Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

895

Millenarier - Miller

der Innenseite eines cylindrischen Thon-oder Eisengefäßes aufgestellt (s. nachstehende Fig. 1). In dem so hergestellten, vorher erwärmten Stäbchenkranz wird ein massiver Cylinder aus zähflüssigem Glas (an der Pfeife haftend) vorsichtig eingedrückt. Die Stäbchen schmelzen an den Glascylinder an, und das Ganze wird nach gehörigem Durcharbeiten zu einem dünnen Stab ausgezogen. Dreht man während des Ausziehens den Glasstab wie einen Strick, so werden die Einzelfädchen in Schraubenwindungen, sich scheinbar kreuzend, nebeneinander herlaufen; die Stäbchen erhalten dann, flachgedrückt, das Aussehen eines lockern Gewebes (Petinet, Fig. 2). Ein Glasstab mit der in Fig. 3 dargestellten Verzierung wird erhalten, indem man mehrere (4-10) gefärbte Glasstäbe nebeneinander in den Cylinder (Fig. 1) stellt, den übrigen Raum mit Stäbchen aus farblosem Glas ausfüllt. Die weitere Verarbeitung geschieht in der gleichen Weise wie bei Petinet. Aus diesen Stäbchen (Elementen, canne, wenn gewunden: ritorte) können nun die verschiedenartigsten Gefäße in analoger Weise hergestellt werden. Die Stäbchen werden wieder zu einem Strange vereinigt, auf einen Hohlcylinder (Fig. 4) gebracht und mit diesem gemeinsam zu Bechern, Vasen u. dgl. m. verarbeitet. Vereinigt man eine Anzahl Stäbchen zu einem gerieften Hohlcylinder, so hat man ein Gefäß, welches vor der Vollendung noch gedreht werden kann; bringt man in das Innere dieses Gefäßes ein anderes mit entgegengesetzter Drehung, so können beide derart vereinigt werden, daß nur die erhabenen Stellen sich berühren. Die Fäden bilden dann ein Netzwerk, das zwischen seinen Maschen Luft eingeschlossen hält (retikulierte oder gestrickte Gläser, Fig. 5).

^[Fig.1 Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5]

Millenarier, soviel wie Chiliast, s. Chiliasmus.

Millennium (lat.), ein Zeitraum von tausend Jahren.

Millepedes, s. Asseln.

Milleporidae, Unterfamilie der Hydroidpolypen (s. d.), bilden Kalkstöcke von unregelmäßiger Baum-, Blatt-, Lappen- und Krustenform mit zweierlei Arten von Tieren: kurzen, cylindrischen Nährpolypen (Gastrozoiden), um deren Mundöffnungen 4-6 Tentakeln im Kreise angeordnet stehen, und fadenförmigen Tentakeln tragenden mundlosen Tastpolypen (Daktylozoiden), die entweder unregelmäßig zwischen den Nährpolypen verteilt sind oder in regelmäßiger Anordnung um die einzelnen Nährpolypen herumstehen. Diese Unterfamilie hat nur eine Gattung mit zahlreichen schwer unterscheidbaren Arten, Varietäten oder Rassen und beteiligt sich wesentlich an der Bildung der Korallenbauten. Die zweite Unterfamilie, die der Stylasteridae, bildet verzweigte baum- oder buschförmige, meist lebhaft rot oder violett gefärbte Stöckchen, die meist in einer Fläche oder in mehrern, dicht hintereinander liegenden Flächen angeordnet sind. Die Tastpolypen sind tentakellos, stehen in Kreisen von 4 bis 12 Individuen um je einen stark zurückziehbaren, entweder tragenden oder flaschenförmigen tentakellosen Nährpolypen. Die Geschlechtstiere (Knospen), die bei den M. noch nicht entdeckt sind, finden sich in besondern Hohlränmen des Skeletts (sog. Ampullen). Die M. und Stylasteridae bilden eine Unterordnung der Hydroidpolypen, die Hydrocorallinae (s. d.).

Miller, Ferd. von, der Ältere, Erzgießer, geb. 18. Okt. 1813 zu Fürstenfeldbruck in Oberbayern, besuchte die Akademie zu München und betrieb daneben in Stiglmayrs Atelier die Technik des Erzgusses. In Paris setzte er diese Studien bei Soyer fort und wurde zuerst bekannt durch die Erfindung einer neuen gefahrlosen Feuervergoldungsart für große Erzfiguren. Auch wurde durch ihn eine neue Methode für die Gußformen eingeführt. M. folgte Stiglmayr 1844 in der Leitung der königl. Erzgießerei und schloß sich eng an Schwanthaler an, dessen Schöpfungen meist durch ihn in Metall ausgeführt worden sind; darunter besonders die Kolossalfigur der Bavaria (s. ). Im ganzen sind bisher über 160 kolossale Erzstatuen, 8 Reiterfiguren, 5 eherne Thore, darunter das figurenreiche Thor vom Kapitol in Washington und Schillings kolossale Germania für das Nationaldenkmal auf dem Niederwald (s. d.) aus seiner Gießerei hervorgegangen. M., der sich in seiner spätern Zeit Verdienste nm die Hebung des Münchener Kunstgewerbes erwarb, starb 11.Febr. 1887 in München.

Von seinen Söhnen folgten seinem Beruf: Ferdinand von M., der Jüngere, geb. 8. Juni 1842 in München, Bildhauer und Erzgießer, erhielt seinen ersten Unterricht bei seinem Vater, dann bei Hähnel in Dresden. Von seinen Kompositionen sind zu nennen die drei Kolossalstatuen von Humboldt, Shakespeare und Christoph Columbus für den Park von St. Louis, die Figur eines Soldaten, der begeistert seine Fahne an die Brust drückt, zu dem Kriegerdenkmal in Charleston, die Statue des Generals Mosquera für Columbia, der aus vier Bronzefiguren von berühmten Bamberger Fürsten und Würdenträgern mit König Max Joseph von Bayern als Hauptfigur bestehende Maximiliansbrunnen in Bamberg, die Statue des Albertus Magnus in Lauingen, das Armeedenkmal in München (1892), das Reiterstandbild Wilhelms I. in Metz (1892), das Standbild des Prinz-Regenten Luitpold in Berchtesgaden (1893), der Monumentalbrunnen in Würzburg (1894). Alle diese Werke sind in der königl. Erzgießerei gegossen worden. - Fritz von M., geb. 11. Nov. 1840 in München, Professor an der königl. Kunstgewerbeschule in München, hat als Goldschmied, Ciseleur und Emailleur kunstgewerblicher Richtung Tüchtiges geleistet. Ein Schüler Fortners, hat er seine praktische Übung in London und Paris, seine künstlerischen Anlagen in Florenz, Rom und Neapel ausgebildet. - Ludwig von M., geb. 23. Juni 1850 in München, der technische Leiter in der M.schen Erzgießerei, vertritt seinen Vater in würdiger Weise und hat sich auch durch Erfindung einer neuen Formmethode bekannt gemacht.

Miller, Job. Mart., Romanschriftsteller und Liederdichter, geb. 3. Dez. 1750 zu Ulm, gehörte in Göttingen, wo er seit 1770 Theologie studierte, zu dem von Boie gegründeten Göttinger Dichterbund. Nachdem M. dann in Leipzig seine Studien beendet