Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

443

Madagaskarigel - Mädchengymnasien

dete Reich der Howa, besonders zur Zeit der Königin Ranaválona I. Am 27. Juni 1865 schloß England einen Vertrag, in dem die Königin Rasoherina auch die Abschaffung der Giftprobe und die gänzliche Aufhebung des Sklavenhandels versprach. Sämtliche Rechte, die der Vertrag den Engländern gewährt, sollen sich auch auf alle andern Nationen erstrecken. Ihre Nachfolgerin Ranaválona II. ließ sich 21. Febr. 1869 mit einem großen Teil des Adels taufen. Ihr folgte 1883 ihre Schwestertochter Ranaválona III. Die Ablehnung der Forderung, die franz. Schutzherrschaft über M.s Ostküste anzuerkennen, führte 1883 zu Feindseligkeiten, die mit der Einnahme Tamataves durch die Franzosen und der Blockade der Ostküste begannen und ohne großen Erfolg für die Franzosen bis Febr. 1886 dauerten. Durch den Friedensvertrag wurde das franz. Protektorat über M. ausgesprochen. Die Franzosen erhielten den Hafen Diego-Suarez (s. d.) abgetreten, der mit Nossi-Bé und Ste. Marie politisch vereinigt und einem Gouverneur unterstellt wurde. Der nun folgende Friedenszustand ermöglichte eine bessere Erforschung des Innern, die vor dem Krieg schon durch Grandidier (1868-69) angebahnt wurde. In neuerer Zeit durchquerten Calat und Maistre (1889-90) die Insel mehrfach und brachten besonders über den Süden neues Licht (vgl. die Beschreibung in "Le Tour du Monde", 1893, Bd. 65, S. 1-64), später erforschten Gautier, Brisson und Douliot besonders den Westen. Die unbotmäßige Haltung der Howa zwang Frankreich Anfang 1895, eine neue, große Expedition nach M. auszurüsten. Den Oberbefehl führte General Duchesne. Nach außerordentlich großen Verlusten, die weniger durch die Kämpfe mit den Eingeborenen als durch mangelhafte Verpflegung und Krankheiten veranlaßt wurden, gelang es den Franzosen Ende September, bis zur Hauptstadt Tananarivo vorzudringen, die alsbald kapitulierte. Die Königin Ranaválona unterzeichnete hierauf den Friedensvertrag, worin sie das franz. Protektorat anerkannte und sich mit der Aufsicht Frankreichs über die innere Verwaltung einverstanden erklärte. Im Jan. 1896 wurde der franz. Vertrag mit M. dahin abgeändert, daß das Protektorat aufgehoben und M. für eine franz. Besitzung erklärt wurde, wobei die Stellung der Königin jedoch unangetastet blieb.

Litteratur. Ellis, History of M. (2 Bde., Lond. 1838); ders., Three visits to M. (ebd. 1858); Barbié du Bocage, M., possession française depuis 1642 (Par. 1859): Ida Pfeiffer, Reise nach M. (2 Bde., Wien 1861); Histoire physique, naturelle et politique de M., hg. von Grandidier (Par. 1875 fg.); Sibree, M., Geographie, Naturgeschichte, Ethnographie der Insel (Lpz. 1881); La Vaissière, Histoire de M.: ses habitants et ses missionnaires (2 Bde., Par. 1884); Oliver, M. An historical and descriptive account of the island and its former dependencies (2 Bde., London 1886); Martineau, Madagascar (Par. 1894); Humbert, M. I: L'ile et ses habitants, II: La dernière guerre franco-hova 1883-85 (ebd. 1895); Brunet, La France à M. 1815-95 (ebd. 1895); Colin und Sua, M. et la mission catholique (ebd. 1895); Piolet, M.: sa description, ses habitants (ebd. 1895); Maude, Five years in M. (Lond. 1895); Knight, M. in war time (ebd. 1896). Von der Londoner Missionsgesellschaft wird seit einigen Jahren "The Antananarivo Annual and Madagascar Magazine" herausgegeben.

Madagaskarigel, auch Borstenigel (Centetidae), eine kleine, auf Madagaskar vorkommende Familie der Insektenfresser, deren etwa 8 Arten vom Habitus des Igels sind, wie dieser ein, aber schwächeres, Stachelkleid besitzen, sich jedoch nicht zusammenrollen können. Die Eckzähne sind bei den fast oder ganz schwanzlosen Formen sehr stark, ähnlich wie bei den Raubtieren.

Die bekannteste Art, der Tanrek (Centetes ecaudatus Illig., s. Tafel: Insektenfresser, Fig. 2), ist 24-28 cm lang, von heller, gelbbrauner Farbe mit schwächern Stacheln und mehr echten Haaren als unser Igel. Er wird in seinem Vaterlande oft gegessen. Man vereinigt neuerdings mit den M. eine westindische, auf Cuba und Haïti vorkommende Gattung (Solenodon), deren Arten noch nicht vollständig erforscht sind; die bekannteste (Solenodon paradoxus Brandt) ist etwa 30 cm lang, mit einem 18 cm messenden Schwanz, die Schnauze ist vorn nackt, rüsselartig verlängert; das Haarkleid hat noch keine eigentlichen Stacheln, sondern nur starre Borsten differenziert. In den Tertiärschichten (Miocän) der Auvergne hat man fossile Reste ähnlicher Formen gefunden.

Madagaskarweber oder Scharlachweber, s. Webervögel.

Madala, Stadt im Großherzogtum Sachsen-Weimar, s. Magdala.

Madame, s. Dame.

Madar, Mudarpflanze, s. Calotropis.

Madarosis (grch.), s. Haarschwund.

Mädchengymnasien, Unterrichtsanstalten, in denen Mädchen Gelegenheit gegeben wird, nach Absolvierung der höhern Töchterschule oder eines Teiles derselben zur Vorbereitung für das Universitätsstudium einen Gymnasialkursus durchzumachen. Sie sind sämtlich in jüngster Zeit entstanden und zwar ohne Beihilfe des Staates, lediglich von Privaten begründet. Das älteste derselben ist das im Sept. 1890 eröffnete Mädchengymnasium zu Prag, eine Schöpfung der czech. Nationalität. Die Anstalt hat sechsjährigen Lehrgang, bei Eintritt mit Vollendung des 12. Lebensjahres; sie besteht aus einer zweijährigen Vorbereitungsschule sowie einer vierjährigen Oberabteilung. Das Schwergewicht der Stundenzahl ist dem latein., griech. und mathem. Unterricht sowie der czech. Sprache zugeteilt; die deutsche ist nicht verbindlich. Der Lehrgang ist noch nicht durchgeführt, sowenig wie derjenige der weiterhin aufgeführten Anstalten. Die Schlußprüfung wird bei einem Knabengymnasium abgehalten, jedoch ist bereits von seiten der Staatsbehörde den Schülerinnen, die den zweiten Jahrgang der Oberabteilung gut bestanden haben, gestattet worden, als Apothekerlehrlinge einzutreten. - Das zweite Mädchengymnasium, dasjenige zu Wien, wurde durch den Verein für erweiterte Frauenbildung begründet; der Unterrichtsminister gab seine Zustimmung, ohne doch die Verbindlichkeit zu übernehmen, daß die reif befundenen Schülerinnen zum akademischen Studium zuzulassen seien; der Wiener Gemeinderat gewährte die erforderlichen Räumlichkeiten; die Anstalt wurde im Herbst 1892 eröffnet. Der Lehrgang ist sechsjährig, zur Aufnahme ein Alter von wenigstens 14 Jahren erforderlich; die letzte Klasse ist, abgesehen von den Sprachen, der Wiederholung gewidmet. - Das erste deutsche Mädchengymnasium ist dasjenige zu Karlsruhe, eröffnet vom Verein Frauenbildungsreform im Sept.