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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Liszt (Franz von); Lit.; Litai; Li-tai-peh; L'Italia fara da se; Litanei; Litauen

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Liszt (Franz von) – Litauen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Liszt (Franz)'

die Laufbahn als reisender Virtuos, lebte in Weimar, wirkte hier als Hofkapellmeister und wurde Mittelpunkt eines Kreises, der für die Ideen und Erzeugnisse Richard Wagners und Berlioz' Propaganda machte. Nachdem L. 1859 seine Kapellmeisterstelle aufgegeben hatte, wandte er sich nach Rom, wo er 1865 in den geistlichen Stand trat und fortan als Abbé lebte. Später hielt er sich zeitweilig in Pest auf, wo er an der neu gegründeten königlich ungar. Musikakademie als deren Präsident wirkte. Er starb 31. Juli 1886 in Bayreuth. Aus seiner Verbindung mit der Gräfin d'Agoult (s. d.) entsprossen drei Töchter. Ein Denkmal wurde ihm 1893 in Ödenburg errichtet.

Als Klavierspieler bewegte sich L. auf den höchsten Gipfeln der Technik mit Sicherheit, und alles, was er vortrug, hatte den Stempel vollendeter Genialität. An Gedächtniskraft und an Fertigkeit des Primavista-Spielens, selbst der kompliziertesten Partituren, hatte er kaum seinesgleichen. Bei den Leistungen L.s als Komponist hat man zu unterscheiden zwischen dem, was er während seiner Virtuosenlaufbahn, und dem, was er nach 1848 geschaffen hat. Die Erzeugnisse ans jener frühern Periode sind zum allergrößten Teil Klavierstücke, die als Widerspiegelung seiner großen Virtuosität und durch viele neu aufgeschlossene Klaviereffekte Interesse gewähren. Als hervorragende, geniale Klavierkompositionen erfreuen sich die «Ungar. Rhapsodien» allgemeiner Beliebtheit; auch sein Es-dur-Konzert und seine H-moll-Sonate für Klavier sind bedeutende Werke. In den spätern Arbeiten gestaltet L. die bestehenden Kunstformen nach seiner individuellen Empfindung und sucht die Tonkunst in neue Bahnen einzulenken. Das in diesem Sinne von ihm Geschaffene besteht hauptsächlich in Orchesterstücken mit einem zu Grunde gelegten poet. Programm, die er «sinfonische Dichtungen» benannt hat («Tasso», «Die Hunnenschlacht», «Die Ideale», «Orpheus», «Prometheus» u.s.w.). Die «Faust-» und die «Dante-Sinfonie» sind die Höhepunkte seines reformatorischen Schaffens. Diesen genial angelegten Kompositionen schließen sich kirchliche Werke an (zwei große Messen, die Oratorien: «Die heil. Elisabeth», «Christus» u.s.w.). Auch als geistvoller Schriftsteller bewährte sich L. sowohl in Journalen wie in den Schriften «De la Fondation-Goethe à Weimar» (Lpz. 1851), «Lohengrin et Tannhaüser de Richard Wagner» (Anmerkung des Editors: richtig: Tannhäuser ) (ebd. 1851), «Fr. Chopin» (Par. 1852; deutsch von La Mara, 2. Aufl., Lpz. 1896) und «Des Bohémiens et de leur musique en Hongrie» (ebd. 1859). Eine eingehende Charakteristik veröffentlichte er über den Liederkomponisten Robert Franz (Lpz. 1872). Seine Schriften erschienen in 6 Bänden (Lpz. 1880–83). Der «Briefwechsel zwischen Wagner und L.» erschien 1888 (2 Bde., Leipzig): «Franz L.s Briefe» (3 Bde., ebd. 1893–94; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl. 1894) und «Briefe hervorragender Zeitgenossen an Franz L.» (2 Bde., ebd. 1895) gab La Mara heraus. Ein Liszt-Verein besteht seit 1885 in Leipzig; eine Liszt-Stiftung für junge Musiker wurde 1888 von der Fürstin Hohenlohe in Weimar begründet. – Vgl. Nohl, Beethoven, L., Wagner (Wien 1874); Lina Ramann, Franz L. (2 Bde., Lpz. 1880–93); Janka Wohl, Franz L. Erinnerungen einer Landsmännin (deutsch, Jena 1888); Nohl und Göllerich, Franz L. (2 Bde., Lpz. 1882–88, in Reclams «Universalbibliothek»).

Liszt, Franz von, Jurist, Vetter des vorigen, geb. 2. März 1851 zu Wien, studierte in Wien, Göttingen und Heidelberg, habilitierte sich 1875 in ↔ Graz, wurde 1879 ord. Professor in Gießen, 1882 in Marburg, 1889 in Halle. Auch ist er Leiter des 1887 in Marburg gegründeten, 1889 nach Halle verlegten kriminalistischen Seminars und Schriftführer der Internationalen kriminalistischen Vereinigung. L. ist ein entschiedener Vertreter der auf Umgestaltung der Strafgesetzgebung gerichteten kriminalpolit. Richtung und Gegner der formallogischen Jurisprudenz. Er schrieb: «Meineid und falsches Zeugnis» (Wien 1876), «Die falsche Aussage vor Gericht oder öffentlicher Behörde» (Graz 1877), «Lehrbuch des österr. Preßrechts» (Lpz. 1878), «Das deutsche Reichspreßrecht» (Berl. 1880), «Lehrbuch des deutschen Strafrechts» (ebd. 1881; 7. Aufl. 1896), «Die Reform des jurist. Studiums in Preußen» (Rektoratsrede, Berl. 1886), «Der ital. Strafgesetzentwurf» (Freib. i.Br. 1888), «Die Grenzgebiete zwischen Privat- und Strafrecht» (Berl. 1889) und giebt die «Abhandlungen des kriminalistischen Seminars» (1889 fg.) heraus. Mit Dochow begründete er die «Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft» (1881 fg.). Im Auftrage der Internationalen kriminalistischen Vereinigung leitet er die Herausgabe der «Strafgesetzgebung der Gegenwart in rechtsvergleichender Darstellung» (1894 fg.).

Lit., Abkürzung für Litera (Littera, lat.), Buchstabe.

Litai (Litä), s. Ate.

Li-tai-peh, chines. Lyriker (699–762), zog sich durch die Teilnahme an einer gegen den Kaiser gerichteten Bewegung die Verbannung nach Jün-nan zu, wurde jedoch in der Folge begnadigt und starb in der Nähe von Nan-king. Seine Schriften, meist poet. Inhalts (darunter besonders «Anacreontica»), füllen 30 Bücher. – Vgl. d'Hervey de Saint-Denys, Poésies de l'époque des Thang (Par. 1862).

L'Italĭa farà da se, «Italien wird allein fertig werden», sprichwörtliche Devise des jungital. Freiheitskampfes, deren Urheber fraglich ist.

Litănei (vom griech. litaneia, «das Bitten»), in der kath. Kirche ein feierliches Gebet, das abwechselnd von dem Geistlichen oder einem Vorbeter und der Gemeinde gesprochen oder gesungen wird. (S. Responsorien.) Seit dem 5. Jahrh. gebraucht man die L. bei feierlichen Bittgängen (s. d.) als Bußgebet zur Abwendung allgemeiner Übel, wie Krankheiten, Überschwemmungen u.s.w. Zu bemerken sind besonders die angeblich von Mamertus im 5. Jahrh. für die drei Bittgänge vor Himmelfahrt angeordnete kleinere L. und die von Gregor d. Gr. für den Markustag bestimmte größere L. (Litania septiformis major). Den Anfang der L. bildet immer der Ruf: «Kyrie eleison» (s. d.). In der evang. Kirche wird noch jetzt die von Luther überarbeitete L. häufig beim Bußtagsgottesdienst gebetet. Bei den Herrnhutern heißt die am Sonntag Vormittag der Predigt vorangehende Betstunde L.

Litauen (Lithauen, Littauen, lat. Lituania), früher ein mit dem poln. Reiche verbundenes Großherzogtum, bestand vor der Teilung Polens aus drei Ländermassen:

  • 1) aus dem eigentlichen L. oder Litwa, welches die Woiwodschaften Wilna und Troki bildete;
  • 2) aus dem Herzogtum Samogitien (s. d.), und
  • 3) aus dem litauischen Rußland oder den Woiwodschaften, die L. in früherer Zeit den Russen abgenommen hatte, nämlich dem alten Polessen (Woiwodschaft Brzesc), Schwarzrußland oder Nowogrodek und Weißrußland oder Minsk, Mscislaw, Witebsk, Smolensk, Polock und (seit 1625) poln. Livland.

Durch die Teilungen Polens fiel dieser

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 220.