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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mariotte – Marius

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Marionetten'

spielte mit ihnen Browns «Theatre of Arts» Napoleons Thaten. – Vgl. Magnin, Histoire des marionettes (2. Aufl., Par. 1862).

Mariotte (spr. -ótt), Edme, franz. Mathematiker und Physiker, geb. um 1620 in Burgund, war Prior zu St. Martin-sous-Beaune bei Dijon, wurde 1666 bei der Gründung der Pariser Akademie der Wissenschaften deren Mitglied und starb 12. Mai 1684 in Paris. M. machte eine Menge von Entdeckungen über das Maß und den Abfluß der Gewässer nach der verschiedenen Höhe der Behälter, stellte Untersuchungen über die Leitung des Wassers und über die den Röhren nötige Stärke zum Widerstande gegen den Druck an und bestimmte die Gesetze des Gleichgewichts flüssiger Körper. Sein diese Beobachtungen enthaltender «Traité du mouvement des eaux» wurde von de la Hire (Par. 1686) herausgegeben. Er veröffentlichte 1679 im Eingange seines Werkes «De la nature de l’air» den unter dem Namen Mariottesches Gesetz bekannten Fundamentalsatz, daß die Gasvolumina mit den darauf drückenden Kräften im umgekehrten Verhältnis stehen (s. Boylesches Gesetz). Um die Mechanik der festen Körper machte er sich durch Erweiterung der von Sir Christopher Wren zuerst bearbeiteten Lehre vom Stoß verdient. Seine Werke erschienen gesammelt zu Leiden (2 Bde., 1717) und im Haag (2 Bde., 1740).

Mariottesche Ausflußflasche, s. Ausfluß.

Mariottesches Gesetz, s. Boylesches Gesetz.

Mariotti, L., s. Gallenga, Antonio.

Marishal (spr. -schäll), Lord, s. Keith, George, Earl.

Maristen, s. Oblaten.

Maritīm (lat.), Meer und Schiffahrt betreffend.

Maritorne, nach dem Namen einer im «Don Quixote» des Cervantes auftretenden asturischen Magd soviel wie garstiges schmutziges Weibsbild.

Marittĭmo, s. Ägadische Inseln.

Maritza (Marica), der Hebrus der Alten, der bedeutendste Fluß der Balkanhalbinsel, entspringt bei Banja in Ostrumelien, im östl. Teil des Rilodagh, fließt dann durch die breite Thalebene von Philippopel, durchbricht einen altkrystallinen Hügelzug bei Tirnova, tritt in türk. Gebiet und in seine untere fruchtbare Thalebene ein, fließt an Adrianopel vorbei, dem Ostabhange des Rhodopegebirges entlang, bis er neben den Sümpfen von Enos ins Ägäische Meer mündet. Er ist 490 km lang, sein Stromgebiet umfaßt 53846 qkm. Nebenflüsse sind: links Giopsu, Tundža, Ergene; rechts Kričima, Čepelar, Arda. Bis Adrianopel aufwärts ist die M., wenn auch mühsam, schiffbar.

Mariupól. 1) Kreis im südöstl. Teil des russ. Gouvernements Jekaterinoslaw, rechts am Kalmius, hat 9490,5 qkm, 192426 E., meist Nachkommen von 18000 Griechen, die 1779 aus der Krim hierher übersiedelten; Ackerbau, bedeutende Viehzucht, Fischerei und Handel. –

2) Kreisstadt im Kreis M. und Hafenstadt an der Nordküste des Asowschen Meers, an der Mündung des Kalmius und an der Linie Konstantinowka-M. der Donezbahn, hat (1893) 19926 E. (meist Griechen), 5 griech.-kath., 1 kath. Kirche, 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, Theater, Gegenseitige Kreditgesellschaft; Seifensiedereien, Gerbereien, Ausfuhr von Weizen und Leinsamen (1882: 4,4 Mill. Rubel). Im Hafen liefen ein: (1892) 83 Seeschiffe und 1372 Küstenfahrer, aus: 83 Seeschiffe, 1360 Küstenfahrer.

Marĭus, Gajus, röm. Feldherr, wurde 155 v.Chr. als der Sohn eines Landmanns in der Nähe der ↔ Stadt Arpinum geboren. Er diente im Numantinischen Kriege unter dem jüngern Scipio Africanus (133), gelangte dann zur Quästur und 119 v.Chr. zum Tribunat. Als Tribun beschränkte er durch ein Gesetz den Einfluß der Nobilität auf die Abstimmung in den Komitien. 115 bekleidete er die Prätur, dann wurde ihm die Verwaltung Spaniens zu teil. Auch verband er sich um diese Zeit durch seine Verheiratung mit Julia, einer Schwester von Julius Cäsars Vater, mit dem Geschlecht der Julier. 109 begleitete M. als Legat den Quintus Cäcilius Metellus in den Krieg gegen Jugurtha (s. d.), kehrte aber 108 nach Rom zurück, um sich um das Konsulat zu bewerben. Er erhielt dieses für das J. 107 und wurde zugleich mit der Führung des Jugurthinischen Krieges beauftragt. Mit seinen Siegen (107 bei Cirta und 106) bereitete er die Auslieferung Jugurthas durch dessen Schwiegervater Bocchus von Mauretanien vor. Die Auslieferung selbst erreichte M.’ Quästor Sulla (s. d.) und legte damit den ersten Grund zu der spätern Feindschaft und Eifersucht beider Männer.

Als die Cimbern und Teutonen Italien bedrohten, wurde M. als dem bewährtesten Feldherrn 104‒100 immer wieder das Konsulat übertragen. Er rechtfertigte das Vertrauen und vernichtete die Teutonen und Ambronen 102 bei Aquä Sextiä (Aix in der Provence), die Cimbern mit Quintus Lutatius Catulus vereint im Aug. 101 bei Vercellä. Nach seinem Triumph ließ er sich, weil er nicht die genügende Achtung zu finden meinte, durch den Volkstribunen Appulejus Saturninus und den Prätor Servilius Glaucia zu einer offenen Erhebung gegen die herrschende Nobilität verleiten, trat aber im entscheidenden Moment wieder zurück und warf selbst den Aufstand nieder. Durch diesen Wankelmut und den Mangel an staatsmännischer Befähigung verlor er noch mehr an Einfluß. Sulla, dem gegenüber die Rivalität sich stetig geschärft hatte, wurde der führende Mann; beide befehligten noch 91‒89 im Bundesgenossenkriege, doch ward Sulla 88 vom Senat mit Führung des Krieges gegen den König Mithridates von Pontus betraut. Der Versuch, mit Hilfe des Volkstribunen Sulpicius Rufus und der hauptstädtischen Plebs den Senatsbeschluß umzustoßen, mißglückte. Sulla führte sein Heer gegen Rom und bemächtigte sich der Hauptstadt; die Führer der Volkspartei wurden geächtet und mußten fliehen. M. entkam zu Schiff, wurde aber durch einen Sturm an die italische Küste zurückgetrieben und irrte in den Pontinischen Sümpfen umher, bis er entdeckt und gefangen nach Minturnä gebracht wurde. Die Stadtbehörde wollte ihn zuerst töten lassen, änderte aber dann ihren Beschluß, angeblich nachdem der mit der Hinrichtung beauftragte cimbrische Sklave vor M.’ gewaltigem Blick und Wort entflohen war. M. setzte nun nach Afrika über, fand aber auch dort keine Aufnahme, und flüchtete nach der kleinen Insel Kerkina (jetzt Kerkein) an der tunesischen Küste. Hier blieb er, bis während Sullas Abwesenheit 87 die Volkspartei unter Cinna in Rom wieder die Oberhand gewonnen hatte. Dann rückte M. an der Spitze zusammengelaufenen Gesindels gegen Rom und hauste dort mehrere Tage lang entsetzlich, um Rache zu nehmen für seine Ächtung. Für das J. 86 erhielten Cinna und M. das Konsulat. Damit erfüllte sich angeblich eine Weissagung, daß M. siebenmal Konsul sein würde, doch starb er bereits am 17. Tage.