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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lucca (Pauline) - Lucchesini

gänge bieten, ist Sitz eines Erzbischofs, eines Appellhofs und eines Tribunals erster Instanz und hat (1881) 22 735, als Gemeinde 68 063, (1891) 76 000 E., in Garnison das 22. Kavallerieregiment, krumme und enge Straßen sowie unansehnliche Häuser. Der roman. Dom San Martino, 1060-70 erbaut, ist im 14.Jahrh. im got. Stile umgebaut; er besitzt ein Altarbild von Fra Bartolommeo (1509; s. Tafel: Italienische Knust VII, Fig. 7) und Marmordenkmäler. Die dreischiffige Basilika San Frediano, aus dem 7. Jahrh., ist im 12. Jahrh. umgebaut und 1827 erneuert. Ferner bestehen viele andere Kirchen, Denkmäler der Herzogin Marie Luise von Bourbon, von Bartolini (1843), zum Danke für die von ihr 1823-32 angelegte Wasserleitung, und Garibaldis, von Lucchesi (1889), Standbilder des F. Burlamacchi (hingerichtet 1548), Karls III. von Spanien (1822), Victor Emanuels II. (1885), ein Palazzo pubblico, 1578 nach Ammanatis Entwurf begonnen, aber nicht vollendet, mit Altertümer- und Gemäldesammlung (Bilder von Pontormo, Tintoretto, Giulio Romano, Fra Bartolommeo u. s. w.), ein erzbischöfl. Palast, Reste eines röm. Amphitheaters (124 m lang, 97 m breit) aus der ersten Kaiserzeit und eines Theaters.

^[Abb.]

An Bildungsanstalten bestehen eine königl. Akademie für Wissenschaften, Litteratur und Künste (1684 begründet), eine andere, den ähnlichen Zweck verfolgende Akademie (Accademia dei filomati), eine königl. Kunstakademie, ein Lyceum, ein Gymnasium, eine Dombibliothek, reich an mittelalterlichen Miniaturen, eine erzbischöfl. Bibliothek mit Handschriften und seltenen Ausgaben, eine Biblioteca Reale mit Handschriften (lat. Gedichte Tassos, von seiner Hand geschrieben) und alten Drucken und eine öffentliche Bibliothek von 58 000 Bänden. Die Stadt hat Seiden-, Sammet-, Baumwoll- und Tuchfabriken, Eisengießerei, Glas- und Strohpapierfabriken, und treibt starken Handel mit Seide und Öl sowie Feldbau. In der Nähe der Stadt giebt es viele Villen, darunter die Villa di Marlia (5 km enfernt); 15 km westlich die röm. Ruine Bagni di Nerone, 25 km nördlich die Bagni di Lucca (s. Bagno [Badeorte]).

Geschichte. Die alte, ursprünglich etrusk., später ligur. Stadt Luca wurde 177 v. Chr. von den Römern in Besitz genommen und durch eine röm. Kolonie verstärkt und gehörte zu der Provinz des cisalpinischen Galliens. Nach dem Sturze des Römischen Reichs gehörte L. den Goten, später den Langobarden (bis 774) und Franken (bis 962), und bildete vor Florenz den Hauptplatz der Grafschaft Tuscien, um bei deren Verfall im 12. Jahrh. zur Freistadt zu werden. Parteikämpfe zwischen Guelfen und Ghibellinen, Adel und Volk schwächten es, so daß es 1314 sich dem Uguccione della Faggiuola, dem Herrscher von Pisa, unterwerfen mußte. Nach dessen Vertreibung kam es in die Gewalt des Castruccio Castracane (s. d.); ihn ernannte Ludwig der Bayer 1327 zum Herzog von L. Und Reichsstatthalter in Toscana. Nach seinem Tode (1328) kam L. durch Kauf nacheinander an die Spinola von Genua, König Johann von Böhmen, die Rossi von Parma, die Scaliger von Verona und an Florenz, dann durch Eroberung an Pisa. Unter bezahlter Beihilfe Karls IV. wieder unabhängig geworden (1370), erhielt es sich mit Unterstützung Genuas von Florenz frei. 1628 kam die Regierung in die Hand weniger Geschlechter, bis es, 15. Jan. 1799 von den Franzosen erobert, sich eine neue Verfassung aufdringen lassen mußte. Napoleon gab 1805 die Republik L. als Fürstentum seiner Schwester Elisa Bacciocchi (s. d.), und 1814 von den Neapolitanern, dann von den Österreichern bis 1816 besetzt, kam es, bis Parma frei wurde, an die Herzöge von Parma. Karl Ludwig von Bourbon, Sohn der 1824 gestorbenen Marie Louise, verwitweten Exkönigin von Etrurien, trat es angesichts der Bewegung in Italien kurz vor seiner Thronbesteigung in Parma nach dem Tode der Witwe Napoleons I., Marie Luise, der Parma auf Lebenszeit verliehen war, im Okt. 1847 an Toscana ab. - Vgl. Memorie e documenti per servire all' istoria dello stato e città di L. (14 Bde., Lucca 1813-60); A. von Reumont, Fr. Burlamacchi (in Raumers "Historischem Taschenbuch"), Lpz. 1849); T. Del-Carlo, Storia popolare di L. (2 Bde., Lucca 1877).

Lucca, Pauline, Dramat. Sängerin, geb. 25. April 1844 zu Wien, sang schon als Kind in Kirchenmusiken, trat 1858 als Choristin beim Kärntnerthortheater ein und erhielt 1859 ein Engagement in Olmütz, 1860 ein solches am Deutschen Theater in Prag, wo sie sich bald die Gunst des Publikums erwarb. Im April 1861 siedelte sie nach Berlin über. Hier errang sie als Mitglied der Königlichen Oper große Erfolge. Am 25. Nov. 1865 verheiratete sie sich mit dem Baron von Rhaden, wurde mit lebenslänglichem Engagement und Pension zur königl. Kammersängerin ernannt und verbreitete ihren Ruhm durch zahlreiche Gastspiele in Deutschland, England (seit 1863) und Rußland (seit 1867). 1872 verließ sie nach einem Streit mit dem Publikum die Berliner Königliche Oper, reiste 1873-74 in Amerika, wo sie sich, nachdem ihre erste Ehe gerichtlich gelöst worden war, mit von Wallhofen verheiratete. Seit 1880 trat sie wieder mehrmals in Berlin auf, war dann in Wien engagiert und zog sich später nach Gmunden zurück. Sie ist eine ausgezeichnete Darstellerin der Soubretten- und Spielopernpartien und beherrscht ebenso moderne tragische Rollen.

Lucchesttti (spr. lukke-), Girolamo, Marchese, preuß. Staatsmann, aus einer lucchesischen Patricierfamilie, geb. 7. Mai 1751 in Lucca, wurde durch d'Alembert an Friedrich d. Gr. empfohlen, der ihn 1780 zu seinem Bibliothekar und Vorleser mit dem Titel eines Kammerherrn ernannte. Friedrich Wilhelm II. schätzte den Marquis als gewandten Unterhändler und gebrauchte ihn zu diplomat. Missionen. 1787 vermittelte L. in Rom zwischen der Kurie und dem Mainzer Erzbischof, brachte einen Ausgleich zu stande und erlangte die Bestätigung dcr Wahl Dalbergs zum Koadjutor von Mainz. Seit April 1789 Gesandter in Warschau, wußte er durch geschickte Intriguen den preuß. Einfluß bei den Polen zu vermehren und die Verbindung der Republik mit Rußland und Österreich zu lockern; im März 1790 wurde die preuß.-poln. Allianz durchgesetzt. Bei dem Könige wirkte L. den Plänen Hertzbergs entgegen; nach dessen Entlassung wurde er neben Bischoffwerder der Leiter der preuß. Politik. Im franz. Feldzuge (1792) begleitete er den König zur Führung der diplomat. Unterhandlungen, wurde dann im Nov. 1793 zum Gesandten in Wien und zum Staatsminister ernannt. Dem Kriege gegen Frankreich abgeneigt, beförderte er den Baseler Frieden mit der