz technisch verwendet wird, wie die unechte Akazie (Robinia); Zierpflanzen sind von den Papilionaceen viele Cytisusarten; von den Cäsalpiniaceen sind wichtig der Johannisbrotbaum, die Farbhölzer aus den Gattungen Caesalpinia und Haematoxylon, die offizinellen Arten der Gattung Cassia sowie die Stammpflanze des Kopaivabalsams. Unter den Mimosaceen haben die Gummi und Katechu liefernden Akazienarten große industrielle Bedeutung. Gärtnerisch wichtig sind besonders die Sinnpflanze (Mimosa pudica L.) und

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 30.