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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mathilde (Markgräfin von Tuscien) - Matica

Mathilde, Markgräfin von Tuscien, geb.1046, war eine Tochter des Bonifacius III. von Tuscien und der Beatrix von Lothringen. Sie schloß mit Gottfried (s. d.) dem Buckligen, Herzog von Lothringen, 1070 eine polit. Scheinehe, die 1076 durch Gottfrieds Tod gelöst wurde. Auf ihre Burg Canossa flüchtete Gregor VII. vor Heinrich IV., der hier 1077 vor ihm Buße that, und als 1081 Gregor wirklich von Heinrich angegriffen wurde und an den gegen Byzanz zu Feld gezogenen Normannen keinen Rückhalt hatte, verhinderte sie seine völlige Niederwerfung. Auch nach Gregors Tod verharrte sie im Widerstand gegen Heinrich, ging 1089 zu Gunsten des Papstes Urban II. als Dreiundvierzigjährige mit dem achtzehnjährigen Gegner Heinrichs IV., Welf V., dem Sohn des Bayernherzogs, eine zweite polit. Scheinehe ein, welche jedoch schon nach einigen Jahren gelöst wurde, und unterstützte die Erhebungen Konrads und Heinrichs (V.) gegen den eigenen Vater. Heinrich V. gegenüber beschränkte sie sich auf Erhaltung ihrer Neutralität, als dieser gegen Paschalis II. vorging. Sie starb 24. Juli 1115 zu Bondeno, nachdem sie schon 1077 die röm. Kirche zur Erbin ihrer Lehen und Güter eingesetzt und diese Bestimmung 1102 erneuert hatte. Aber die Wichtigkeit des Besitzes von Mittelitalien war für die Kaiser zu groß, als daß diese Bestimmung ihren Kampf mit dem Papsttum nicht neu hätte entfachen sollen. Der Kampf zwischen Kaiser und Papst um dieses Erbe, die sog. Mathildischen Güter, dauerte bis ins 13.Jahrh.; während dieser Rechtsunsicherheit kamen die Städte Tusciens schnell empor und gewannen die volle Unabhängigkeit nach dem Vorbild der lombard. Städte. So zerfiel das Erbe schließlich in eine Reihe von Stadtgebieten: die von Florenz, Lucca, Pisa, Siena, Arezzo, Modena, Reggio, Mantua und Parma. - Vgl. Bigi, Sopra la cel. contessa Matilde (1859); L. Tosti, La contessa Matilde e i Romani pontefici (Flor. 1859; neue Ausg., Rom 1886); Pannenborg, Studien zur Geschichte der Herzogin M. von Canossa (Gött. 1872); Donizone, Vita della contessa Matilde, volgarizzata da Davoli (Reggio-Emilia 1890); Overmann, Gräfin M. von Tuscien. Ihre Besitzungen. Geschichte ihres Gutes von 1115-1320 und ihre Regesten (Innsbr. 1895).

Mathura (engl. Muttra), Hauptstadt des Distrikts M. in der Division Agra der indobrit. Nordwestprovinzen, an der Dschamna und an der Bahn gelegen, hat (1891) mit Garnison 61 195 E. (meist Hindu), darunter 10 622 Mohammedaner und 800 Christen. Wichtig im Distrikt M. ist Bindraban oder Brindaban ("Basilienkrautwald") mit 31 611 E., eins der heiligsten Gebiete der Hindu und Wallfahrtsort.

Mathurinen (frz. Mathurins, spr. -türäng), s. Trinitarierorden.

Mathy, Karl, bad. Staatsmann, geb. 17. März 1806 zu Mannheim, studierte in Heidelberg Staatsrecht und Kameralwissenschaft und wurde 1829 im Großherzogtum Baden im Finanzfach angestellt. Die Bewegung, die nach der Julirevolution von 1830 Süddeutschland ergriff, machte ihn der Polizei verdächtig. Um ihren Maßregelungen, die ihm schon Amt und vorübergehend auch die Freiheit gekostet hatten, zu entgehen, schied er 1831 ganz aus seiner amtlichen Laufbahn und wandte sich nach der Schweiz, um sich dort publizistisch zu bethätigen. Bittere Enttäuschungen und Erfahrungen warteten seiner; er war schließlich froh, als er 1838 eine Lehrerstelle an der Bezirksschule zu Grenchen im Kanton Solothurn erhielt. Als die Hindernisse zur Rückkehr in die Heimat beseitigt waren, ging er (1840) nach Baden zurück, zunächst als Journalist, dann als Vertreter der Stadt Konstanz in der Zweiten Kammer der Landstände, wo er der Regierung in vielen Dingen entgegentrat. Mit gleichgesinnten Freunden rief er 1847 die "Deutsche Zeitung" ins Leben, die in der von ihm und seinem Freunde Wassermann gegründeten Buchhandlung erschien und zugleich den Gedanken der nationalen Einigung Deutschlands auf konstitutioneller Grundlage verwirklichen helfen sollte. In diesem Sinne trat er in mannhafter Weise allen Ausschreitungen bad. Freiheitskämpfer entgegen. 1848 wurde M. als Staatsrat und Mitglied ohne Portefeuille in das Ministerium berufen und nahm an den Versammlungen, die der Berufung des Nationalparlaments vorbereitend vorausgingen, und an diesem selbst bestimmenden Anteil. Als die Centralgewalt in anderer Weise, wie er es sich gedacht hatte, durch Gagern angebahnt wurde, trat er als Unterstaatssekretär in das Reichsfinanzministerium ein. Nach der Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. verließ er 20. Mai 1849 das Parlament und das Ministerium. Doch suchte er auf dem Tage zu Gotha (Juni 1849) und in der Erfurter Versammlung zu retten, was möglich war. Nachdem er der Leitung des bad. Finanzministeriums kurz nach seiner Berufung (26. Mai 1849) nach wenigen Tagen (3. Juni) wieder enthoben worden war, sah er sich von neuem auf seine eigene Kraft angewiesen. Zuerst (1854) in Köln bei dem Schaffhausenschen Bankverein, dann (1855) auf den Ruf Hansemanns bei der Diskontogesellschaft beteiligt, übernahm er 1857 die Direktion der Gothaer Privatbank, 1859 die Leitung der Leipziger Kreditanstalt. In allen diesen Stellungen wirkte er mit unverkennbarem Erfolge. Unter Großherzog Friedrich von Baden 1862 zurückberufen, übernahm M. neben dem Vorsitz im Finanzministerium die Führung der Hofdomänenkammer; 1864 trat er an die Spitze des neugegründeten Handelsministeriums und entwickelte namentlich auf dem Gebiete des Verkehrswesens eine umfassende Thätigkeit. Als 1866 die Großdeutsche Partei das Übergewicht im Lande errungen hatte und in den Krieg gegen Preußen trieb, erbat er 30. Juni seine Entlassung; 27. Juli wurde er zur Bildung eines neuen Ministeriums berufen, in welchem er selbst neben dem Vorsitz die Leitung der Finanzen und des Handels übernahm. In rastloser Arbeit war er die nächsten Jahre bestrebt, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes zu heben, es vor allein durch Gleichförmigkeit der militär. Einrichtungen zu der nationalen Vereinigung mit dem Norden fähig zu machen. Bevor dieses Ziel erreicht war, erlag M. nach kurzer Krankheit 3. Febr. 1868 einem Herzleiden. - Vgl. Freytag, Karl M. Geschichte seines Lebens (2. Aufl., Lpz. 1872).

Matiamvos Reich, s. Muata Jamvos Reich.

Matias, Golfo de San, Bucht an der Ostküste Patagoniens, s. San Matias.

Matica (serb.,spr. -itza, "Mutterfonds", "Mutterlade"), bei den österr. Slawen Vereine zur Förderung ihrer nationalen Interessen, insbesondere zur Pflege der Volkssprache und zur Herstellung und Verbreitung unterhaltender, überhaupt nützlicher Bücher in derselben. Die älteste solche M. ist die serbische (M. srpska), 1826 in Pest gegründet und