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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Memeler Tief - Memmingen

Fabriken, Kalk- und Ziegelbrennereien, Brauereien und bedeutenden Handel mit Holz, Getreide, Kohlen, chem. Produkten, Heringen, Flachs und Hanf. Das Holz kommt auf der Memel und dem 1873 eröffneten König-Wilhelms-Kanal aus Rußland und wird in etwa 30 Sägewerken zugerichtet. Das Getreide und die übrigen Landesprodukte Litauens werden zum großen Teil über M. ausgeführt. Der Gesamtwert der Einfuhr betrug (1892) 24½, der der Ausfuhr 23½ Mill. M., darunter über die Hälfte Holz. 1892 kamen 868 Schiffe mit 268 000 Registertons zur See an, 863 Schiffe mit 264 450 Registertons gingen ab.

Geschichte. Die Stadt wurde 1253 unter den Mauern der Ordensburg Memelburg gegründet, wurde Memelburg genannt, bekam 1254 als Hansestadt Lübecker Recht und wurde 1312 befestigt. Ein Drittel derselben gehörte dem Bischof von Kurland, auf dessen Gebiet sie erbaut war, zwei Drittel besaß der livländ. Orden. Letzterer übertrug seinen Anteil 1326 dem preuß. Orden, der 1328 die ganze Stadt erhielt und sie 1404 aufs neue befestigte. Sie hatte in den Kriegen mit den Litauern und Polen im 13. bis 15. Jahrh. viel zu leiden, war im 17. Jahrh. eine Zeit lang in den Händen der Schweden, wurde 1757 von den Russen besetzt und war 1807, während des franz. Krieges, der Aufenthalt des preuß. Hofs. Am 28. Jan. 1807 wurde daselbst ein Friedensvertrag zwischen England und Preußen abgeschlossen. Am 27. Dez. 1812 wurde M. von den Russen besetzt. Der große Brand vom 9. Okt. 1854 legte über die halbe Stadt in Asche.

Memeler Tief, s. Kurisches Haff.

Memento (lat.), gedenke; substantivisch gebraucht soviel wie Erinnerungsruf, Mahnruf, Denkzettel; auch ein Teil der Messe.

Memento mori (lat.), "Gedenke des Todes", Wahlspruch einiger Mönchsorden, z. B. der Kamalduenser.

Memeridae, s. Leierschwänze.

Meminisse juvabit, Verkürzung des Verses Forsan et haec olim meminisse juvabit (s. d.).

Memleben, Dorf im Kreis Eckartsberga des preuß. Reg.-Bez. Merseburg, an der Unstrut, hat (1890) 643 E. und ist für die Geschichte der Baukunst von Interesse wegen der Ruine des im 10. Jahrh. angeblich von Mathilde, der Gemahlin König Heinrichs I., gestifteten Benediktinerklosters. Dasselbe wurde von Kaiser Otto II. und seiner Gemahlin Theophano reich ausgestattet und fiel dann an das Stift Hersfeld. Von der Klosterkirche, einem der schönsten Bauwerke ans der Übergangsperiode des byzant. in den got. Baustil, sind Ruinen mit Wandmalereien erhalten; die herrliche Krypta ist teilweise restauriert. M. war der Lieblingsaufenthalt der deutschen Kaiser aus dem sächs. Hause; Heinrich I. und Otto I. starben daselbst. - Vgl. Wilhelm, Geschichte des Klosters M. (Abteil. 1, Naumb. 1827); Puttrich, Die Kirchen zu M., Schraplau und Treben, in "Die Denkmale der Baukunst des Mittelalters in Sachsen", Abteil. 2, Bd. 1, 3. u. 4. Lfg. (Lpz. 1837).

Memling, Hans, früher fälschlich auch Hemling genannt, Maler der Altfandrischen Schule. Daß er deutscher Herkunft aus Mömlingen bei Aschaffenburg war, ist jetzt nachgewiesen; daß er aber in den Niederlanden als Soldat gedient, unter Karl dem Kühnen bei Nancy mitgekämpft habe, verwundet in das Johanneshospital zu Brügge gekommen sei und, hier gepflegt, aus Dankbarkeit seine Kunst der frommen Anstalt gewidmet habe, ist eine im 18. Jahrh. entstandene Fabel. Er wurde um 1440 geboren, war Schüler des Rogier van der Weyden, aber auch von Dirk Bouts beeinflußt, lebte in Brügge und starb 1494. M.s Bilder zeigen eine außerordentliche Farbenpracht und eingehende Ausführung des Details. Er liebt es, nach dem Geschmacke seiner Zeit mehrere Scenen in einem Bilde zu vereinigen. Ihm eigentümlich sind lebhaft bewegte Gruppen und zahlreiche kleine Figuren. Zu seinen vorzüglichsten Werken gehören der 1486 vollendete Schrein der heil. Ursula im Johannes-Hospital zu Brügge (ein Reliquienbebälter in Gestalt einer got. Kapelle, an den Langseiten mit der Legende der Heiligen auf 6 Feldern miniaturartig bemalt); Vermählung der heil. Katharina (ebendaselbst); die sieben Freuden der Maria (in der Alten Pinakothek zu München); die sieben Schmerzen der Maria (in der Pinakothek zu Turin); der Kreuzigungsaltar mit acht Flügelbildern von 1491 (im Dom zu Lübeck). Eine Kreuzigung Christi befindet sich in der Gemäldegalerie zu Amsterdam. Das Jüngste Gericht in der Marienkirche zu Danzig, das ihm früher zugeschrieben wurde, ist wahrscheinlich nicht von ihm. Höchst bedeutend zeigt er sich in der Porträtmalerei. - Vgl. Michiels, M., sa vie et ses ouvrages (Verviers 1883); Gaedertz, Hans M. und dessen Altarschrein im Dom zu Lübeck (Lpz. 1883); Kihn, Brügge und Hans M., ein deutscher Maler (in den "Histor.-polit. Blättern", Münch. 1896).

Memmi, Simon, ital. Maler, s. Martino.

Memmingen. 1) Bezirksamt im bayr. Reg.-Bez. Schwaben, hat 563,90 qkm und (1890) 28 922 (14 065 männl., 14 857 weibl.) E. in 55 Gemeinden mit 340 Ortschaften. - 2) Unmittelbare Stadt, an der nördl. Grenze des Allgäu, 5 km östlich von der Iller an der Aach, an den Linien Leutkirch-M.(32 km) der Württemb., Buchloe-M.(46,1 km) und Ulm-Kempten der Bayr. Staatsbahnen, Sitz des Bezirksamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Augsburg) mit einer Kammer für Handelssachen und 11 Amtsgerichten (Babenhausen, Buchloe, Günzburg, Illertissen, Krumbach, M., Mindelheim, Neu-Ulm, Ottobeuren, Türkheim, Weißenborn), Amtsgerichts, Hauptzoll-, Landbau-, Rentamtes, eines Handels-, Fabrik- und Gewerberates, einer Reichsbanknebenstelle und Filiale der Bayrischen Notenbank, hat (1895) 9969 (1890: 9600) E., darunter 3468 Katholiken und 222 Israeliten, Postverwaltung, zwei evang., eine kath. Kirche, darunter die Martinskirche mit Chorstühlen und die Frauenkirche mit Fresken (15. Jahrh.), Rathaus (1586) mit Archiv, Stadtbibliothek und Altertümersammlung, Standbild des Augsburger Chronisten Burkhard Zingg oder Zink, ein Stadtbad (1893), Progymnasium, Realschule, höhere Mädchenschule, Präparandenanstalt und Lehrerinnenseminar. Die Industrie erstreckt sich auf Eisengießerei, Maschinenfabrik, Glockengießerei, Gerberei, Tuch- und Leinenweberei, Flachs- und Wollspinnerei, Fabrikation von Bindfaden und Jacquarddecken und Kunstmühlen; der Handel auf die Ausfuhr von Hopfen, Getreide, Schafwolle und Leder. Der Hopfenbau ist bedeutend. - M. wird urkundlich zuerst 1010 erwähnt. Zu den Welfschen Besitzungen gehörig, wurde es 1132 von den Hohenstaufen zerstört, unter

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