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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Milchkontrolle - Milchsäure

fütterung der Kinder.) Solche Milch hat verschiedene Vorzüge auch gegenüber der in den Massensterilisieranstalten der Städte hergestellten käuflichen sterilisierten Milch. Letztere arbeiten vorwiegend nach dem Verfahren von Neuhauß-Gronwald-Öhlmann (Deutsches Reichspatent Nr. 53778), nach welchem die Milch in einem Vorwärmeschrank bei 85-90° vorsterilisiert und dann erst bei 102° C. sterilisiert wird, wobei das Verschließen der kleinen Flaschen unter Abschluß der atmosphärischen Luft innerhalb des Apparats selbst erfolgt. Es bestehen auch noch verschiedene andere Verfahren zur Herstellung sterilisierter oder Dauermilch, auch um größere Mengen Milch in Kannen zu sterilisieren. Für den Export muß die Milch in vollgefüllten Blechdosen sterilisiert werden, damit das Ausbuttern verhütet wird. Durch das starke Erhitzen nimmt die Milch einen Kochgeschmack an, auch tritt leicht bei geringem Schütteln Verbutterung des Fettes ein. Durch Zersetzung des Milchzuckers erhält sie ferner eine gelbe bis bräunliche Färbung und bittern Geschmack. Um diesem vorzubeugen, wird die Milch vielfach nur bei Temperaturen von höchstens 75° C. pasteurisiert, wodurch die Haltbarkeit der Milch allerdings eine kürzere, aber für viele Zwecke vollkommen genügend ist; dieses Verfahren läßt sich auch in den Sennereien mit Hilfe verschiedener Pasteurisierapparate bequemer ausführen. Kondensierte, präservierte Milch erhält man durch Eindicken von Milch unter Luftabschluß (im Vakuum) mit oder ohne Zusatz von Rohrzucker. Nachdem E. N. Horsford in Boston 1849 die Verhältnisse festgestellt hatte, unter denen eine haltbare und schmackhafte Milchkonserve in fester Kuchenform zu bereiten ist, entstanden in den fünfziger Jahren im Staate Neuyork auf Grund eines amerik. Patents von Gail Borden mehrere Fabriken für kondensierte Milch, denen die erste und ietzt noch bedeutendste in Europa, die Anglo-Swiß-Condensed-Milk-Company in Cham (Kanton Zug), 1866 folgte. Gegenwärtig giebt es viele solche Fabriken. Die Herstellung der kondensierten Milch geschieht durch Eindampfen derselben auf ein Viertel ihres Volumens im luftverdünnten Raume unter gleichzeitigem Zusätze von ungefähr 12 Proz. ihres ursprünglichen Gewichts au feinstem Rohrzucker. Das Präparat, welches eine weißliche Farbe, eine dickflüssige Konsistenz, einen milden, süßen Geschmack und lange Haltbarkeit besitzt sowie durch Zusatz von 3 bis 4 Teilen Wasser sich zu einer milchähnlichen Flüssigkeit auflöst, hat im Mittel folgende Zusammensetzung: Wasser 26 Proz., Fett 11 Proz., Proteïnstoffe 12 Proz., Milchzucker 16 Proz., Rohrzucker 33 Proz. und Asche 2 Proz. Außer dieser unter Zuckerzusatz hergestellten kondensierten Milch bereitet man seit einigen Jahren auch solche ohne Zucker. Pulverförmige Konserven haben den Nachteil unvollständiger Löslichkeit und veränderten Geschmacks. In Skandinavien und Finland macht man die Milch mit Hilfe von Pflanzen (Pinguicula) oder darauf vorkommenden Pilzen schleimig, fadenziehend und dadurch haltbar. Solche "lange Milch" (Långmjölk, Tätmjölk) bildet einen Handelsartikel. - Vgl. Petri und Maaßen, Über die Herstellung von Dauermilch ("Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamtes, Bd. 7, Berl. 1891); Weigmann, Die Methoden der M. (Brem. 1893); Soxhlet, Über Kindermilch und Säuglingsernährung (Münch. 1886); ders., Ein verbessertes Verfahren der Milchsterilisierung (ebd. 1891).

Milchkontrolle, s. Milch und Milchwirtschaft.

Milchkrankheit der Kühe, s. Milk-Sickness.

Milchkraut, s. Glaux.

Milchkügelchen, s. Milch (S. 876 a).

Milchkühlapparate, s. Butter (Bd. 3, S. 799 a).

Milchlattich, s. Sonchus.

Milchmeer, s. Meer (S. 723 a).

Milchmesser, soviel wie Galaktometer (s. d.).

Milchner, die Männchen der Fische.

Milchpilz, s. Lactarius.

Milchprüfung, s. Milch.

Milchpumpe, ein Apparat zur künstlichen Entleerung der weiblichen Brustdrüsen, besteht entweder aus einem schröpfkopfartigen Glas, in welchem man durch Saugen oder vermittelst einer kleinen Pumpe einen luftverdünnten Raum erzeugt, oder aus einer Kugel von vulkanisiertem Kautschuk, mit einer aus einem Glasring bestehenden Öffnung. Drückt man die Kugel zusammen und setzt nun den Glasring auf die Brust, so entsteht durch die Ausdehnung des Kautschuks ein luftverdünnter Raum, in welchen die Milch hineinfließt.

Milchreife des Getreides, s. Ernte.

Milchröhren oder Milchsaftgefäße, gewisse röhrenförmige Zellen oder Zellvereinigungen der Pflanzen, in denen eine milchige, meist trübe Flüssigkeit, der sog. Milchsaft, enthalten ist. Seine Farbe ist verschieden, bei manchen Arten reinweiß, wie z. B. beim Mohn und den Euphorbiaceen, bei andern lebhaft gelb oder rot gefärbt, wie bei dem Schöllkraut. Werden M. führende Pflanzen verletzt, so tritt oft in großer Menge der Milchsaft an der Wunde hervor, trocknet dann ein und verschließt die verletzte Stelle. Die M. treten bei den verschiedensten Pflanzenfamilien auf, besonders häufig bei den Euphorbiaceen, Papaveraceen, Cichoriaceen, Campanulaceen, ferner bei einigen größern Pilzen aus der Gattung Lactarius (s. d.). Man unterscheidet nach ihrem Bau gegliederte und ungegliederte M., die erstern entstehen durch Verschmelzung von vielen Zellen, die in Reihen liegen; die ungegliederten, wie bei den Euphorbiaceen, stellen, obwohl sie durch die ganze Pflanze verlaufen, einzelne Zellen von außerordentlicher Länge und reicher Verzweigung dar. Im Inhalte der M. finden sich sehr verschiedenartige Stoffe, z. B. Stärkekörner, Harze, Kautschuk, sodann viele gelöste Stoffe, Zucker, Gummi, Alkaloide u. dergl. Es ist wahrscheinlich, daß die M. häufig als Leitbahnen für den Transport von Nährstoffen dienen, außerdem aber auch als Behälter für ausgeschiedene Körper, wie Kautschuk, Harz u. dgl. Viele Milchsaft enthaltende Pflanzen sind Giftpflanzen, da gerade im Milchsaft häufig giftige Alkaloide vorkommen. (S. Harzgänge und Intercellularräume.)

Milchsaft, s. Chylus.

Milchsatten, s. Butter (Bd. 3, S. 798 a).

Milchsäure, Oxypropionsäure, Name für einige organische Säuren von der Zusammensetzung C3H6O3. Ihrer chem. Konstitution nach unterscheidet man mehrere isomere Säuren.

1) Die gewöhnliche oder Äthylidenmilchsäure (lat. Acidum lacticum), Alphamilchsäure, Gärungsmilchsäure, auch Zuminsäure, Nancysäure, Thebolaktinsäure, CH3.CH(OH).COOH, entsteht durch die Milchsäuregärung (s. unten) aus Zuckerarten, wie Milchzucker, Traubenzucker, Rohrzucker, aus Gummi und Dextrin. Sie ist daher in vielen sauer gewordenen Sub-^[folgende Seite]