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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Livias - Livingstone

herrschsüchtige Frau war, übte auf Augustus großen Einfluß, der nach dem Tode der Octavia, des Agrippa und Mäcenas noch wuchs. Ihr Streben ging dahin, ihren Söhnen, und nach Drusus' Tode (9 v. Chr.) dem Tiberius allein die Nachfolge zu sichern, was ihr auch gelang. Mit Unrecht ist sie aber der gewaltsamen Beseitigung der frühern Thronerben M. Claudius Marcellus, Lucius und Gajus Cäsar verdächtigt worden. Augustus' Liebe blieb ihr bis zum Ende. Mit Tiberius gemeinsam wurde L. D. testamentarisch zum Haupterben ernannt und zugleich in das Julische Geschlecht aufgenommen; sie hieß daher nun Julia Augusta. L. D. hat auch als Kaiserin-Mutter noch eine bedeutende Rolle gespielt, bis sie, 80 J. alt, 29 n. Chr. starb. - Vgl. Aschbach, L. D., Gemahlin des Kaisers Augustus (Wien 1864).

Livǐas, späterer Name von Beth Haram (s. d.) in Palästina.

Livīd (lat. lividus), bleifarbig, fahl; neidisch, mißgünstig.

Livǐer (Gens Livia), Name eines röm. plebejischen Geschlechts. Außer M. L. Drusus, Vater und Sohn (s. Drusus) und des letztern Schwester Livia, der Mutter des Cato Uticensis, sind hervorzuheben:

Marcus Livius Salinator, der als Konsul mit seinem Kollegen Ämilius 219 v. Chr. die Illyrier besiegte, aber wegen Unterschlagung eines Teils der Beute verurteilt wurde. 207 nochmals zum Konsul gewählt, befehligte er das Heer im nördl. Italien gegen Hasdrubal und besiegte ihn, unterstützt von seinem Kollegen, Gajus Claudius Nero, bei Sena. 205 kämpfte er gegen Mago in Ligurien, 204 wurde er Censor. Als solcher erhielt er wegen einer Salzsteuer den Spottnamen Salinator.

Livius Drusus wurde 54 v. Chr. wegen Erpressungen angeklagt, aber, von Cicero verteidigt, freigesprochen und tötete sich 42 v. Chr. nach der Schlacht bei Philippi. Er war wohl der Adoptivsohn des Tribunen Marcus Livius Drusus (s. d.) und Vater der Kaiserin Livia Drusilla (s. d.).

Livigno (spr.-winnjo),Valle di (deutsch Welsch-Livinen), die obere Thalstufe des Spölflusses in der ital. Provinz Sondrio. Das L., im obern Teile ein stilles liebliches Hochthal, im untern eine enge Schlucht, erstreckt sich, 24 km lang, von der Forcola di L. (2328 m) bis zur Mündung des Val del Gallo, wo der Spölfluß ins Unterengadin übertritt, und zählt in den Dorfschaften Sta. Maria, San Rocco und Trepalle in dem gleichnamigen Seitenthal 837 E. Die Forcola di L. führt zur Berninastraße, der Foscagnopass (2300 m) durch Val Trepalle und Val Viola nach Bormio. Der Hauptweg des Thals mündet in die Ofenstraße (Zernez-Münsterthal) ein.

Livignoalpen, s. Ostalpen.

Livilla, Tochter des Nero Claudius Drusus (s. Drusus).

Livinallongo, Pieve di, s. Buchenstein.

Livǐnen, Bezirk im schweiz. Kanton Tessin, hat 442 qkm und (1888) 9738 E., darunter 78 Evangelische, in 21 Gemeinden. Hauptort ist Faido (s. d.).

Livǐnenthal, deutscher Name der Thäler Leventina (s. d.) im schweiz. Kanton Tessin und Livigno (s. d.) in der ital. Provinz Sondrio.

Livingston (spr. liwwingst'n), Hafen von Guatemala am Golfo Amatique des Karibischen Meers, an der Mündung des Rio Dulce, steht durch Postdampfer in Verbindung mit Neuorleans; wichtig ist die Ausfuhr von Kaffee, Zucker und Südfrüchten.

Livingstone (spr. liwwingst'n), David, Forschungsreisender, geb. 19. März 1813 zu Blantyre bei Glasgow als Sohn eines Krämers, kam in seinem 10. Jahre in eine Fabrik, lernte Latein, wurde Baumwollspinner, studierte in den Wintermonaten zu Glasgow Griechisch, Medizin und Theologie und entschloß sich Missionar zu werden, um dadurch die Gelegenheit zur Bereisung fremder Weltteile zu erlangen. Er wurde von der Londoner Missionsgesellschaft aufgenommen und ging, als er zum Arzt promoviert war, im Auftrag derselben 8. Dez. 1840 nach Südafrika, wo er 31. Juli 1841 in Kuruman der Genosse seines Landsmanns Robert Moffat wurde, dessen Tochter er nachher heiratete. L. setzte sich von Anfang an als den Zweck seiner Missionsthätigkeit nicht möglichst viele Bekehrungsversuche, sondern vor allem die noch unerforschten Länder und die Sinnesart ihrer Bevölkerung eingehend zu studieren. Von Kuruman zog er 1846 nach Kolobeng und gründete hier 1847 die ersten Stationen. Am 1. Juni 1849 unternahm er in Begleitung Oswells und Murrays seinen ersten größern Ausflug ins Innere, auf dem er den großen See Ngami (1. Aug.) und den Sugafluß erreichte. Beim Vordringen nach Norden kam er 1851 zu Setschcke am Liambai, dem obern Sambesi, und faßte hier den Entschluß zu seiner ersten epochemachenden Reise nach der Küste von Angola. Nachdem er seine Familie in der Kapstadt nach Europa eingeschifft hatte, brach er 8. Juni 1852 auf, verfolgte den Sambesi bis zu seinen Quellen, überschritt die Wasserscheide dieses und des Kassai und kam über Kassansche 31. Mai 1854 nach Loanda. Vom 20. Sept. 1854 bis 12. Mai 1856 durchkreuzte L. den ganzen Kontinent von Loanda bis Quelimane an der Ostküste und entdeckte bei dieser Reise im Nov. 1855 die Victoriafälle des Sambesi. Nach England zurückgekehrt, schrieb er "Missionary travels and researches in South Africa" (Lond. 1857; deutsch von Lotze, 2 Bde., Lpz. 1858) und erhielt von der Regierung den Auftrag, die von ihm erforschten Regionen von neuem zu besuchen. Mit seinem Bruder Charles L. fuhr er auf einem kleinen Dampfer den Sambesi hinauf in den Schire hinein, entdeckte 18. April 1859 den Schirwasee und bei einem erneuten Vorstoß 16. Sept. den Njassasee. 1860-64 machte er Exkursionen den Sambesi aufwärts bis zur Mündung des Kafue, nach dem Rovuma und in die Landschaften südlich und westlich (bis zum Loangwa) vom Njassasee. L. kehrte 1864 nach England zurück, wo er die "Narrative of an expedition to the Zambesi" (Lond. 1865; deutsch Jena 1866) herausgab.

Im März 1865 zum brit. Konsul für das innere Afrika ernannt, landete er im Jan. 1866 in Sansibar. Er folgte dem Rovuma, drang bis zum Südende des Njassa, den er 13. Sept. 1866 erreichte, überschritt 28. Jan. 1867 den Tschambesi, kam im April an das Südende des Tanganikasees, erreichte 8. Nov. den Luapula und den Moerosee und kam 28. Nov. in Kasembes Stadt an, von der er 22. Dez. wieder aufbrach, um nach Norden bis Ujiji vorzudringen. Doch wurde er durch die Regenzeit zur Umkehr gezwungen und traf 5. Mai 1868 wieder in Kasembes Stadt ein. Nun wandte er sich nach Süden, entdeckte 18. Juli 1868 den Bangweolosee, erreichte 14. Febr. 1869 den Tanganika, den er befuhr, bis er 13. März Ujiji erreichte. Die nächsten Jahre durchzog er das Manjemaland im Nordwesten des Sees und entdeckte bei Njangwe einen mächtigen Strom, den Lualaba, dessen Oberlauf er früher in dem Luapula gefunden hatte und dessen weitern Verlauf in das