Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

419

Lyon

Menschen bewohnt. Das vierte, die Hochebene de la Croix-Rousse, hat 36719 E., meist Seidenweber. Das fünfte, die alte Vorstadt Baise und das rechte Saôneufer, ein Arbeiterviertel, hat 59025 E., und das sechste, Les Brotteaux, ein vornehmes Villenviertel, 79204 E. Unter den Vororten sind Caluire-et-Cuire (1891: 9988 E.) im N. und Ecully (2935 E.) sowie Tassin-la-Demi-Lune (3479 E.) im W. Villenviertel, Villeurbanne (17940 E.) im O., St. Fons (4060 E.) im SO. und La Mulatière (3377 E.) sowie Oullins (8327 E.) im S. Industrieviertel. Die Stadt besitzt breite und regelmäßige Straßen, z. B. die Rue de la République, früher Rue Impériale und Rue de Lyon, die Rue de l’Hôtel de Ville, die neue Durchbruchstraße Rue Président Carnot im sog. Quartier Grolée, die Avenue de Saxe et de Railles (zum Parc de la Tête d’Or im NO. führend), den Cours Morand, Cours Gambetta und de la Liberté und den Boulevard de la Croix-Rousse, schöne Plätze (über 100), 26 ausgezeichnete Quais, von denen die des rechten Rhôneufers besonders berühmt sind, 9 Rhône- und 13 Saônebrücken.

Die Place Bellecour, einer der größten Plätze Europas, von stattlichen Gebäuden umgeben, enthält schöne Kastanienalleen, Springbrunnen, zwei Pavillons, einen Kiosk und die Reiterstatue Ludwigs ⅩⅣ. (seit 1825). Sodann sind hervorzuheben die Place des Terreaux mit einem nach dem Bildhauer Bartholdi benannten, durch die Hinrichtungen in der ersten Revolution berüchtigten Brunnen; Place Carnot, früher Place Perrache, mit einer «Republik»-Statue, Place Sathonay mit Kastanienpflanzungen, Place Sathonay mit dem Denkmal der Freiheit und der Statue Jacquards (1840), Place Tolozan mit der Bronzestatue des Marschalls Suchet (seit 1858). Unter den Brücken zeichnet sich vor allem aus der Pont de Tilsitt oder de l’Archevêché, der Pont Lafayette, der Pont de la Guillotière (282 m lang, mit 8 Bogen), Pont Morand (241 m) und Pont du Midi (3 Eisenbogen auf Steinpfeilern). Von den sehr zahlreichen Gotteshäusern (darunter 3 prot. Kirchen und eine Synagoge) sind die bedeutendsten: die alte Kathedrale St. Jean, ein 1476 vollendeter Bau in gemischtem byzant.-got. Stil, mit vier Türmen, prachtvollem Portal, einer der größten Glocken Frankreichs, einer prächtigen Standuhr, deren Schlagwerk an die Uhr des Straßburger Münsters erinnert, und vielen Gemälden, welche ihr der Kardinal Fesch schenkte; die Kirchen Ainay (auf der Stelle eines röm. Tempels), St. Nizier, St. Bonaventure und la Rédemption. Hoch über dem rechten Saôneufer erhebt sich die 1896 eingeweihte massige Kirche Notre-Dame de la Fourvière mit vier Türmen, im eigenartig modernisierten byzant. Stil mit überreicher Ausschmückung durch farbige Marmorsäulen. Von den übrigen öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus: das Hôtel de Ville (Rathaus), eins der größten Europas (1646‒56 von Simon Maupin erbaut, 1674 durch Feuersbrunst zerstört, 1702 von Mansart und 1868 besser von Desjardins restauriert), mit dem Stadtarchiv, den kühnen Bronzegruppen der «Rhône» und der «Saône», einem Glockenturm, Kuppeln und einer Reiterstatue Heinrichs Ⅳ. an der Façade; die 1891 vollendete Präfektur, die neuen Gebäude der mediz. Fakultät (im Hofe das Standbild des Physiologen Claude Bernard, 1894), der 1883 restaurierte Palast St. Pierre oder der schönen Künste, ursprünglich ein großes Benediktinerkloster, mit den Räumen der Kunstschule, den reichsten Museen der Stadt und zwei Bibliotheken; der Handels- und Börsenpalast; der Justizpalast (früher Palais de Roanne) mit einer Kolonnade von 24 korinth. Säulen. Noch sind zu erwähnen: das große Theater (1827‒30 von Soufflot aufgeführt) und das 1858 umgebaute Théâtre des Célestins, 1881 teilweise abgebrannt und neu aufgeführt; ferner die Bank, die Tabakfabrik, das Artilleriearsenal, mehrere Kasernen, besonders Part-Dieu oder Margaron.

Behörden, Bildungs- und Wohlthätigkeitsanstalten. L. ist Sitz eines Erzbischofs, eines prot. und eines israel. Konsistoriums, des Präfekten, eines Appellhofs, eines Gerichtshofs erster Instanz, eines Assisenhofs, eines Handelsgerichts, von sechs Friedensgerichten, einer Handelskammer, eines Gewerberates, einer Börse, einer Filiale der Bank von Frankreich, vieler Konsulate, des Generalkommandos des 14. Armeekorps, der 6. Kavalleriedivision und der 51. Infanteriebrigade. Die Garnison bilden Teile des 52., 96., 98. und 121. sowie das 157. und 158. Infanterieregiment, das 7. und 10. Kürassier-, das 2. Dragoner-, das 8. Jägerregiment zu Pferd, das 6., 11. und 36. Festungsartilleriebataillon, die 6. Artillerie-, die 14. Trainabteilung und die 14. Gendarmerielegion. Die Einnahmen der Stadt für 1893 (hauptsächlich Octroi, 8,7 Mill.) betragen 12,59, mit den außerordentlichen 26,5 Mill. Frs.; die ordentlichen Ausgaben 12,46, die außerordentlichen (namentlich öffentliche Arbeiten 10,5 Mill.) 14 Mill. Frs. Von wissenschaftlichen Anstalten sind zu nennen: die vier staatlichen Fakultäten (ohne Theologie) mit 119 Docenten und 1800 Hörern, die freie kath. Universität mit vier Fakultäten, das meteorolog. Observatorium, die Stadtbibliothek im Lyceum mit 100000 Bänden und 1600 Handschriften, die im Palais des Arts mit 60181 Druckbänden, die Tierarzneischule, das Große und das Kleine Priesterseminar, die Taubstummenlehranstalt und Blindenanstalt, die Schule der schönen Künste, die Acker- und Gartenbauschule, die Gewerbeschule (École de la Martinière), die centrale Schule und die Handelsschule. 5000 Kinder unter 7 Jahren besuchen die 40 Warteschulen; städtische Elementarschulen bestehen 52 für Knaben und 54 für Mädchen mit 9300 und 10200 Kindern. Unterricht und Lehrmittel sind unentgeltlich. Die Kosten betrugen (1893) 2,3 Mill. Frs. Außerdem bestehen in jeder der 36 Parochien zwei vom Klerus geleitete und durch private Unterstützung erhaltene Schulen mit zusammen 18000 Kindern. Das Museum enthält 20000 Kupferstiche, Skulpturen (viele röm. Reste), Gemäldegalerie, darunter die Sammlung Bernard, und Antiquitäten. Außerdem sind zu erwähnen: der botan. Garten im Park de la Tête d’Or, das ethnolog. Institut, wissenschaftliche Gesellschaften u. s. w. Zu den Wohlthätigkeitsanstalten gehören das großartige Hôtel-Dieu (schon im 6. Jahrh. von Childebert gegründet), das Hospice de la Charité (im 16. Jahrh. von dem Deutschen Kleeberger gestiftet), das Hospital de l’Antiquaille auf Fourvière, das auf Croix-Rousse u. s. w. Die wichtigsten Zeitungen sind: «Le Salut public», «Le Nouvelliste», «L’Express», «Le Progrès», «Le Lyon Républicain», «Le Peuple».

Befestigungen. Als Bahnknotenpunkt und am Zusammenfluß zweier Ströme gelegen, eignet sich L. vorzüglich als Versammlungspunkt einer Süd-^[folgende Seite]