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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lieber (Thomas) - Liebertwolkwitz

gegeben, allein auch in Jena und Halle, wo er seine Studien fortsetzte, polizeilich bewacht. Im Herbst 1821 schiffte sich L. als Philhellene nach Griechenland ein, kehrte aber bald nach Italien zurück und fand in Niebuhrs Hause in Rom freundliche Aufnahme, wo er das "Tagebuch meines Aufenthaltes in Griechenland im J. 1822" (Lpz. 1823) schrieb. Mit Niebuhr reiste er nach Deutschland zurück, wo er 1824 in Cöpenick einige Zeit aufs neue in Haft kam und seine "Wein- und Wonnelieder", herausgegeben unter dem Pseudonym Franz Arnold (Berl. 1826), dichtete. 1825 begab er sich nach England, 1827 nach den Vereinigten Staaten und gab die "Encyclopaedia Americana" (13 Bde., Bost. 1828-32) heraus. L. wurde 1835 Professor zu Columbia in Südcarolina, 1858 am Columbia College in Neuyork. Während des Bürgerkrieges, in welchem er als Präsident der Loyal Publication Society segensreiche Thätigkeit entfaltete, schrieb er seine "Instructions for the government of the armies of the United States in the field" (Neuyork 1863), welchen Präsident Lincoln amtlichen Charakter verlieh; nach dem Kriege wurde L. Superintendent der nach Washington gebrachten Archive der Secessionistenregierung. Er starb 2. Okt. 1872 in Neuyork. Seine Hauptwerke sind: "Manual of political ethics" (2 Bde., Bost. 1838; neue Aufl., Philad. 1875), "Essays on labor and property" (2 Bde., Neuyork 1842) und "Civil liberty and self-government" (2 Bde., Philad. 1853; neue Aufl. 1874; deutsch von Franz Mittermaier, Heidelb. 1860). Außerdem sind zu nennen: "Reminiscences of an intercourse with Niebuhr the historian" (Philad. 1835; deutsch von Thibaut, Heidelb. 1837), "On Anglican and Gallican liberty" (deutsch von Mittermaier), "The West and other poems" (1848) u. s. w. - Vgl. Perry, The life and letters of F. L. (Bost. 1882; deutsch Stuttg. 1885).

Lieber, Thomas, Theolog, s. Erastus.

Lieberkühnsche Drüsen (Glandulae Lieberkuehnianae oder Cryptae mucosae), die zahllosen kleinen einfachen Schlauchdrüsen des Dünndarms, benannt nach dem berühmten Anatomen Joh. Nathanael Lieberkühn, geb. 1711, gest. 1756 als Arzt in Berlin. (S. Darm, Bd. 4, S. 810 a.)

Liebermann, Max, Maler, geb. 29. Juli 1849 zu Berlin, besuchte die Universität, bezog dann die Akademie in Weimar und stellte 1874 sein erstes Bild: Gänserupferinnen (1894 angekauft für die Berliner Nationalgalerie), aus, das den Einfluß Menzels zeigte. Im folgenden Jahre ging er nach Paris, wo Courbets Werke ihn zumeist anzogen, und dann zu Millet nach Barbizon. Die Technik, die er sich dort erwarb, machte ihn zum ersten Vertreter der Hellmalerei (s. d.) in Deutschland. Von seinen Bildern sind hervorzuheben: Runkelrübenausheben und Die ältere Schwester (1876), Klatschstube und Arbeitssaal im Waisenhaus zu Amsterdam (1877), Holländisches Interieur und Straße in Zandvoort (1879), Kleinkinderschule und Gemüsepflückerinnen (1880), Flickende Frau und Altmännerhaus in Amsterdam (1881); mit dem letztern Bilde stellte er sich unter die ersten Realisten der Gegenwart. Sein Christus im Tempel, 1879 in München ausgestellt, wurde der Ausgangspunkt einer neuen, naturalistischen Auffassung der religiösen Malerei in Deutschland. Von den neuern Werken L.s besitzt die Münchener Neue Pinakothek: Altes Weib mit Ziegen, die Nationalgalerie in Berlin: Die Spinnerinnen (1888), die Kunsthalle in Hamburg: Die Netzflickerinnen, die Galerie in Straßburg: Waisenmädchen (1893), das Leipziger Museum: In den Dünen. L. schuf auch Radierungen und Bildnisse. Er lebt in Berlin. - Vgl. Kaemmerer, Max L. (Lpz.1893).

Liebermann von Sonnenberg, Max, Parlamentarier, geb. 21. Aug. 1848 in Bielscastruga (Westpreußen), trat 1866 in das 2. ostpreuß. Grenadierregiment Nr. 3 ein, wurde Offizier und machte 1870/71 den Feldzug gegen Frankreich mit. Er nahm, 1880 als Halbinvalide zur Landwehr übergetreten, 1884 seinen Abschied. 1881-85 gab er in Berlin die "Deutsche Volkszeitung" heraus und wurde 1889 Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Deutsch-socialen antisemitischen Partei (s. d.). 1890 wurde er in den Reichstag gewählt, wo er häufig zur Bekämpfung des Großkapitalismus und des jüd. Einflusses als Redner auftritt. Seit 1894 giebt er die "Deutsch-socialen Blätter" heraus. L. v. S. verfaßte zwei Gedichtsammlungen: "Rheinreise" (2. Aufl., Berl. 1881) und "Gedichte" (3. Aufl., Lpz. 1892), sowie "Beiträge zur Geschichte der antisemit. Bewegung" und mehrere Broschüren.

Liebermeister, Karl, Mediziner, geb. 2. Febr. 1833 zu Ronsdorf bei Elberfeld, studierte in Bonn, Würzburg, Greifswald und Berlin, ward 1858 Assistenzarzt der mediz. Klinik unter Niemeyer in Greifswald und habilitierte sich 1859 daselbst. Nachdem er 1860 mit Niemeyer nach Tübingen übergesiedelt war, wurde er 1864 außerord. Professor der pathol. Anatomie, 1865 ord. Professor und Direktor der mediz. Klinik in Basel und 1871 in Tübingen. L. hat sich insbesondere um die Lehre von der Wärmeregulierung und vom Fieber sowie um die Behandlung der fieberhaften Krankheiten Verdienste erworben. Er schrieb: "Beiträge zur pathol. Anatomie und Klinik der Leberkrankheiten" (Tüb. 1864), "Beobachtungen und Versuche über die Anwendung des kalten Wassers bei fieberhaften Krankheiten" (im Verein mit Hagenbach, Lpz. 1868), "Über Wärmeregulierung und Fieber" (ebd. 1871), "Über die Behandlung des Fiebers" (ebd. 1872), "Handbuch der Pathologie und Therapie des Fiebers" (ebd. 1875), "Vorlesungen über specielle Pathologie und Therapie" (5 Bde., ebd. 1885-94), "Gesammelte Abhandlungen" (ebd. 1889), "Cholera asiatica et nostras" (Wien 1896).

Lieberose (wend. Luboraz), Stadt im Kreis Lübben des preuß. Reg.-Bez. Frankfurt, an der Linie Frankfurt a. O.-Cottbus der Preuß. Staatsdahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Cottbus), hat (1895) 1486 (1890: 1561) meist evang. E., Post, Telegraph, ein großes Schloß der Grafen von der Schulenburg; Torfgräberei, Dampfschneidemühlen, Ziegeleien, Fischerei und Holzhandel. - Vgl. Krüger, Alt-Lieberose (Bd. 1, Frankf. a. O. 1891).

Liebertwolkwitz, Flecken in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Leipzig, 9 km im SO. von Leipzig, an der Linie Leipzig-Lausigk-Geithain der Sächs. Staatsbahnen, hat (1895) 3113 (1890: 2903) E., darunter 27 Katholiken, Post, Fernsprechverbindung mit Leipzig, Sparkasse; Cementwarenfabrik, Ziegelei. Bei L. fand 14. Okt. 1813 ein Reitergefecht statt, welches die Schlacht bei Leipzig (s. d., S. 66 b) einleitete; auch 16. Okt. war L. ein wichtiger Punkt. Auf dem nahen Monarchenhügel befindet sich ein Denkmal und eine Sammlung von Erinnerungszeichen, ferner bestehen Denkmäler aus dem Kolmberge bei L., bei Wachau und das Fürst-^[folgende Seite]