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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mast (in der Viehzucht) - Mastdarmfistel

diesem steht der vordere oder Fockmast, hinter ihm der Kreuzmast, wenn ebenfalls mit Rahen (s. d.) versehen, dagegen Besanmast genannt, wenn nur Gaffelsegel (Besan) führend. Wie der Länge nach, so bestehen die untern M. der schweren Kriegsschiffe auch nach der Stärke aus mehrern, miteinander verzahnten Hölzern; das mittlere heißt die Zunge, an welche die übrigen Wangen genau angelegt und durch eiserne Bänder festgehalten sind. Die Stengen hingegen bestehen nur aus einzelnen Bäumen. Auch fertigt man M. aus Stahl, indem man aus Blechen Cylinder herstellt, die inwendig durch Winkeleisen verstärkt werden. Sie sind zwar weniger elastisch, doch billiger und dauerhafter. Auf der Spitze des M., dem Topp, befindet sich das Eselshaupt (s. d.). Unterhalb des Eselshauptes (2-3 m) ist der M. durch starke Planken, die Backen, verstärkt. Darauf liegen die Salings (s. d.) und auf diesen die Marsen (s. Mars). Die M. stehen mit ihrem Fuß auf dem Kiel in einem Viereck, der Spur, und werden in den für sie bestimmten Löchern der Verdecke, den sog. Fischen, festgekeilt. Außer den M. haben die Seeschiffe am Vorderteil noch einen schräg herausliegenden Baum, das Bugspriet (s. d.). Wanten (s. d.) und Stage (s. d.) halten den M. nach allen Seiten. Pfahlmasten nennt man die M. der Dampfer, die nur aus einem Stück bestehen. Schnaumasten sind dicht hinter den Untermasten befestigte Bäume, an denen die Gaffeln (s. d.) fahren. Notmasten werden aus Reservehölzern errichtet, wenn die eigentlichen M. durch Sturm zerbrochen sind. Gefechtsmasten heißen die kurzen dicken Stahlmasten der Panzerschiffe und modernen Kreuzer, deren Marsen mit Schnellfeuergeschützen bewaffnet sind; diese M. sind hohl, man steigt auf Leitern, die im Innern liegen, hinauf. Bei den neuen Viermastern benennt man die M., von vorn gerechnet: Fockmast, Großmast, Kreuzmast und Besanmast; bei den wenigen Fünfmastern kommt in der Mitte noch ein sog. "Mittelmast" hinzu.

Mast, s. Mästung.

Mastai-Feretti, Graf von, s. Pius IX.

Mastarna, s. Servius Tullius.

Mastdarm (Intestinum rectum), das unterste Stück des Darmkanals (s. Darm), welches als Fortsetzung des Dickdarms beginnt und im After (s. d.) endigt. Der M. steigt längs der hintern Wand des kleinen Beckens an der vordern Fläche des Kreuzbeins vom fünften Lendenwirbel an bis zum Steißbein ziemlich geradlinig (daher sein lat. Name) herab und grenzt nach vorn beim Manne an die Harnblase, beim Weibe an die Scheide und die Gebärmutter. Im M. sammeln sich die Kotmassen an.

Krankheiten des M. sind: die Hämorrhoiden (s. d.), die Mastdarmentzündung (s. d.), die Mastdarmverengung infolge von vernarbenden Geschwüren und Neubildungen, der Mastdarmkrebs (s. d.), die Mastdarmgeschwüre, welche leicht Fisteln bilden können (s. Mastdarmfistel und Mastdarmblasenfistel), und der Mastdarmvorfall (s. d.); auch stülpen sich mitunter einzelne Schleimhautfalten als Polypen aus dem M. vor. Bildungsfehler sind Mastdarmverschließung (atresia ani) sowie gänzliches Fehlen des M., welche bei Neugeborenen vorkommen und zum Teil noch operativ teilbar sind. - Vgl. Esmarch, Die Krankheiten des M. und Afters (in Pitha und Billroths "Handbuch der Chirurgie", Bd. 3, Abteil. 2, Erlangen 1872-78).

Mastdarmblasenfistel (Fistula ecto-vesicalis), ein fistulöser Kanal zwischen Harnblase und Mastdarm, durch welchen Harn in den Mastdarm oder Kot in die Harnblase gelangen und mit dem Harn abgehen kann, entsteht durch Verletzungen (bei ungeschicktem Katheterisieren, bei Steinoperationen u. dgl.) oder auch durch Vereiterungen des Beckenzellgewebes, ist ein höchst lästiges Übel und kann nur auf operativem Wege geheilt werden. (S. auch Urinfistel.)

Mastdarmblutfluß, s. Hämorrhoiden.

Mastdarmbruch (Hernia intestini recti, Hedrocele), sehr selten vorkommende Form des Eingeweidebruchs, bei welcher der Mastdarm durch den After vorfällt und in dem vorgefallenen Teil des erstern Dünndarmschlingen enthalten sind, die durch die krampfhaften Zusammenziehungen der Afterschließmuskel leicht eine Einklemmung mit ihren gefährlichen Folgen (Entzündung, Brand) erleiden. Die Behandlung des M. gleicht der anderer Eingeweidebrüche. (S. Bruch, mediz.)

Mastdarmdouche, das Ausspülen des Mastdarms vermittelst des Irrigators (s. d.).

Mastdarmentzündung (Proctitis) giebt sich durch Rötung und wulstige Vortreibung des Afters, durch brennende oder drückende, bisweilen nach Hüfte, Schenkel und Harnblase ausstrahlende Schmerzen im After, durch häufigen schmerzhaften Stuhldrang und den Abgang von blutigem oder eiterigem Schleim zu erkennen. Geringere Grade der M. werden auch als Mastdarmkatarrh bezeichnet. Die höhern Grade der Krankheit, zu denen sich gewöhnlich Entzündung und eiterige Infiltration des benachbarten Beckenzellgewebes (Periproctitis) gesellt, gehen gewöhnlich mit der Bildung von Abscessen und Geschwüren einher, welche ihrerseits wiederum die Entstehung von Mastdarmfisteln (s. d.) begünstigen. Die häufigsten Ursachen der M. sind Verletzungen der Mastdarmschleimhaut durch harte oder spitze Speisereste und abnorm feste Kotmassen, Reizung durch Würmer, insbesondere Madenwürmer, Mißbrauch starker Abführmittel und scharfer Klystiere, die Anwesenheit von Hämorrhoidalknoten, Ansteckung mit Tripperschleim sowie Erkältung auf offenen, zugigen Aborten oder durch Sitzen auf kaltem und nassem Boden. Die Behandlung besteht in strenger Regulierung der Diät (am besten nur Schleimsuppen und Milch), lauwarmen Sitzbädern und milden Abführmitteln; bei Absceßbildung ist der angesammelte Eiter durch einen möglichst frühzeitigen Einschnitt nach außen zu entleeren.

Mastdarmfistel (Fistula recti s. ani), ein fistulöser eiteriger Gang in der Aftergegend, welcher von der äußern Haut entweder bis in die Nähe des Mastdarms (unvollkommene oder blinde M.) oder bis in die Höhle des letztern selbst führt (vollkommene M.). Der fistulöse Kanal ist oft gewunden oder ausgebuchtet, zuweilen auch winklig, sogar im Zickzack gebogen und erstreckt sich oft weit in die Höhe; mitunter besitzt er auch mehrere äußere Öffnungen, so daß die Umgegend des Afters siebförmig durchbohrt ist. Die M. entsteht am häufigsten infolge von Verletzungen der Mastdarmschleimhaut durch fremde Körper (spitze Knochensplitter, harte Kerne u. dgl.), welche mit dem Kot abgehen und Entzündung und Eiterung erregen, sowie infolge von syphilitischen und tuberkulösen Geschwüren; auch die Vereiterung von Hämorrhoidalknoten führt leicht zur Bildung von M. In den meisten