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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Leiden (Johann von) - Leidener Flasche

Drangsale gestiftet, ist im Besitz einer kostbaren Bibliothek (etwa 330 000 Bände und eine ausgezeichnete Sammlung griech., lat., orient. Handschriften), mehrerer Laboratorien, eines anatom. Kabinetts, Kliniken, Sternwarte, botan. Gartens. Sehr wertvoll ist das Museum für Archäologie mit bedeutender ägypt. Sammlung, das besonders an ostasiat. Sachen reiche ethnogr. Museum und das geolog. Museum; zu den berühmtesten Sammlungen dieser Art gehört das naturhistor. Museum. Das städtische Museum in der Lakenhalle besitzt Gemälde des Lukas van Leiden, Cornelis Engelbrechtsen u. a. Ferner bestehen Gymnasium, Realschule, höhere Töchterschule, Schule zur Vorbildung von Matrosen, mehrere Armen- und Waisenhäuser, Friedensgericht, Militärhospital u. s. w. - Die Stadt ist sehr alt, hieß im Mittelalter Leithen, litt bedeutend, als sie vom 31. Okt. 1573 bis 24. März 1574 belagert und bald nachher zum zweitenmal, 27. Mai 1574, von den Spaniern blockiert wurde, bis Wilhelm von Oranien mittels des Durchstechens der Dämme 3. Okt. 1574 die Feinde zur Aufhebung der Belagerung zwang. Bei der Explosion eines Pulverschiffs 12. Jan. 1807 wurde ein beträchtlicher Teil gänzlich zerstört. L. ist der Geburtsort des Lukas van Leiden, Rembrandts, J. Steens, Gerard Dous, van Mieris' und Johanns von Leiden.

Leiden, Johann von, s. Johann (von Leiden).

Leiden, Lukas van, s. Lukas van Leiden.

Leidener Blau, s. Thénards Blau.

Leidener Flasche, Kleistsche Flasche, Kondensationsflasche, ein flaschenförmiger Apparat zum Ansammeln von Elektricität. Beim Elektrisieren von Wasser in einer Flasche erhielt von Kleist (1745) einen heftigen Schlag, als er die äußere Flaschenfläche mit der einen, den in die Flasche ragenden, zuleitenden Nagel mit der andern Hand anfaßte. Dieselbe Erfahrung machten unter ganz ähnlichen Umständen einige Monate später Cunaeus und van Muschenbroek in Leiden. Die L. F. besteht aus einer (isolierten) Glasflasche, die innen und außen bis auf einen breiten freigelassenen Rand mit Metall (gewöhnlich Zinnfolie) belegt und mit einem Draht, der in einen Knopf endigt, zur Zuleitung nach innen versehen ist (s. beistehende Fig. 1). Führt man der innern Belegung z. B. die positive Elektricitätsmenge +q zu, so tritt nach Franklin auf der äußern Belegung Influenz ein, indem eine der innern Ladung fast gleiche negative Menge -q mit der äußern Belegung verbleibt und die entsprechende positive +q in die Erde abfließt. Leitende Verbindung der äußern Belegung mit dem Zuleitungsknopf durch den Auslader, einen Draht mit isoliertem Griff, bringt Entladung der Flasche in Form eines elektrischen Funkens, den elektrischen Ausgleich hervor.

^[Fig. 1]

Zur Verstärkung der Wirkung vereinigte Franklin mehrere L. F. zu einer Flaschenbatterie (s. d.). Auch hat er statt der Flasche eine beiderseits mit Zinnfolie belegte, mit einem freien Rand versehene Glastafel, die Franklinsche Tafel, angewandt. Durch eine Flasche mit abnehmbaren leitenden Belegungen, die übrigens durch Wasser dargestellt waren, hat er sich ferner überzeugt, daß die Ladungen nicht an den Belegungen haften und nicht mit diesen abgenommen werden können, daß dieselben vielmehr an den Glasflächen sitzen. Die abgenommenen Belegungen erweisen sich als fast ungeladen. Nach dem Wiederaufsetzen kann man aber die Flasche entladen. Faraday hat darauf aufmerksam gemacht, daß zwischen einem gewöhnlichen Leiter und einer Flasche kein wesentlicher Unterschied besteht. Wird ein Leiter frei in der Luft gehalten und z. B. positiv geladen, so wird an den umgebenden Leitern, z. B. an den Zimmerwänden, durch Influenz die negative Elektricität herbeigezogen, die positive in die Erde abgeleitet. Die Zimmerwände bilden dann gewissermaßen die äußere Belegung der Flasche, die zwischenliegende Luft die sehr dicke, isolierende Schicht. Die gewöhnliche L. F. unterscheidet sich nur durch die große elektrische Kapacität von dem einfachen Leiter. Als Beispiel für die Berechnung dieser Kapacität diene eine aus zwei konzentrischen leitenden Kugelflächen mit den Radien r, r1 bestehende Flasche (Fig. 2). Die Kugeln sind durch einen Luftraum getrennt, die innere durch einen isolierten Draht mit dem Außenraum verbunden. Die Flächen seien.mit den Elektricitatsmengen q, q1 zu den elektrischen Potentialen V, V1 geladen. Für den Mittelpunkt und die ganze innere Kugel ist das Potential V = q/r + q1/r1, für die äußere, da nach dem Newtonschen Gesetz daselbst die ganze Ladung so wirkt, als ob dieselbe im Mittelpunkt läge, ist V1 = q/r1 + q1/r1. Ist die Außenfläche zur Erde abgeleitet, so ist V1 = 0 und q1 = -q, daher V = q(1/r - 1/r1) = q(r1-r)/rr1. Die elektrische Kapacität dieser Flasche ist q/V = rr1/(r1-r) Dieselbe ist, wenn die Dicke r1-r klein ist, viel größer als jene einer einfachen Kugel vom Radius r. Ein ähnliches Verhältnis besteht auch für die Franklinsche Tafel oder zwei einander nahe liegende Flächen, von denen die eine zur Erde abgeleitet ist. Die elektrische Energie der geladenen Flasche ist W = ½qV = ½q²(r1-r)/rr1. Für eine freie Kugel vom Radius r und der Ladung q ist dieselbe einfach ½q²/r. Für ungleich geladene gleiche zu einer Flaschenbatterie verbundene Flaschen würde die Energie n·W sein. Faraday hat gefunden, daß die elektrische Kapacität der Flasche bei gleicher Größe und Form der Belegungen von dem zwischenliegenden Isolator abhängt. (S. Dielektricitätskonstante.)

^[Fig. 2]

Alle diese Vorrichtungen, die bei gleichem Potential eine viel größere Menge zu fassen vermögen als ein einfacher Leiter, heißen deshalb auch elektrische Kondensationsapparate oder Kondensatoren, und die mit solchen Vorrichtungen versehenen Elektroskope heißen Kondensationselektroskope. Als Kondensator wirken auch, aber zum Schaden ihrer Ausnutzungsfähigkeit, die Unterwasserkabel, indem deren Leiterseele und das durch die isolierende Hülle von ihr getrennte, gleichfalls leitende Wasser die beiden Belegungen einer ungeheuern L. F. bilden, was zur Folge hat, daß, bevor am andern Ende sich eine Wirkung des Stroms