Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Luthardt'
«Römerbrief» (Münch. 1880–87, 2. Aufl. 1894), ferner das «Kompendium der theol. Ethik» (Lpz. 1896). Für
ein größeres Publikum berechnet sind: die «Apologie des Christentums» (Bd. 1, Lpz. 1804; 11. Aufl. 1889;
Bd. 2, 6. Aufl., ebd. 1890; Bd. 3, 4. Aufl., ebd. 1889; Bd. 4, 2. Aufl., ebd. 1880), «Die Kirche nach ihrem
Ursprung, ihrer Geschichte, ihrer Gegenwart» (mit Kahnis und Brückner, ebd. 1865; 3. Ausg. 1888),
«Gesammelte Vorträge» (ebd. 1870), «Die Kirche in ihrer Bedeutung für das öffentliche Leben»
(ebd. 1882), «Zur Einführung in das akademische Leben und Studium des Theologen» (ebd. 1892). Auch
hat er mehrere «Predigtsammlungen» (Bd. 1–11, ebd. 1801–92 u. ö.) und «Erinnerungen aus vergangenen
Tagen» (ebd. 1889; 2. Aufl. 1891) veröffentlicht. L. übt großen Einfluß durch seine «Allgemeine evang.-luth.
Kirchenzeitung» (seit 1868) aus, der seit 1880 das «Theol. Litteraturblatt» und die (eingegangene)
«Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben» zur Ergänzung dienen.
Luther, Martin, Begründer des deutschen Protestantismns,
geb. 10. Nov. 1483 zu Eisleben, wohin sein Vater, der Bergmann Hans L., aus dem Dorfe Möhra bei
Eisenach, und seine Mutter Margarete, geborene Ziegler, gezogen waren. Nach einem halben Jahre siedelte
sein Vater nach Mansfeld über. Von L.s drei Brüdern wird nur einer mit Namen genannt, Jakob; die andern
starben an der Pest. Seine Schwestern hießen Barbara, Dorothea, Katharina und Marie. Mit diesen
Geschwistern wurde L. streng erzogen. Bis zu seinem 14. Jahre besuchte er die Mansfelder Schule, 1497
kam er nach Magdeburg, wo er zu den Brüdern vom gemeinsamen Leben in die Schule ging und durch
Kurrendsingen seinen Unterhalt mit erwerben mußte. 1498 ging er nach Eisenach, wo Verwandte wohnten;
dort besuchte er die Lateinschule unter dem Rektor Trebonius und wurde von der frommen Frau Ursula
Cotta unterstützt. L. bezog 1501 die Universität zu Erfurt, um nach dem Willen seines Vaters
Rechtswissenschaft zu studieren. Zunächst jedoch wandte er sich den Humanitätsstudien sowie der
scholastischen Philosophie zu. 1505 wurde er Magister.
Da wurde aber teils durch die Bekanntschaft mit einer Bibel, die er auf der Universitätsbibliothek fand, teils
durch den plötzlichen Tod eines Freundes, vor allem aber durch eine heftige Krankheit die Vorstellung der
menschlichen Unheiligkeit und der göttlichen Strafgerechtigteit so lebendig in ihm angeregt, daß er der
heil. Anna das Gelübde that, Mönch zu werden. Am 17. Juli 1505 trat er gegen seines Vaters Willen in das
Kloster der Augustiner-Eremiten zu Erfurt. Allein selbst die strengste Ascese befreite ihn nicht von seiner
Seelenangst, bis ihn ein alter Ordensbruder auf die Vergebung der Sünden durch den Glauben an Jesum
Christum verwies. Diese damals über dem Dringen auf sog. gute Werke beinahe vergessene Lehre brachte
Trost ↔ und Licht in L.s Seele, und die Milde, mit welcher Staupitz, sein Ordensprovinzial,
ihn behandelte, wirkte ermunternd auf ihn. Staupitz befreite ihn von allen niedern Klosterdiensten und
ermahnte ihn zur Fortsetzung seiner Studien. 1507 erhielt L. die Priesterweihe und 1508 durch Staupitz den
Ruf als Professor der Philosophie an die neue Universität zu Wittenberg. Doch durfte er auch theol.
Vorlesungen halten, seit er 9. Mai 1509 das theol. Baccalaureat erhalten hatte. Zugleich begann er zu
predigen. Als er 1511 als Pilger und zugleich in Geschäften seines Ordens in Rom weilte, wurde er durch
den Leichtsinn und die Sittenlosigkeit des Klerus tief empört.
Im J. 1512 wurde L. zum Doktor der Theologie promoviert; in seinem Eid als
Doctor biblicus sah er die Verpflichtung, die christl. Wahrheit aus der
Schrift frei zu erforschen und zu verkündigen. Vom akademischen Lehrstuhle wie von der Kanzel aus, als
geistlicher Visitator und als Schriftsteller lehrte er das Bibelwort im streng Augustinischen Sinne. Auf seine
Ordensbrüder konnte er um so mehr einwirken, als er 1510 das Generalvikariat des Ordens für Staupitz
verwaltete; zugleich ward er 1516 zum Prediger an die Stadtkirche zu Wittenberg berufen. Die Fehde der
Reuchlinisten (s. Reuchlin), die eben im Gange war,
zerstörte den letzten Rest seiner Achtung für die scholastische Theologie. Zugleich trat er selbst mit einer
Reihe volkstümlicher und gelehrter Schriften auf. Zu jenen gehörte die Auslegung der Zehn Gebote, zu
diesen seine Auslegung des Römerbriefs, der Psalmen, des Vaterunsers, die Disputationen über die
Freiheit des Willens, über die Liebe, Gnade, Rechtfertigung, Buße (1510), die Herausgabe der
«Deutschen Theologie», der Sermon von Ablaß und Gnade (1517). Auch begann er bereits mit der
Übersetzung biblischer Bücher.
Großes Aufsehen machte es in ganz Deutschland, als er 31. Okt. 1517, gereizt durch
Tezels (s. d.) leichtfertigen Ablaßhandel, 95 Sätze über den Ablaß
an die Schloßkirche zu Wittenberg anschlug, um zu einer öffentlichen Disputation darüber einzuladen.
Weder die Streitschriften des Dominikaners Hogstraaten, des
Magister sacri palatii Prierias und des
Dr. Eck (s. d.), noch die Vorladung des Papstes nach Rom
konnten ihn zum Widerrufe bewegen. Auf Veranlassung des Kurfürsten von Sachsen, Friedrichs des
Weisen, unterblieb zwar seine Reise nach Rom; doch mußte er vor dem Kardinal
Cajetanus (s. d.) in Augsburg erscheinen (Okt. 1518). Da dieser aber nur auf Widerruf
von seiten L.s drang und L.s Freunde befürchteten, er werde ihn heimlich gefangennehmen und nach Rom
bringen lassen, floh L. 20. Okt., mit Einlegung einer Appellation «vom übel berichteten an den besser zu
unterrichtenden Papst», nach Wittenberg zurück. Hier wiederholte er seine Appellation nunmehr als eine
solche an ein allgemeines Konzil (28. Nov.), als Papst Leo X. die bisherige Theorie des Ablasses von
neuem (9. Nov.) bestätigt hatte. Durch die Bemühungen des Kammerherrn Karl von Miltitz wurde L. bei einer
Zusammenkunft in Altenburg (Jan. 1519) zum Versprechen des Schweigens willig gemacht, wenn seine
Feinde schweigen würden. In einem demütigen Briefe bezeugte L. noch einmal dem Papst Leo seine
Ergebenheit (3. März 1519). Da regte aber Eck den Streit von neuem auf, indem er
Karlstadt (s. d.) zur Disputation in Leipzig
(27. Juni bis 16. Juli 1519) aufforderte und auch L. in diese verwickelte. Durch diese
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 393.