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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Marshall - Marsiliaceen

Marshall, William, Zoolog, geb. 6. Sept. 1845 zu Weimar, studierte in Göttingen und Jena, nahm 1867 eine Stelle als erster Assistent am Reichsmuseum in Leiden an und siedelte 1872 nach Weimar als Sekretär der Großherzogin von Sachsen über. Doch gab er diese Stellung 1879 auf, habilitierte sich 1880 für Zoologie und vergleichende Anatomie an der Universität Leipzig und wurde hier 1885 außerord. Professor. Er veröffentlichte viele Arbeiten in holländ. und deutschen Zeitschriften über Anatomie der Vögel, geogr. Verbreitung der Tiere und über niedere Tiere, besonders Schwämme. Für die neue Auflage von "Berghaus' physik. Atlas" bearbeitete er die Verbreitung der Tiere mit Ausnahme der Vögel. Außerdem verfaßte er: "Argillardiella radiata, eine neue Tetraktinellidenform" (Berl. 1884), "Die Entdeckungsgeschichte der Süßwasserpolypen" (Lpz. 1885), "Deutschlands Vogelwelt im Wechsel der Zeiten" (Hamb. 1886), "Die Tiefsee und ihr Leben" (Lpz. 1888), "Spaziergänge eines Naturforschers" (2. Aufl., ebd. 1890), "Spongiologische Beiträge" (ebd. 1892), "Neueröffnetes Arzeneikästlein" (ebd. 1894), "Der Bau der Vögel" (ebd. 1895), "Plaudereien und Vortrage" (ebd. 1895), "Die deutschen Meere und ihre Bewohner" (ebd. 1896); unter dem Pseudonym Philopsyllus veröffentlichte M. eine litterar. -naturhistor. Monographie "Der Floh" (Weim. 1880). Seit 1889 giebt er "Zoolog. Vorträge" heraus, wovon die ersten drei Hefte "Die Papageien" (Lpz. 1889), "Die Spechte" (ebd. 1889), "Leben und Treiben der Ameisen" (ebd. 1889) von ihm verfaßt sind. Von Brehms "Tierleben" bearbeitete er für die 3. Auflage den letzten (10.) Band.

Marshall (spr. máhrschäll), William Calder, engl. Bildhauer, geb. 1813 in Edinburgh, bildete sich in London unter Chantrey und Baily und nahm daselbst seit 1839 seinen ständigen Wohnsitz. 1852 wurde er Mitglied der Londoner Akademie. Von seinen anmutigen Idealgestalten sind zu nennen: Der zerbrochene Krug (1842), Rebekka (1843), Das erste Flüstern der Liebe (1845), Ruhende Tänzerin (1846), Zephyr und Aurora (1849), Paul und Virginie (s. Tafel: Englische Kunst III, Fig. 3), Pygmalions Statue, Der verlorene Sohn (1877), Gelübde an Pan (1878). Sodann schuf er in London die Marmorstatue des Lord Clarendon und Lord Somer in St. Stephen's Hall des Parlamentsgebäudes, das sitzende Standbild Jenners im Kensingtongarten (1857), des Dichters Thomas Campbell in der Westminsterabtei, das Denkmal des Herzogs von Wellington in der Paulskathedrale u. s. w. Er starb 17. Juni 1894.

Marshallinseln, deutsche Inselgruppe im Großen Ocean, zwischen 4° 30' und 12' nördl. Br., im O. der Karolinen, besteht aus zwei parallelen Reihen von Atollen der Ralikkette (277 qkm) und Natakkette (133 qkm) mit insgesamt 15 000 E., darunter 67 Europäer. (S. die Nebenkarte zur Karte: Kaiser Wilhelms-Land u. s. w.) Nur 7 Inseln erheben sich mehr als 1 m über die Hochwasserlinie. Die Hitze wird durch Seewinde erträglich; Regengüsse sind häufig. Die Flora ist ärmlich, und aufmerksame Reisende konnten in 6 Wochen nicht mehr als 56 Pflanzenarten sammeln; Kokosnuß, Pandanus und die beiden Arten der Brotfruchtbäume herrschen vor. Nur die Kultur der Kokospalme ist für die Ausfuhr von Wert; doch fehlt noch eine rationelle Ausnutzung des kulturfähigen Bodens. Vieh muß eingeführt werden. Die Ausfuhr von Kopra liegt in den Händen der Jaluitgesellschaft (s. d.); es wurden davon 1894/95: 2112 t produziert. Die wichtigsten Atolle sind: Jaluit (s. d.), der Sitz der Verwaltung, Ebon, Arno, Mejoro, Likieb, Nauru, Milli und Ailinglab. Die Bewohner sind echte Mikronesier mit scharfer Scheidung in drei Kasten und weiblicher Erbfolge in den Häuptlingsfamilien. (S. Tafel: Australische Völkertypen, Fig. 13 u. 14.) Als Missionare sind nur Eingeborene ohne großen Erfolg thätig. Die Zahl der Weißen betrug 1894/95: 81 (35 deutsche), die der übrigen Nichteingeborenen 38, darunter 14 Chinesen. - Nachdem 1878 ein Vertrag mit Häuptlingen auf Jaluit geschlossen worden war, wurde im Okt. 1885 die deutsche Flagge geheißt und 1886 ein kaiserl. Kommissar eingesetzt, der jetzt den Titel Landeshauptmann führt. - Vgl. Hernsheim, Südsee-Erinnerungen (Berl. 1883); Hager, Die M. (2. Ausg., Lpz. 1889).

Marshsches Verfahren, s. Arsenwasserstoff.

Marsico Nuovo, Stadt in der südital. Provinz und dem Kreis Potenza, am obern Agri, Sitz eines Bischofs, zählt (1881) 7628 E. 7 km südlich Marsico Vetĕre mit Kastell und 2522 E.

Marsigli (spr. -silji), Luigi Fernando, Graf von, ital. Gelehrter, geb. 10. Juli 1658 zu Bologna, trat 1681 in österr. Dienste und war 1703 im Spanischen Erbfolgekriege Unterkommandant der Festung Altbreisach, die sich fast ohne Gegenwehr an den Herzog von Bourgogne ergab. Vor ein Kriegsgericht gestellt, wurde er aller Würden entsetzt. Seit 1708 lebte er in Bologna, wo er die Akademie gründete und 1. Nov. 1730 starb. Außer "Breve ristretto del saggio fisico del mure" (Vened. 1711; französisch von Leclerc, Amsterd.1725) und "Stato militare dell' imperio ottomano" (2 Bde., Haag und Amsterd. 1732) lieferte er das Prachtwerk "Danubius Pannonio-Mysicus, cum observationibus geographicis etc." (6 Bde., Haag 1726, mit 288 Kupfern).

Marsilia L., Pflanzengattung aus der Familie der Marsiliaceen (s. d.) mit gegen 50 Arten, von denen nur eine einzige in Deutschland vorkommt. Es sind krautartige Pflanzen mit kriechendem Stengel und langgestielten, einem vierblätterigen Kleeblatt ähnlichen Blättern. Die in Süddeutschland sowie Südeuropa heimische M. quadrofoliata L. wächst in Sümpfen und all den Rändern von Seen. Die Sporenfrüchte haben ungefähr die Form von kleinen Bohnen, stehen auf kurzen Stielen meist paarweise an den Blättern, öffnen sich bei der Reife mit zwei Klappen und lassen die Makro- und Mikrosporangien austreten. Von einigen austral. Arten, wie M. Nardu A. Br. und M. salvatrix Hanst. bilden die Sporenfrüchte ein für die Eingeborenen wichtiges Nahrungsmittel, Nardu (engl. Nardoo) genannt. Man bereitet Mehl und Brot aus den trocknen Sporenfrüchten, die ziemlich viel Stärke als Inhalt der Makrosporen enthalten.

Marsiliaceen, Pflanzenfamilie aus der Abteilung der Farne (s. d.), die mit den Salviniaceen zusammen die Unterabteilung der heterosporen Farne oder Rhizocarpeen bildet. Sie umfaßt zwei Gattungen: Marsilia und Pilularia mit gegen 60 Arten. Die Makro- und Mikrosporangien sitzen in besondern Sporenfrüchten am Grunde der Blätter, die bei Marsilia auf einem längern Stiele eine vierzählige Blattspreite tragen, bei Pilularia pfriemen- oder fadenförmig sind. Aus den Makrosporen gehen die weiblichen, aus den Mikrosporen die männlichen