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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Martin (Insel) - Martin (Eduard)

Freiheit, von Courbet. Gegenüber auf steiler Felswand am linken Ufer der Dranse die Ruinen der 1260 erbauten, 1518 zerstörten bischöfl. Burg La Bâtiaz. - 3) Martigny-Bourg (Martinach-Burg), Flecken in demselben Bezirk, 1,5 km südwestlich von Martigny-Ville, in fruchtbarer Gegend, durch einen Kastanienwald vor Lawinen geschützt, hat (1888) 1240 kath. E., Post, Telegraph. Auf den Abhängen der linken Thalseite wachsen die trefflichen Weine Coquempey und Lamarque. - 4) Martigny-Combe (Martinach-Combe), Gemeinde in demselben Bezirk, trägt ihren Namen nach dem vom Flecken südwestlich zum Col de Forclaz (1523 m) ansteigenden Thal und zählt in mehrern Dörfern und Weilern auf der linken Seite der untern Dranse (1888) 1514 kath. E. - Vermöge seiner Lage am Eingang des Wallis und am Zugang zum Großen St. Bernhard war M., das Octodurum der Römer, schon im Altertum ein wichtiger Ort, röm. Municipium und im 4. bis 6. Jahrh. Bischofssitz.

Martin, Saint, Insel, s. Saint Martin.

Martin von Tours, der Heilige, geb. um 316 zu Sabaria (jetzt Steinamanger in Niederungarn), besuchte die Katechetenschule zu Pavia, mußte aber nach dem Willen seines heidn. Vaters ins Heer eintreten. Er kam nach Gallien, wurde getauft und galt bald als Muster aller Tugenden. Einst teilte er seinen Mantel mit einem Armen und der Legende zufolge erschien ihm in der folgenden Nacht Christus, mit diesem Mantelstück bekleidet. M. lebte dann mehrere Jahre als Mönch, bekehrte seine Mutter, wurde aber von den Arianern zur Rückkehr gezwungen, ließ sich darauf in Italien, dann in Frankreich nieder, wo ihm gegen seinen Willen 375 das Bistum von Tours übertragen wurde. Auch als Bischof lebte er in einsamer Zelle auf steilem Felsen, und als sich in der Nähe nach und nach 80 andere Mönche anbauten, entstand das Kloster von Marmoutiers, wo M. um 400 starb. M. erwarb sich große Verdienste um die Ausbreitung des orthodoxen Christentums und des Klosterwesens in Gallien. Jeder Gewaltthat war er feind; so hob er die Kirchengemeinschaft mit denjenigen Bischöfen auf, die dem Kaiser zur Hinrichtung Priscillians (s. d.) geraten hatten. Durch die vielen ihm beigelegten Wunder wurde er einer der populärsten Heiligen, Schutzpatron Frankreichs und später auch von Mainz und Würzburg. Sein Leben hat Sulpicius Severus, die von ihm nach dem Tode verrichteten Wunder Gregor (s. d.) von Tours beschrieben. - Vgl. Reinkens, M. von Tours (3. Ausg., Gera 1876); Chamard, St. M. êt son monastère (Par. 1873).

M. war der erste nicht zu den Märtyrern gehörende Heilige, dem die kath. Kirche eine öffentliche Verehrung weihte; sein Begräbnistag (11. Nov.) wurde zum Martinsfest (Martini) erhoben, womit sich viele Gebräuche des altgermanischen, dem Wodan zu Ehren gehaltenen Herbstfestes verbanden. Dahin gehören die Martinsfeuer, das Martinsmännchen, eine Erinnerung an den segenspendenden Wodan, und die Martinsschmäuse, mit ihren Hauptbestandteilen: der Martinsgans, dem Martinstrunk, wobei der neue Wein geprüft wird, und dem Martinshorn.

Martin, Name von fünf Päpsten:

M. I. (649-653), aus Todi in Toseana gebürtig, erst Apocrisiarius (s. d.) am Hofe zu Konstantinopel, ließ auf einer Lateransynode 649 die Monotheleten verdammen, wurde darum 653 vom Kaiser Konstans II. gefangen nach Konstantinopel geführt und als Majestätsverbrecher zum Tode verurteilt, jedoch auf Fürbitten des Patriarchen Paulus nach der Chersonesus verbannt, wo er 655 starb. Später wurde M. kanonisiert. Jahrestag 12. Nov.

M. II. (882-884), irrtümlich statt Marinus I. gezählt, aus Gallien, sprach über den Bischof Photius (s. d.) den Bann aus.

M. III. (942-946), irrtümlich statt Marinus II., war ganz abhängig von Alberich II. (s. d.).

M. IV. (1281-85), vorher Simon von Brion, aus der Touraine gebürtig, war vollständig abhängig von Karl I. von Anjou, der seine Wahl betrieben hatte, und schloß 3. Juli 1281 mit diesem und Venedig zu Orvieto einen Bund gegen das Byzantinische Reich.

M. V. (1417-31), vorber Oddone Colonna, seit 1405 Kardinaldiakon, wurde von dem Konstanzer Konzil (s. d.) nach Beseitigung der drei Gegenpäpste zum Papste erwählt. Er beschränkte die reformatorischen Bestrebungen des Konzils auf Abschaffung geringer Mißbräuche und schloß Konkordate mit Deutschland, Frankreich und England, deren einzelne Bestimmungen jedoch ebenfalls nicht zur Ausführung kamen. 1418 löste er unter nichtigem Vorwande das Konzil auf, berief 1423 ein neues nach Pavia, verlegte es 1424 nach Siena und vertagte es dann auf sieben Jahre. In Rom und im Kirchenstaat gelang es ihm, die beständig von den Adelsgeschlechtern gestörte Ruhe wiederherzustellen. Am 1. Febr. 1431 mußte er endlich das Konzil nach Basel berufen, starb aber noch vor der Eröffnung desselben 20. Febr. 1431.

Martin, Christoph Reinh. Dietr., Jurist, geb. 2. Febr. 1772 in Bovenden unweit Göttingen, wurde 1790 Docent, 1802 außerord., 1805 ord. Professor der Rechte in Göttingen, noch in demselben Jahre in Heidelberg, 1816 Oberappellationsgerichtsrat in Jena, wo er ebenfalls Vorlesungen hielt. Er legte 1842 seine Ämter nieder und lebte seitdem zu Mügeln in Sachsen, später in Gotha, wo er 13. Aug. 1857 starb. M. gilt für den bedeutendsten Prozessualisten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrh. Er schrieb: "Lehrbuch des deutschen gemeinen bürgerlichen Prozesses" (Gött. 1800; 13. Aufl., Lpz. 1862), "Anleitung zum Referieren über Rechtssachen" (Gött. 1809; 3. Aufl., Heidelb. 1829), "Lehrbuch des teutschen gemeinen Criminalprozesses" (Gött. 1812; 5. Aufl., von Temme, Lpz. 1857), "Lehrbuch des teutschen gemeinen Criminalrechts" (Heidelb. 1820-25; 2. Aufl. 1829). M.s "Vorlesungen über die Theorie des deutschen gemeinen bürgerlichen Prozesses" (2 Bde., Lpz. 1855-57) wurden unter Mitwirkung seines Sohnes Theodor M. veröffentlicht.

Martin, Eduard, Frauenarzt und Geburtshelfer, geb. 22. April 1809 zu Heidelberg, studierte in Jena, Heidelberg, Göttingen und Berlin, habilitierte sich 1835 in Jena und wurde daselbst 1837 außerord., 1846 ord. Professor der Geburtshilfe sowie Direktor der geburtshilflichen Klinik und der Hebammenlehranstalt. 1858 wurde er als Nachfolger von Busch in gleicher Eigenschaft nach Berlin berufen, wo er 5. Dez. 1875 starb. Die Wissenschaft verdankt ihm zum großen Teil die bessere Kenntnis des physiol. und pathol. weiblichen Beckens, der pathol. Lagen- und Gestaltveränderungen der Gebärmutter, des Geburtsverlaufs, der künstlichen Frühgeburt, der Wochenbettkrankheiten u. a. Außer zahlreichen Auf-^[folgende Seite]