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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mauschel – Mäuseturm

der Backentaschen. Hierher gehören die größern Ratten (s. d.) und die eigentlichen M. Sie sind über die Alte Welt und Australien verbreitet, fehlten ursprünglich aber in Amerika, wohin europ. Arten durch Schiffe übergeführt wurden.

Die Hausmaus (Mus musculus L.), ursprünglich in Europa einheimisch, jetzt aber über die ganze Erde verbreitet, lebt stets nur bei dem Menschen und wird niemals außer dessen Behausung angetroffen. Sie ist dunkelaschgrau, unten heller, 7‒9 cm lang und hat einen Schwanz von gleicher Länge. Das Weibchen wirft in einem Sommer fünf- bis sechsmal 4‒6 Junge, welche bereits nach 14 Tagen für sich selbst sorgen. Kakerlaken oder Albinos sind unter ihnen nicht selten, und solche weiße Mäuse mit roten Augen werden zuweilen als zahme Zimmertiere gehalten. Die sog. Singmäuse sollen lungenkranke Individuen sein, die beim angestrengten Atmen pfeifende Geräusche entwickeln. Nach andern Beobachtungen, wie auch nach den von R. Hensel an Meerschweinchen gemachten, scheinen es doch wirkliche Tonleistungen normaler Individuen zu sein. Katzen und Igel sind ihre gefährlichsten Feinde. Die Waldmaus (Mus sylvaticus L., s. Tafel: Nagetiere Ⅱ, Fig. 1), die in Europa ebenso verbreitet ist als die Hausmaus, hält sich mehr in Wäldern auf, besucht aber des Nachts Gärten, zernagt die Rinde junger Baumsetzlinge oder frißt ihre Blattknospen, gräbt frisch gesäte Eicheln, Bohnen und Erbsen aus und beißt den Keim ab. In manchen Jahren vermehrt sie sich zu ungeheuren Scharen, welche sich über die Felder verbreiten und noch weit mehr Getreide zerstören, als sie zur Nahrung brauchen. Dann sind vorzüglich Eulen zu ihrer Vertilgung sehr thätig. Diese M. ist bräunlich-grau, unten stark abgesetzt weiß, ohne den 10 cm langen Schwanz 10 cm lang und frei von dem unangenehmen Geruch der übrigen M. Sie läßt sich gleichfalls zähmen. Die Brandmaus (Mus agrarius Pallas), welche vorzugsweise in Rußland heimisch, aber auch in manchen Gegenden Deutschlands nicht selten ist, wie z. B. in Thüringen, wo sie hauptsächlich die Erbsenfelder besucht, bezieht im Winter die Scheunen. Sie ist lebhaft rostbraun, den Rücken entlang mit dunklern Streifen gezeichnet und ohne den 7 cm langen Schwanz 10 cm lang. Zu den kleinsten Säugetieren gehört die Zwergmaus (mus minutus Pallas), ein 7 cm langes Tierchen, welches in Rußland und Sibirien sehr gemein, aber auch im mittlern Deutschland vorhanden ist. Sie wiegt etwa 2 g, ist oben rostrot, unten weiß und hat kurze, abgerundete Ohren und einen Schwanz von halber Leibeslänge. Ihr fast kugelrundes, aus Rispen und zerschlitzten Grasblättern gefertigtes Nest hängt sie zwischen den Kornhalmen auf. Die Feldmaus und Schermaus gehören einer besondern Gattung, Wühlmaus (s. d.), an. (S. Mäusetyphusbacillen.)

Mauschel (abgeleitet von Moses), Spottname für Jude; mauscheln, im jüd. Jargon sprechen; auch schachern.

Mäuschen (am Ellbogen), s. Ellbogen.

Mäusebussard, Raubvogel, s. Bussard.

Mäusedarm, Pflanzenart, s. Stellaria.

Mäusedorn, Pflanzenart, s. Ruscus.

Mausefalle oder Zündschachtel, Vorrichtung zur Entzündung von Leitfeuern (s. d.). Sie besteht aus einem kleinen hölzernen Kasten, durch dessen Vorder- und Rückwand ein eiserner Schieber als Deckel hindurchgesteckt ist. In den untern Teil des Kastens wird das eine Ende des Leitfeuers eingeführt und auf den geschlossenen Deckel eine glimmende kleine Kugel aus Feuerschwamm aufgelegt. Wird nun vermittelst einer Abzugsschnur der Schieber herausgezogen, so fällt die glimmende Kugel herunter und entzündet das Leitfeuer.

Mäusegerste, s. Gerste.

Mäuseholz, Bittersüß, s. Solanum.

Mäuseöhrchen, Pflanze, s. Myosotis.

Mauser, Mauserung, nannte man früher im weitern Sinne einen im Lebensprozeß der Tiere sehr wichtigen Akt, wobei dieselben abgenutzte veraltete Gewebsbestandteile (Zellen und aus Zellen hervorgegangene Gebilde) von sich ablösen und nach außen hin abstoßen. Im engern Sinne, als Federwechsel, bezieht man das Wort einzig auf die Vögel, welche besonders im Frühjahr, teilweise auch im Herbst die abgenutzten Federn abwerfen und durch neue, häufig von ganz verschiedenen Farben und Zeichnungen, ersetzen. Besonders wichtig sind die Mauserungsprozesse, durch welche das erste Flaumen- oder Dunenkleid des aus dem Ei geschlüpften Vogels ersetzt und dieser flügge wird. Bei einigen Vögeln (Helmkasuar, Larventaucher) unterliegt auch der Schnabel einer echten periodisch wiederkehrenden M. Das Hären der Säugetiere, das Häuten der Reptilien u. s. w., bei welchem alle aus Zellen bestehende Oberhautgebilde (Epithelien) sich periodisch erneuern, ist ein ähnlicher Vorgang, während bei der Häutung der Gliedertiere einfache, nicht aus Zellen bestehende Kutikularbildungen (s. Häutung) abgeworfen werden. (S. auch Haushuhn.)

Mauser, Wilhelm, Gewehrtechniker, geb. 2. Mai 1834 zu Oberndorf am Neckar, arbeitete von Jugend auf in der dortigen königl. Gewehrfabrik und konstruierte bereits 1863 in Gemeinschaft mit seinem Bruder Paul ein Zündnadelgewehr vom Kaliber 14 mm, 1865 ein Gewehr gleichfalls mit Cylinderverschluß, aber mit der Feder im Hebel der Kammer, zur Selbstspannung und für Patronen mit gasdichtem Boden eingerichtet. 1867 siedelten beide Brüder nach Lüttich über und knüpften Beziehungen zur königl. Militärschießschule in Spandau an, die nach dem Kriege von 1870/71 die verbesserte Gewehrkonstruktion derselben eingehend prüfte. Nachdem Änderungen vorgenommen worden waren, wurde das Gewehr unter der Bezeichnung «Infanteriegewehr M/71» im deutschen Heere (zunächst mit Ausschluß von Bayern) eingeführt. Im Volke hat sich die Bezeichnung Mausergewehr für dasselbe eingebürgert. (S. Handfeuerwaffen, Bd. 8, S. 765 a.) 1874 erwarben die Gebrüder M. die königl. Gewehrfabrik in Oberndorf und richteten dieselbe zur Anfertigung des M/71 ein. Das Verdienst der Gebrüder M. um die deutsche Infanteriebewaffnung hat durch eine Reichsdotation Anerkennung gefunden. Wilhelm M. starb 13. Jan. 1882.

Mauserschlacke, s. Blut (Bd. 3, S. 157 a).

Mauserung, s. Mauser.

Mäuseseptichämie, eine septichämische, von Koch experimentell durch Einspritzung faulenden Blutes oder Fleischsaftes unter die Haut bei Mäusen erzeugte Infektionskrankheit, die durch sehr kleine Stäbchenbakterien erzeugt wird. Die Krankheit ist wahrscheinlich identisch mit dem Rotlauf der Schweine.

Mäuseturm, Türme bei Bingen (s. d.) am Rhein und am Goplosee in der preuß. Provinz Posen; letzterer ist der Überrest einer sehr alten Burg, des ältesten Sitzes des poln. Königsgeschlechts der Piasten.