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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lehrerinnenheim - Lehrervereine und Lehrerversammlungen

kath. Ländern, wie in Frankreich und in Italien, werden auch jetzt noch viele Schulen von Schulschwestern kath. Orden versorgt. In Deutschland waren nach den Gesetzen vom 4. Juli 1872 und 31. Mai 1875, welche alle Orden, die sich nicht ausschließlich der Krankenpflege widmeten, verboten, die Mitglieder weiblicher Orden und namentlich auch die sog. Schulschwestern von der Schule ausgeschlossen; doch ist durch das Gesetz vom 27. April 1887 gewissen Orden die Möglichkeit wieder gewährt, unter staatlicher Aufsicht zu unterrichten, zumal wenn sich die Ordensangehörigen einer Prüfung unterzogen haben; und so sind in verschiedenen deutschen Staaten heute wieder zahlreiche Schulschwestern am Unterricht beteiligt. - Das Bedürfnis, L. zu verwenden, ist in Deutschland von den Regierungen, insbesondere auch durch Gründung von staatlichen Seminaren (s. d.) für L. anerkannt, deren sich z. B. in Preußen neun (neben 112 Lehrerseminaren) finden. Die Prüfungen, die auf Grund der in Preußen getroffenen Bestimmungen zum Behuf gegenseitiger Anerkennung eine gewisse inhaltliche Übereinstimmung zeigen, sind meist in ähnlicher Weise wie die der Lehrer geordnet; doch sind sie nur in einzelnen Staaten (Bayern, Sachsen, Baden, Hessen, Hamburg, Bremen, Elsaß-Lothringen) von vornherein in zwei Prüfungen, die eine für Volks-, die andere für höhere Schulen, geschieden; in Preußen ist die Trennung auch durch die Verfügung vom 31. Mai 1894 nicht eingeführt worden. Dagegen ist hier für Schulvorsteherinnen eine besondere Prüfung vorgesehen und durch die genannte Verfügung außerdem noch eine wissenschaftliche Prüfung eingeführt worden, wodurch die Befähigung zur Übernahme einer Stelle als Oberlehrerin und nach Ablegung der Schulvorsteherinnenprüfung für die Leitung einer höhern Mädchenschule erworben wird. Auch ist Frauen der Zugang zu den Schulen als Fachlehrerinnen (als Turn-, Zeichen-, Handarbeitslehrerinnen) eröffnet, wozu sie ihre Befähigung durch besondere Fachprüfungen darzuthun haben. - Die an öffentlichen Schulen ständig angestellten L. erhalten im Alter und bei eingetretener Dienstunfähigkeit in den meisten deutschen Staaten eine gesetzliche Pension wie die Lehrer. Außerdem sind zur Unterstützung dienstunfähig gewordener L., meist durch energisches Zusammenschließen der L. selbst, in neuester Zeit wohlthätig wirkende Anstalten gegründet worden. Besonders zu erwähnen sind eine Anzahl Lehrerinnenheime, welche kranke und alte, aber auch alleinstehende L. aufnehmen, z. B. außer mehrern in Berlin das Feierabendhaus zu Steglitz bei Berlin, zu Dresden, das Wilhelm-Augusta-Stift zu Gandersheim, das mecklenb. Feierabendhaus zu Waren, das bad. Lehrerinnenheim zu Lichtenthal, das Lehrerinnenheim zu Straßburg, ein württembergisches in Friedrichshafen u. a. Am 28. Sept. 1875 wurde ferner unter dem Protektorat der jetzigen Kaiserin Friedrich die Allgemeine Deutsche Pensionsanstalt für L. und Erzieherinnen gestiftet, welche ohne Unterschied der Stellung und des Bekenntnisses gegen Beiträge, die nach dem Eintrittsalter berechnet werden, L. aufnimmt, die in Bedürftigkeitsfällen aus einem besondern Hilfsfonds unterstützt werden und in Krankheitsfällen auf eine Unterstützung aus dem Hilfsfonds Anspruch haben. Diese Pensionsanstalt zählte Ende 1893: 2679 Mitglieder mit einer Jahreseinnahme von ½ Mill. M. und 4½ Mill. M. Vermögen. Daneben dienen noch eine Anzahl von Krankenkassen den Interessen der L., wie überhaupt durch den ganzen Stand ein energischer Zug der Selbsthilfe geht, der 1890 seinen Ausdruck in der Gründung des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins (s. Lehrervereine) und in der Errichtung von Fortbildungskursen gefunden hat, die mit und ohne staatliche Hilfe in Berlin, Göttingen und an andern Orten ins Leben getreten sind. Das Organ des Lehrerinnenvereins ist die von Fr. Löper-Housselle herausgegebene "Lehrerin".

Lehrerinnenheim, Lehrerinnenpensionsanstalt, s. Lehrerinnen.

Lehrerseminar, Lehrerinnenseminar, s. Seminar.

Lehrervereine und Lehrerversammlungen, zum Unterschied von den amtlichen Konferenzen die frei organisierten Vereinigungen der Lehrer. Neben zahlreichen lokalen Vereinigungen giebt es allgemeinere, so für die meisten Provinzen Preußens und die einzelnen übrigen deutschen Bundesstaaten. Die erste Vereinigung aller Lehrer Deutschlands war der Allgemeine Deutsche Lehrerverein, der 1848 auf Anregung von Dresden aus in Eisenach gegründet wurde und dem sich bald zahlreiche Landesvereine anschlössen. Alljährlich sollten Allgemeine Deutsche Lehrerversammlungen stattfinden; als Organ beider wurde die "Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung" gegründet. Die wohlgegliederte Organisation des Vereins erregte in der Reaktionszeit das Mißtrauen der Regierungen; er wurde in verschiedenen deutschen Staaten verboten, in Preußen durch Cirkularverfügung vom 1. Febr. 1854, kam daher überhaupt nicht zu rechter Entwicklung und löste sich endlich ganz auf. Die Allgemeinen Deutschen Lehrerversammlungen sind jedoch geblieben. Sie fanden bis 1870 mit zwei Ausnahmen alljährlich, von da ab nach je zwei (nur einmal nach drei) Jahren statt. Durch eine Ministerialverfügung vom 5. Juli 1860 wurde auch den preuß. Lehrern die Teilnahme an ihnen wieder gestattet. - 1870 wurde auch wieder ein Deutscher Lehrerverein ins Leben gerufen, der seit 1876 alle zwei Jahre (abwechselnd mit der Allgemeinen Deutschen Lehrerversammlung) den Deutschen Lehrertag abgehalten hat. Dieser war eine Delegiertenversammlung, verbunden mit einer allgemeinen Lehrerversammlung. Auf der 30. Allgemeinen Deutschen Lehrerversammlung in Leipzig 1893 haben sich diese beiden Vereinigungen zu einer einzigen Körperschaft unter dem Namen Allgemeine Deutsche Lehrerversammlung (Deutscher Lehrertag) verschmolzen.

Die Hauptzahl der Mitglieder der genannten Vereinigungen bilden die Volksschullehrer, obschon auch den Lehrern der höhern Schulen der Beitritt freisteht. Letztere haben sich jedoch auch untereinander vielfach zusammengeschlossen. Seit der hundertjährigen Jubelfeier der Universität Göttingen (1837) finden zahlreich besuchte Versammlungen deutscher Philologen und Schulmänner mit wenigen Ausnahmen alljährlich statt. Besondere Vereinigungen von Lehrern höherer Schulen bilden daneben der Verein der deutschen Realschulmänner (seit 1871), der Verein für das höhere Mädchenschulwesen (seit 1873), beide mit eigener Zeitschrift, und der Deutsche Seminarlehrertag (seit 1870). In Sachsen besteht noch ein besonderer Verein der Realschullehrer.

Der religiöse Gesichtspunkt wird in den Vordergrund gestellt bei dem Evangelischen Deutschen Lehrerbunde. Der von diesem veranstaltete Evan-^[folgende Seite]