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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ludwig II. (König von Bayern)

von Gelehrten und Künstlern (Cornelius, Overbeck, Schnorr von Carolsfeld, Thorwaldsen u. s. w.) um sich und richtete sein Privatleben mit der höchsten Sparsamkeit ein, um zur Unterstützung der Kunst und Künstler wie zum Ankauf von Kunstschätzen für seine Sammlungen möglichst viele Mittel zur Verfügung zu haben. Nach dem Sturze Montgelas' trat L.s Wirken auch im bayr. Staatsleben hervor. Ein Memorandum von seiner Hand wurde die Grundlage der 1818 gegebenen Verfassung, die er 27. Mai 1818 beschwor. Nachdem L. 13. Okt. 1825 den Thron bestiegen hatte, zog er ausgezeichnete Gelehrte und Künstler in seine Nähe, verlegte die Universität von Landshut nach München, reorganisierte die Akademie der Künste und ließ die prachtvollsten Bauten ausführen, unter denen das Odeon, die königl. Residenz, der Wittelsbacher Palast, die Basilika, die Allerheiligen-, die Ludwigs-, die Marienkirche in der Vorstadt Au, die Ruhmeshalle, die Feldherrenhalle, das Siegesthor, die Bibliothek, das Universitätsgebäude, die Pinakotheken, die Glyptothek, das Kunstausstellungsgebäude, die Propyläen, die Walhalla bei Regensburg, die Ruhmeshalle und die Befreiungshalle auf dem Michaelsberge bei Kelheim, die Verschönerungen der Dome in Bamberg, Regensburg und Speyer u. s. w. besonders hervorzuheben sind. Auch als Dichter trat L. auf. Seine "Gedichte" (Münch. 1829; 3. Aufl., 3 Bde., 1839; ein 4. Bd. 1847; spätere Gedichte hg. von Laubmann, ebd. 1888) sind durch eine barocke Sprachform gekennzeichnet. Die romantische Gesinnung des Königs zeigte sich z. B. in seiner Begeisterung für die Hellenen, denen er außer bedeutenden materiellen Opfern auch seinen Sohn Otto zum Könige gab (1835-36 machte L. selbst eine Reise nach Griechenland); dann in der Erbauung des Ludwigskanals, in seiner Schwärmerei für die mittelalterlichen Einrichtungen der kath. Kirche, die viel böses Blut machte, und namentlich in seiner Auffassung des Königtums, die ihn vollends mit dem Zeitgeiste in Widerspruch und unlösbaren Zwiespalt brachte. Schuf sich L. durch sein Streben auf dem Gebiete der Künste unvergänglichen Ruhm, so war sein polit. Wirken vielfach unglücklich. So groß seine Verdienste um den Zollverein waren, so begann er doch schon seit der Julirevolution den Liberalismus zu beargwöhnen. Mißtrauen und Entfremdung drängten sich zwischen Volk und König, der nach dem Hambacher Feste (s. Hambach) sich in eine durchaus absolutistische Richtung hineindrängen ließ. Die Reaktion befestigte sich vollends, als Abel (s. d.) 1838 Minister wurde. Aber seit den vierziger Jahren erstarkte auch die Opposition. Schon 1840 fing L. an zu begreifen, daß er auf falscher Bahn sei. Er entzog Abel das Kultusministerium. Der Konflikt mit der span. Tänzerin Lola Montez (s. d.), der Geliebten des Königs, machte den Sturz des Ministeriums vollkommen. Doch L. gewann das Vertrauen nicht wieder. Im Febr. 1848 kam es in München zu unruhigen Auftritten, denen Lola Montez weichen mußte. Bald darauf ward auch Bayern von der revolutionären Bewegung ergriffen, infolge deren L. 20. März 1848 die Regierung in die Hände seines ältesten Sohnes Maximilian II. niederlegte. Seitdem lebte er als Privatmann, all sein Streben der Kunst widmend; er starb nach kurzer Krankheit 29. Febr. 1868 in Nizza und wurde in der Basilika in München beigesetzt. Sein Reiterstandbild (von Widnmann modelliert) ziert seit 1802 den Odeonsplatz in München; 1891 wurde sein Marmorstandbild (von Knoll) in Kissingen enthüllt. L. stiftete 25. Aug. 1827 den Ludwigsorden und erneuerte 16. Febr. 1837 den Verdienstorden vom heil. Michael. Nach 44jahriger glücklicher Ehe starb seine Gemahlin 26. Okt. 1854, die ihm vier Söhne: seinen Nachfolger Maximilian II., den König von Griechenland Otto, den jetzigen Prinzregenten Luitpold, Adalbert (gest. 21. Sept. 1875) und vier Töchter gebar: Mathilde (gest. 25. Mai 1862 als Gemahlin des Großherzogs Ludwig III. von Hessen), Adelgunde, Gemahlin und seit 1875 Witwe des Herzogs Franz V. von Modena, Hildegard (gest. 2. April 1864 als Gemahlin des Erzherzogs Albrecht von Österreich) und Alexandra (geb. 1826, gest. 1875). - Vgl. Sepp, Ludwig Augustus (Schaffh. 1869); Heigel, Neue histor. Vorträge (Münch.1883); ders., Quellen und Abhandlungen zur neuern Geschichte Bayerns (ebd. 1884; Neue Folge 1890); ders., Histor. Vorträge und Studien (Dritte Folge, ebd. 1887); ders., L. I., König von Bayern (2. Aufl., Lpz. 1888); Trost, König L. I. von Bayern in seinen Briefen an seinen Sohn, den König Otto von Griechenland (Bamb. 1891).

Ludwig II., Otto Friedrich Wilhelm, König von Bayern (1864-86), geb. 25. Aug. 1845 zu Nymphenburg, Sohn des Königs Maximilian II., wurde 10. März 1864, als er eben seine Universitätsstudien beginnen wollte, durch den Tod seines Vaters auf den Thron berufen. Erzogen nach einer Methode, die weniger nach der Natur und den Neigungen des Zöglings, als nach den Anforderungen sah, die man an den zukünftigen Fürsten stellte, empfing sein Selbstleben und Selbstwollen schon früh harte Schläge. In der Politik ließ er den Ministern seines Vaters zunächst freie Hand. Der Minister von Schrenck blieb am Staatsruder, und als später von der Pfordten ihn ablöste, war dies mehr ein Wechsel der Person als des Systems. In der schlesw.-holstein. Frage war Bayern fest engagiert. Eine Änderung der Bahn war unmöglich, und als es infolge dieser Frage zum Kriege von 1866 kam, traf den Staat ein Unglück, für das dem jungen König keine Verantwortung zugeschoben werden kann. Sein Wirken für die geistige und sittliche Befreiung des Volks, seine energische und liebevolle Arbeit für den Aufschwung der Kunst (Richard Wagner) und Wissenschaft begegneten dem schwersten Widerstande. Deshalb trieb es den König in die romantische Einsamkeit der Entsagung. Hier baute er sich eine Märchenwelt mit fabelhaftem Prachtaufwande. Als Frankreich 1870 den Krieg an Preußen erklärte, stellte L. diesem, den Verträgen von 1867 zufolge, sofort seine Truppen zur Verfügung und ließ sich auch bestimmen, ein von Bismarck entworfenes Schreiben an die deutschen Fürsten und Freien Städte zu richten, in dem der Wunsch nach Wiederherstellung eines Deutschen Reichs und der Kaiserwürde ausgesprochen war. Doch gewann allmählich die Empfindung eines "Zwanges" in ihm die Herrschaft. Nach dem Kriege traten die kirchlichen Fragen wieder in den Vordergrund. L. nahm an denselben lebhaften Anteil; aber auch hier gerieten seine Bestrebungen bald an die harte Grenze der Wirklichkeit. So trieb es den König auf die Bahn der Isolierung, und aus der polit. Reserve trat L. nur mehr vor, wenn es galt, ultramontane Übergriffe energisch zurückzuweisen. Seine großartigen Bauten in den bayr. Bergen schienen seine ganze Arbeitslust in Anspruch zu nehmen. Trotz seiner nicht unbedeutenden