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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Medizin (gerichtliche) - Medizinische Bäder

Arzneiapplikation, Massage, Elektrotherapie, Galvanokaustik, schwed. Heilgymnastik, Hydrotherapie u. a.), sowie der großartige Aufschwung der Physiologie und Hygieine, welche in hohem Grade anregend und befruchtend auf das Gesamtgebiet der M. einwirkten. In ganz besonderm Grade gilt dies von den bahnbrechenden Forschungen auf dem Gebiete der Bakteriologie (s. d.), durch welche nicht nur die Anschauungen über die Entstehung der Infektionskrankheiten vollständig umgewandelt, sondern auch hinsichtlich der Behandlung derselben neue, vordem ungeahnte Bahnen eröffnet wurden (Tuberkulinbehandlung, Heilserumtherapie u. s. w.).

Litteratur. Wunderlich, Geschichte der M. (Stuttg. 1859); Häser, Lehrbuch der Geschichte der M. und der epidemischen Krankheiten (3. Aufl., 3 Bde., Jena 1875-82); Baas, Grundriß der Geschichte der M. und des heilenden Standes (Stuttg. 1876); Rohlfs, Geschichte der deutschen M. (4 Tle., ebd. und Lpz. 1875-85); Petersen, Hauptmomente in der geschichtlichen Entwicklung der mediz. Therapie (Kopenh. 1877); Hirsch, Geschichte der mediz. Wissenschaften in Deutschland (Münch. 1893); Realencyklopädie der gesamten Heilkunde, hg. von Eulenburg (3. Aufl., Wien 1893 fg.); Handwörterbuch der gesamten M., hg. von Villaret (2 Bde., Stuttg. 1887-91); Biogr. Lexikon der hervorragendsten Ärzte aller Zeiten uud Völker, hg. von A. Hirsch (6 Bde., Wien 1884-88). Von mediz. Zeitschriften sind außer den vielen für die einzelnen Fächer der M. existierenden besonders zu nennen der an Canstatts Jahresbericht (15 Bde., Würzb. 1851-65) sich anschließende von Virchow und Hirsch herausgegebene Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte in der gesamten M. (Berl. 1867 fg.), ferner Archiv für pathol. Anatomie und Physiologie, hg. von Virchow; Deutsches Archiv für klinische M. (hg. von Ziemssen und Zenker); Zeitschrift für klinische M. (hg.von Leyden, Gerhardt und Nothnagel; Deutsche mediz. Wochenschrift (Berlin); Berliner klinische Wochenschrift; Wiener mediz. Wochenschrift; Münchener mediz. Wochenschrift; Wiener mediz. Presse; Archives générales de médecine (Paris); The Lancet; British medical Journal (London); New York medical Journal and Medical Record u. a.

Medizin, gerichtliche, s. Gerichtliche Medizin.

Medizinalgewicht, soviel wie Apothekergewicht (s. d.).

Medizinalkollegium (Sanitätskollegium, Medizinaldepartement, Collegium Medicum), ein aus Ärzten und andern Sachverständigen bestehendes Kollegium, dem die Beaufsichtigung des Sanitäts- und Medizinalwesens einer Provinz oder des ganzen Landes (Landesmedizinalkollegium) obliegt. Für das Deutsche Reich besteht seit 1876 ein Reichsgesundheitsamt als oberstes beratendes und begutachtendes Organ für das öffentliche Gesundheitswesen. (S. Hygieine.)

Medizinalordnung, s. Medizinalwesen.

Medizinalpersonen, Bezeichnung für die zur Ausübung der Praxis befugten Ärzte, Wundärzte, Tierärzte und Hebammen, s. Medizinalwesen.

Medizinalpfund, s. Apothekergewicht.

Medizinalpfuscherei, s. Kurpfuscherei.

Medizinalrat, Ehrentitel für Ärzte; in Preußen Titel der ärztlichen Mitglieder der Regierungskollegien; Geheimer M., Titel älterer, besonders verdienstvoller Professoren der mediz. Fakultät.

Medizinaltaxe (lat.), die vom Staate festgesetzte Taxe, nach welcher bei gerichtlich angerufener Entscheidung das ärztliche Honorar zu berechnen ist; auch soviel wie Apothekertaxe (s. d.).

Medizinalweine, Weine, die als Arznei getrunken oder zur Darstellung von Arzneien (weinige Rhabarbertinktur, Kondurangowein, Pepsinwein, u. s. w.) verwendet werden. Jede gute Sorte eines mittelschweren bis schweren Weins kann als Medizinalwein gelten. Im engern Sinne versteht man unter M. hauptsächlich die als Méneser, Ruster, Tokajer in den Verkehr kommenden Süßweine (Ausbruchweine) Ungarns und die Süßweine Spaniens und Portugals (Sherry, Malaga, Portwein u.a.m.). Die Untersuchung der M. wird im Deutschen Reiche noch nicht einheitlich gehandhabt; sie erfolgt, soweit inländische Weine in Frage kommen, nach dem Gesetz betreffend den Verkehr mit Wein vom 20. April 1892 und der dazugehörigen Ausführungsbestimmung vom 29. April 1892. Für ausländische Süd- und Süßweine sollen einheitliche Bestimmungen über den Weingeist-, Extrakt-, Phosphorsäure- und Aschengehalt in dem Nachtrag zum Arzneibuch für das Deutsche Reich Aufnahme finden.

Medizinalwesen (Medizinalordnung, Sanitätswesen), derjenige Teil der Staatsarzneikunde, welcher von der staatlichen Organisation des öffentlichen Gesundheitswesens und von der Oberaufsicht über die Bildungsanstalten für die Ärzte und das Medizinaldienstpersonal sowie über die ärztlichen Prüfungsanstalten handelt. In den meisten deutschen Staaten ist dem Ministerium des Innern ein Obermedizinalkoliegium gewissermaßen als oberste Centralstelle für Medizinalangelegenheiten zuerteilt, welche die gesamten ärztlichen Interessen des Landes wahrzunehmen hat; in Preußen ist dies die aus den namhaftesten Fachmännern zusammengesetzte "wissenschaftliche Deputation für das M.", welche dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten beigegeben ist, wohingegen als Mittelbehörden unter dem Oberpräsidenten jeder Provinz besondere Medizinalkollegien, bei den einzelnen Regierungen Medizinalräte, in den einzelnen Kreisen die staatlich bestellten Kreismedizinalbeamten (Kreisphysikus, Kreiswundarzt, Kreistierarzt) fungieren. Außerdem ist für das Reich seit 1876 ein oberstes "Reichsgesundheitsamt" als beratendes und begutachtendes Organ für das öffentliche Gesundheitswesen dem Reichskanzleramte untergeordnet worden. Neuerdings hat man den Versuch gemacht, den praktischen Ärzten durch Gründung ärztlicher Bezirksvereine, welche zusammen den Deutschen Ärztevereinsbund (249 Vereine mit 14 270 Mitgliedern) bilden und in einigen deutschen Staaten eine Anzahl von Delegierten zur obersten Landesmedizinalbehörde absenden, Gelegenheit zu selbständigen Anträgen und zur Wahrung der Standesinteressen zu gewähren. Auch sind neuerdings Ärztekammern (s. Arzt) errichtet worden (vgl die preuß. Verordnung vom 25. Mai 1887, die Einrichtung einer ärztlichen Standesvertretung betreffend). - Vgl. Horn, Das preußische M. (2. Aufl., 2 Tle., Berl. 1863; 3. Aufl., bearb. von H. Eulenberg, 1874); Stein, Die Verwaltungslehre, Tl. 3: Das Gesundheitswesen (2. Aufl., Stuttg. 1882). Als Organ des Deutschen Ärztevereinsbundes erscheint allmonatlich das Ärztliche Vereinsblatt für Deutschland (Lpz. 1871 sg.).

Medizinische Ätiologie, s. Hygieine.

Medizinische Bäder, s. Bad (Bd. 2, S. 253 fg.).