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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: London

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London (Weltliche Bauten)

die Themse gewährt. An der Nordostecke des Hydepark steht Marble Arch, ein Triumphbogen mit Bronzethoren und Reliefs; vor der Westminsterabtei die Westminstersäule (19 m), an der Waterlootreppe die York Column (38 m). Auf dem Victoria-Embankment, einem 2 km langen, 32 m breiten Quai (1864-70 für 2 Mill. Pfd. St. angelegt), zwischen Blackfriars- und Westminster-Bridge, steht u. a. die Nadel der Kleopatra, ein Obelisk (21 m) aus Alexandria. - Von den mit Ziergärten, Teichen, Promenaden, Spielplätzen versehenen öffentlichen Parks seien neben den schon erwähnten genannt: im Westend: Lincoln's Inn-Fields im S. von Holborn, Park Crescent und Park Square im O. und Primrose-Hill im NW. von Regent's Part, Grosvenor-Square, die Public-Gardens in Chelsea und die Recreation-Grounds in Paddington. Der großartigste Komplex neben Hydepark (s. d.) und Kensington-Gardens ist im S. von Piccadilly Greenpark (28 ha) und Palace-Gardens und, durch den Buckinghampalast davon getrennt, St. James' Park, einst ein Sumpf, dann von Lenôtre und von Nash angelegt, im N. vom Mall, im O. von den Rcgierungsgebäuden begrenzt. Die Stadtviertel im N. und O. besitzen seit 1842 bei Hackney einen Erholungsplatz im Victoriapark (117 ha, für 130000 Pfd. St. angelegt) mit drei Teichen und Cricketplatz; ferner die London-Fields, den Finsburypark und den schattigen Clissoldpark. Das Südufer besitzt im O. den Southwarkpark in Rotherhithe, im W. den herrlichen Batterseapark (75 ha) mit seinen tropischen Gewächsen, ferner Kennington- und Dulwichpark sowie in Lambeth seit 1890 den Vauxhallpark. Die zahlreichen mit Gartenanlagen versehenen Squares gehören meist den Anwohnern; einige stehen jedoch dem Publikum offen.

Weltliche Bauten. L. ist keine schöne Stadt, hauptsächlich deshalb, weil die einheitliche Verwaltung fehlt; Backsteinbauten herrschen vor; Geschäftsreklamen verunzieren die Häuser. Künstlerisch hervorragende Bauwerke sind nicht zahlreich; bei modernen Gebäuden, wie Geschäftshäusern, Theatern und Bahnhöfen ist nur Zweckmäßigkeit bestimmend. Ans früherer Zeit stammen: Guildhall, das Rathaus, 1411-31 aufgeführt, 1789 mit Façade versehen, später mehrfach restauriert, enthält eine große Halle (46 m lang) mit den beiden riesigen Holzfiguren Gog und Magog, in der alljährlich das Lord-Mayor-Bankett stattfindet, Räume für Gerichtsverhandlungen, eine Freibibliothek (60000 Bände) und eine Gemäldesammlung (Corporation Art Gallery); die got. Crosby-Hall (1466), einst Wohnung Richards III., jetzt Restaurant, und zahlreiche Zunfthäuser; am Strand der Temple mit schöner got. Halle (1572), Somerset-House, 1776-86 von Chambers (s. d.) umgebaut, mit zwei modernen Flügeln, einst Residenz der Königinnen, jetzt Sitz zahlreicher Staatsbehörden; die Front zur Themse ist 240 m lang, das Gebäude soll im ganzen 3600 Fenster haben. Ein Meisterwerk von Inigo Jones ist der Bankettsaal, der einzige Rest des Palastes Whitehall, den sog. Horse-Guards (s. d.) gegenüber, jetzt als Kapelle benutzt, mit Gemälden von Rubens an der Decke. Der Palast war einst Residenz Kardinal Wolseys, dann Elisabeths, Karls I., Cromwells und Karls II. Nach Wrens Plan ist 1710 Marlborough-House am Mall erbaut, jetzt Wohnung des Prinzen von Wales. In seinen ältesten Teilen aus dem 13. Jahrh. stammt Lambeth-Palace rechts von der Themse, die Wohnung der Erzbischöfe von Canterbury, mit Halle, Porträts der Erzbischöfe seit 1553 in der Guard-Chamber (Laud von van Dyck) und dem frühern Gefängnis. Das schönste Bauwerk ist das spätgot. Parlamentsgebäude mit Westminster-Hall (s. Tafel: Parlamentsgebäude II, Fig. 1). Es wurde 1840-52 nach dem Entwurf von Sir Charles Barry (s. d.) für 3 Mill. Pfd. St. aufgeführt und bedeckt mit seinen 1100 Zimmern und 11 Höfen einen Flächenraum von 3,25 ha. Von den drei Türmen ist der Victoria-Tower 103 m, der Uhrturm an der Westminsterbrücke 97 m und der mittlere 91 m hoch. Die Façade an der Themse ist 275 m lang und mit Statuen aller engl. Herrscher geschmückt. Das Innere ist reich mit Fresken, Statuen (500), Glasmalereien, Holzschnitzarbeiten, Mosaiken, Bronzekandelabern u. s. w. ausgestattet. Besonders schön sind die Sitzungssäle des Hauses der Lords mit dem Thron und den roten Saffiansitzen der Peers und des (räumlich nicht ausreichenden) Unterhauses mit eichenem Tafelwerk, die achteckige Central-Hall mit venet. Glasmosaik und Herrscherstatuen sowie die anschließenden Korridore mit je 8 Freskogemälden, der Queen's Robing-Room nebst der mit Fresken (s. Tafel: Englische Kunst II, Fig. 10) geschmückten Victoria-Gallery und St. Stephen's Hall (1330 gegründet, 1834 renoviert), mit Marmorstandbildern der großen Staatsmänner, die zur Westminster-Hall führt. Diese, an Stelle des von Wilhelm Rufus begonnenen Palasts 1398 und 1820 umgebaut, 73 m lang, 28 m hoch, ohne Säulen, war einst Schauplatz der Absetzung Eduards III. (1327), Richards II. (1394), der Ernennung Cromwells zum Lord-Protektor, der Verurteilungen des Thomas Morus, Somersets, Essex', Guy Fawkes', des Prozesses gegen Warren Hastings u. a. Der Nordostflügel des gewaltigen Gebäudes ist die Residenz des Sprechers des Unterhauses.

Von den königl. Palästen diente der St. James-Palast von Wilhelm III. bis auf Georg IV. als ständiger Wohnsitz der Könige. Es ist ein Backsteinbau, nach dem Brande von 1809 größtenteils neu aufgeführt mit glänzender innerer Ausstattung, wo bis 1861 der Drawing-Room (s. d.) stattfand. Die jetzige Residenz ist Buckingham-Palace, 1825 von Nash an Stelle des Schlosses des Herzogs von Buckingham erbaut, mit neuerer (1846) Ostfaçade, kostbaren Staatsgemächern, Thron- und Ballsaal sowie Gemäldesammlung (Teniers, Rembrandt, Rubens, Potter, Ruisdael, Tizian u. a.). Kensington-Palace im W. von Kensington-Gardens stammt aus der Zeit Wilhelms III. Im O. und SO. des Hydeparks, in den Stadtteilen Mayfair und Belgravia, liegen zahlreiche Paläste der reichen Adelsgeschlechter. Historisch bekannt ist Holland-House (Tudorstil) in Hollandpark. Von Klubhäusern sind hier zu nennen: der Constitutional-Club in der Northumberland-Avenue, wo auch die schönsten Hotelbauten liegen, Union-Club, Athenäum, Reform- und Carlton-Club in Pall Mall, St. James-, Naval and Military-Club in Piccadilly, Junior-United-Service-Club in Regent's Street. Die Ministerien liegen in Whitehall und Downing-Street. Ein schöner Renaissancebau sind hier die neuen Public-Offices (1868-73 für 500000 Pfd. St.); sie enthalten das Home-Office, Foreign-, Colonial- und India-Office. Im New-Record-Office unweit der St. Dunstanskirche bei Fleet-Street, einem feuerfesten Gebäude im Tudorstil (1851-66), sind