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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Milzbrandbacillus – Mimamsa

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Milzbrand'

lene, dunkelrote, zerfließliche Milz, ferner Blutungen und sulzige Ergießungen unter der Haut und an den Eingeweiden auf. Jedes Tier mit solchen Erscheinungen ist im höchsten Grade milzbrandverdächtig.

Eine Behandlung des M. bei den Tieren ist ohne Erfolg und deshalb durch das Reichs-Viehseuchengesetz verboten; dagegen wird von den angesteckten Menschen ein großer Teil durch rechtzeitig angewandte sachverständige Hilfe gerettet. Das Wesentlichste hierbei ist das Ausbrennen oder Ausschneiden der Milzbrandgeschwulst und Berieselung der Wunde mit Carbol-, Kreolin- oder Sublimatwasser.

Eine Zeit lang versuchte man durch Milzbrandschutzimpfung mit abgeschwächtem Milzbrandgifte die Haustiere in ausgesprochenen Milzbranddistrikten gegen Ansteckung zu schützen. Zu diesem Behufe wurden Milzbrandbacillen durch Züchtung bei 42–43° abgeschwächt und zuerst ein schwächerer (premier vaccin) und 10–14 Tage später ein stärkerer Impfstoff (second vaccin) den Tieren eingeimpft. Wenn es auch auf diese Weise möglich ist, Tiere eine bestimmte Zeit lang gegen natürliche Ansteckung durch M. zu schützen, so sind die angestellten Versuche, namentlich durch die zum Teil recht hohen Impftierverluste, vorläufig zu weiterer Anwendung der Schutzimpfung nicht ermutigend.

Milzbrandbacillus (Bacillus anthracis Cohn), die Ursache des Milzbrandes (s. d.), unbewegliche stäbchenförmige Zellen von 0,006 mm Länge und 0,001 mm Breite, die außerhalb des Tierkörpers sich zu sehr langen Fäden entwickeln können, während sie im Blut des infizierten Tieres nur kurze Gliederketten bilden. Innerhalb der Zellleiber werden stark glänzende Sporen gebildet (s. Tafel: Bakterien, Fig. 3), welche sehr widerstandsfähig sind, sowohl gegen hohe Temperatnren (140°C.) als desinfizierende Mittel (Carbolsäure u. a.) und viele Jahre keimfähig bleiben. Die Sporenbildung geht aber, ebenso wie das Wachstum der Bacillen überhaupt, nur bei einer Temperatur zwischen 18 und 34°C und bei genügendem Sauerstoffzutritt von statten, so daß hieraus erklärlich ist, daß innerhalb des Tierkadavers niemals Sporen gebildet werden. Die tödliche Wirkung der M. beruht aus der Erzeugung eines starken chem. Giftes. Am reichlichsten sind die M. bei der Milzbrandkrankheit in der stark geschwollenen Milz vorhanden. In gewissen Gegenden, den sog. Milzbranddistrikten, vermehren sich die M. wahrscheinlich auf Pflanzen, deren Genuß (grün oder als Heu) bei den Pflanzenfressern die gewöhnliche Form des Milzbrandes bervorruft. Durch langdauernde Kultur bei 42°C. verlieren die Bacillen allmählich ihre Virulenz, so daß sie Tiere, welche den normalen Bacillen sofort erliegen, nicht mehr zu töten vermögen. Durch diese Entdeckung gelangte Pasteur zu seinem Schutzimpfverfahren (s. Milzbrand), welches aber nur gegen den Impfmilzbrand schützt, nicht gegen den Fütterungsmilzbrand, und daher gegenwärtig noch nicht praktisch zu verwerten ist. Der M. wurde schon 1849 von Pellender, 1850 von Davaine gesehen und 1863 von letzterm für die Ursache des Milzbrandes erklärt: zur sichern Anerkennung seiner pathogenen Eigenschaften führten vorwiegend die Impfexperimente R. Kochs 1876, der auch seine Wachstums- und Entwickelungsverhältnisse völlig klarlegte.

Milzbrandblutschlag, Milzbrandbräune, s. Milzbrand.

Milzbranddistrikte, s. Milzbrandbacillus. ↔

Milzbrandkarbunkel, s. Karbunkel.

Milzeburg, s. Milseburg.

Milzfarn, s. Ceterach.

Milzkapsel, s. Milz.

Milzkrankheiten sind selten primäre, selbständige Affektionen der Milz, sondern meist sekundärer Natur, indem sie vorwiegend als begleitende Erscheinungen oder als Folgezustände bei verschiedenen Erkrankungen anderer Organe, besonders der Leber und des Herzens, sowie bei gewissen Allgemeinleiden (Wechselfieber, Typhus, Pocken, Milzbrand u. a.) auftreten. Zu den primären Krankheiten der Milz gehören strenggenommen nur die sog. lienale Form der Leukämie (s. d.), der Krebs und der Echinokokkus der Milz. Unter den sekundären M. bieten die Tuberkulose der Milz, die syphilitische Entartung derselben sowie die speckige oder amyloide Entartung (bei langwährenden Knochenleiden und Eiterungen) nichts Besonderes dar.

Von Wichtigkeit sind die akute Schwellung oder Hyperämie der Milz, die im Verlauf des Typhus und verwandter Infektionskrankheiten auftritt und mit Ablauf der Grundkrankheit verschwindet, und die chronische Milzschwellung oder Hypertropbie der Milz, welche meist Folge hartnäckiger Wechselfieber ist, daher von den ältern Ärzten auch als Fieberkuchen bezeichnet wurde und mit mehr oder minder schweren Funktionsstörungen einhergeht. Bei hochgradiger Milzhypertrophie erleidet die Milz eine beträchtliche Vergrößerung und Gewichtszunahme (bis zu 10 kg und darüber), so daß sie nicht selten die ganze linke Hälfte der Bauchhöhle ausfüllt; in solchen Fällen klagen die Kranken über das Gefühl von Druck und Vollsein, über Beklemmung und Atmungsbeschwerden, zeigen auch gewöhnlich eine blasse, fahle Gesichtsfarbe, leiden häufig an Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden und Blutungen, insbesondere an Nasenbluten, und werden schließlich oft wassersüchtig. Die Behandlung erfordert möglichst baldige Übersiedelung in eine malariafreie Gegend, längern Gebrauch von Chinin- und Eisenpräparaten, kräftige leichtverdauliche Nahrung und kalte Umschläge oder Douchen auf die Milzgegend.

Von den sonstigen M. sind die Blutergüsse oder hämorrhagischen Infarkte der Milz erwähnenswert, welche am häufigsten bei Krankheiten des linken Herzens und bei Pyämie vorkommen (s. Infarkt). Mitunter entstehen auch durch abnorme Lageveränderungen der Milz (sog. Wandermilz) eigentümliche Beschwerden.

Milzkraut, Pflanze, s. Chrysosplenium.

Milzpulpe, Milzschwellung, s. Milz.

Milzstechen, Seitenstechen, ein Schmerz in der Milzgegend (im linken obern Teil der Bauchhöhle, hinter den letzten Rippen), der nach übermäßigen Anstrengungen, insbesondere nach anhaltendem schnellem Laufen, mitunter auch bei Stuhlträgheit, sich einstellt und auf einer Blutüberfüllung der Milz beruht. Gewöhnlich geht das M. bald vorüber und bedarf keiner besondern Behandlung; bei starkem Stechen werden leichte Abführmittel und Prießnitzsche Umschläge auf die Milzgegend mit Vorteil angewendet.

Milzsucht, s. Hypochondrie.

Milztumor, s. Milz.

Mimamsa (d. i. Forschung), eins der sechs orthodoxen brahmanischen Systeme (s. Indische Philosophie). Die beste Darstellung des Hauptinhalts hat

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 902.