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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Magengrube; Magengrund; Magenheber; Magenhusten; Mageninsufficienz; Magenkatarrh

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Magengrube - Magenkatarrh

mehr oder weniger tiefes Geschwür in der Magenwandung vorfindet. Über die Ursachen dieser Geschwürbildung ist noch nichts Sicheres ermittelt; nur so viel scheint gewiß, daß das M. durch eine Art von Selbstverdauung des Magens, d. h. durch die Einwirkung des sauren Magensaftes auf solche Stellen der Magenschleimhaut entsteht, in denen die Cirkulation des Blutes aus irgend welcher Ursache (durch Verstopfung, Krampf der kleinen arteriellen Gefäße u. s. w.) verlangsamt oder aufgehoben ist. Man pflegt deshalb neuerdings das M. geradezu als peptisches M. zu bezeichnen. Das M. kommt hauptsächlich im mittlern Lebensalter, doch auch im höhern Alter vor, häufiger beim weiblichen als beim männlichen Geschlecht und befällt besonders bleichsüchtige, blutarme und schwächliche Individuen. Die Disposition für das runde M. ist eine sehr verbreitete; von je 20 Leichen findet man sicher eine mit einem frischen oder vernarbten M.

Bisweilen verlaufen selbst größere M. ohne jedwede Krankheitserscheinungen; Thatsache ist wenigstens, daß bei Sektionen mitunter im Magen ausgedehntere, von M. herrührende Narben vorgefunden werden, ohne daß während des Lebens irgend welche Symptome vorhanden waren. In der Regel freilich giebt sich das Vorhandensein eines M. durch einen eigentümlichen dumpfen Wundschmerz in der Magengegend zu erkennen, der durch Druck von außen, durch enganliegende Kleider und durch die Nahrungszufuhr, insbesondere durch schwer verdauliche und scharfe Speisen und Getränke gesteigert wird und zeitweilig in heftige, kaum erträgliche Anfälle von Magenkrampf (s. d.) übergeht; daneben besteht gewöhnlich lästiges Sodbrennen, öfters nach dem Essen erfolgendes Erbrechen, hartnäckige Stuhlverstopfung und Abmagerung. Verhältnismäßig häufig kommt es im Verlauf des chronischen M. durch Anfressung größerer Blutgefäße zu mehr oder minder erheblichen, bisweilen selbst lebenbedrohenden Magenblutungen, bei welchen das ergossene Blut entweder durch Erbrechen (s. Blutbrechen) oder durch die Stuhlentleerungen oder auf beiden Wegen zugleich entleert wird. Die Prognose beim chronischen M., dessen Dauer sich meist über Monate, selbst Jahre erstreckt, ist im allgemeinen günstig, insofern bei sorgsamer Beachtung und zweckmäßigem diätetischen Verhalten gewöhnlich Heilung erfolgt; gefährlich wird das M., wenn infolge von Durchbohrung der Magenwände der Mageninhalt in die Bauchhöhle austritt und eine allgemeine meist tödliche Bauchfellentzündung erzeugt, oder wenn Blutungen eine lebenbedrohende Höhe erreichen.

Hinsichtlich der Behandlung ist als oberster Grundsatz zu betonen, dem Magen möglichste Ruhe zu verschaffen. Der Kranke darf wochenlang hindurch nur eine flüssige, vollkommen reizlose Kost, und auch diese jedesmal nur in kleinen Mengen genießen und nur ganz allmählich und vorsichtig mit eintretender Besserung zu einer konsistentern Nahrung übergehen. Ganz besonders empfiehlt sich eine längere ausschließliche Milch- oder Buttermilchkur; im Anfang genieße der Kranke die süße, frisch gemolkene oder abgekochte Milch nur eßlöffelweise oder, wenn sie nicht vertragen wird, mit Zusatz von Kalkwasser oder doppeltkohlensaurem Natrium oder kleinen Mengen Weizenmehl (Milchsuppen). Auch Leubes Fleischsolution (s. d.) eignet sich vortrefflich für diesen Zweck. Bei sehr heftigen Schmerzen empfehlen sich längeres Bettliegen, warme Breiumschläge oder Prießnitzsche Umschläge auf die Magengegend und im Notfall die narkotischen Mittel. Sehr günstig pflegt auch der kurgemäße Gebrauch der kohlensauren Alkalien, insbesondere der Mineralwässer von Karlsbad und Marienbad, auf die Vernarbung der M. einzuwirken. Von den Medikamenten werden namentlich der Höllenstein und das basisch salpetersaure Wismutoxyd empfohlen. Gegen eintretende Magenblutungen ist so zu verfahren, wie unter Blutbrechen (s. d.) ausführlich angegeben. - Vgl. von Ziemssen, über die Behandlung des einfachen M. (Lpz. 1871); Hauser, Das chronische M. (ebd. 1883).

Magengrube, Herzgrube (Scrobiculus cordis), breite flache Grube in der Mitte der Oberbauchgegend, hinter der nicht, wie viele Laien meinen, das Herz, sondern der Magen liegt. (S. Magen.)

Magengrund, s. Magen.

Magenheber, s. Magenpumpe.

Magenhusten, ein mit Erbrechen verbundener Husten, welcher dadurch zu stande kommt, daß eine Reizung der in der Magenschleimhaut sich verzweigenden Äste des Nervus vagus reflektorisch auf die Lungenäste überstrahlt und so Hustenanfälle erzeugt. Reiner M. ist sehr selten; der Husten, welchen die Laien unter M. verstehen, beruht entweder auf chronischem Rachenkatarrh (s. Rachen) oder auf Lungenemphysem (s. Emphysem).

Mageninsufficienz, s. Dyspepsie und Magenerweiterung.

Magenkatarrh (Catharrhus ventriculi, Gastritis, Status gastricus, Gastricismus, verdorbener Magen), die katarrhalische Entzündung der Magenschleimhaut, gehört zu den häufigsten akuten Krankheiten des Kulturmenschen, tritt in verschiedenartigen Formen und Graden, unter den mannigfaltigsten Symptomen auf und besitzt eine große Neigung, bei Nichtbeachtung und Vernachlässigung in einen chronischen Zustand überzugehen. Kinder und Greise sowie blutarme, schwächliche und herabgekommene Personen werden besonders leicht vom M. ergriffen. Unter den Ursachen der Krankheit stehen die Überfüllung des Magens sowie der Genuß schwer verdaulicher, namentlich fetter und leicht gärender oder in Zersetzung übergegangener Speisen und Getränke obenan; auch der Genuß übermäßig heißer oder sehr kalter Nahrungsmittel (Eis, Eiswasser), scharfer Gewürze, insbesondere Senf und Pfeffer, sowie starker alkoholischer Getränke, ferner unnötiges Medizinieren ruft häufig M. hervor. Ebenso haben Erkältungen, insbesondere Durchnässungen des erhitzten Körpers sowie Erkältungen der Oberbauchgegend oder der Füße öfters M. zur Folge; auch kann heftiger Ärger (durch reichlichen Gallenerguß in den Magen) sowie langes Hungern M. verursachen.

Die Veränderungen, welche die Magenschleimhaut beim akuten M. darbietet, bestehen in einer beträchtlichen Rötung, Schwellung und Auflockerung der Schleimhaut, welche mit einem zähen, glasigen, bisweilen auch blutig gefärbten Schleim bedeckt ist; dabei ist die Muskelhaut gewöhnlich erschlafft und der Magen durch Gasentwicklung ausgedehnt. Beim chronischen M. findet sich die Schleimhaut entweder verdünnt, die Magenwand glatt, blutleer, von grauen Pigmentflecken durchsetzt, oder die Magenschleimhaut ist verdickt, wulstig, uneben, warzig erhaben und auch die Muskelschicht deutlich hypertrophisch (s. Magenverhärtung).

Die Symptome des M. bieten eine große Mannigfaltigkeit und Abwechselung dar. Der akute