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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mineralöl - Mineralspiritus

wärtigen Wesen, bald auch im weitern Sinne, nämlich zugleich nach ihrer Entstehung und Umbildung, betrachtet werden können. Die wissenschaftliche Behandlung der M. ist schon darum sehr neuen Ursprungs, weil sowohl Chemie als Krystallographie erst in neuerer Zeit jenen Grad der Ausbildung gewonnen haben, der für die konsequente Durchführung genauer Charakteristiken und auf Gestalt und chem. Konstitution gebauter Systeme nötig ist. Die Alten, z. B. Plinius, kannten und unterschieden nur wenig Mineralien und beschrieben sie unvollständig. Die ersten Versuche wissenschaftlicher Behandlung machte Georg Agricola im 16. Jahrh. Indes verdienen erst die Systeme der Schweden Wallerius (1772) und Cronstedt (1758) diesen Namen; während der erstere rein chemisch klassifizierte, räumte der zweite auch den äußern Kennzeichen ihr Recht ein. Die Bearbeitung dieser letztern ist das besondere Verdienst Abraham Gottlob Werners (s. d.), dem man die sog. empirische Methode der Mineralbeschreibung verdankt, die von bestimmten theoretischen Ansichten ganz unabhängig und darum noch gegenwärtig in ihren Grundzügen in Gebrauch ist. Sein System war weder chemisch noch physikalisch konsequent; man findet es am ausführlichsten in C. A. S. Hoffmanns "Handbuch der M." (mit Fortsetzung von Breithaupt, 4 Bde., Freiberg 1811-18). Allerdings gewannen aber auch erst nach Werner sowohl die Chemie als die Krystallographie die gegenwärtige wissenschaftliche Form, und Haüy (s. d.) war der erste, der seine mathem. Untersuchungen über Krystallformen zur Aufstellung eines Systems anzuwenden versuchte. Seitdem haben die Mineralogen in der Systematisierung zwei wesentlich verschiedene Wege verfolgt. Die einen stellen die morpholog. und physik., die andern die chem. Kennzeichen an die Spitze. Die erste, die sogenannte naturhistor. Methode, hat vor allen Friedrich Mohs mit seinen Anhängern Jameson, Allan, Haidinger, Zippe u. a. gepflegt, die dadurch zwar außerordentlich viel zur Förderung der Lehre von den äußern Kennzeichen beitrugen, andererseits aber auch eine fast gänzliche Vernachlässigung der Kenntnisse von dem chem. Wesen der Mineralien verschuldeten. Auch das System von Joh. Aug. Friedr. Breithaupt (s. d.) ist ein naturhistorisches. Diesen gegenüber steht mit rein chem. System Berzelius (s. d.), dem von Kobell und Blum sich anschließen. Indes haben die wichtigen Entdeckungen über den Zusammenhang zwischen Gestalt und Mischung nur zur Befestigung der schon längst von vielen Mineralogen gehegten Ansicht beigetragen, daß völlige Einseitigkeit verwerflich und eine genügende Klassifikation nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung beider Klassen von Kennzeichen zu erreichen sei. Die Systeme von Leonhard, Beudant, Weiß, Naumann und Geinitz verfolgen sämtlich diesen Weg mit mehr oder weniger Glück, während das krystallochem. System von Gustav Rose sowie dasjenige von Dana mehr in erster Linie die chem. Konstitution betont und deshalb auch die Beziehungen des Isomorphismus noch besser berücksichtigen kann. Gerade wegen des letztern Umstandes hat man in neuester Zeit den Klassifikationsversuchen, die vorwiegend die chem. Zusammensetzung der Mineralien ins Auge fassen, den größten Beifall geschenkt.

Vgl. von Kobell, Geschichte der M. (Münch. 1864). Als die besten Lehrbücher der M. gelten: Des Cloizeaux, Manuel de minéralogie (Bd. 1, Par. 1862; Bd. 2, Heft 1, 1874, unvollendet); Quenstedt, Handbuch der M. (3. Aufl., Tüb. 1877); Naumann, Elemente der M. (12. Aufl., hg. von Zirkel, Lpz. 1885); M. Bauer, Lehrbuch der M. (Berl. 1886); Groth, Tabellarische Übersicht der Mineralien nach ihren krystallographisch-chem. Beziehungen (3. Aufl., Braunschw. 1889); Hintze, Handbuch der M. (Lpz. 1889 fg.); E. S. Dana, Descriptive mineralogy (6. Aufl. von J. D. Danas System of mineralogy, Neuyork1892); Tschermak, Lehrbuch der M. (4. Aufl., Wien 1894).

Mineralöl, im weitern Sinne jedes dem Mineral- oder Erdreich entstammende oder aus demselben gewonnene Öl, also auch das Erdöl (s. d.) oder Petroleum (s. d.). Im engern Sinne versteht man dagegen unter M. nur die durch trockne Destillation von Steinkohlen, Braunkohlen, Torf, bituminösen Schiefern u. dgl. hergestellten flüssigen Leuchtstoffe, die untereinander wieder als Benzin (s. d.), Hydrocarbür (s. d.), Solaröl (s. d.) unterschieden werden. Von den verschiedenen Rohmaterialien, die im Laufe der Zeit bei der Herstellung dieser Öle Verwendung gefunden haben, haben sich viele als unbrauchbar erwiesen und haben verlassen werden müssen, weil die Ausbeute an Produkt die Bearbeitungskosten nicht lohnte. Von allen sind nur zwei technisch verwertbare Rohstoffe übriggeblieben, der eine ist die Bogheadkohle, die in Schottland verarbeitet wird, der andere eine besondere Art der Braunkohle, die sog. Schwelkohle, die in der Umgegend von Weißenfels, Zeitz, Bitterfeld und an einigen andern Orten vorkommt. Beide Kohlen besitzen doppelt soviel gebundenen Wasserstoff als die gewöhnliche Braunkohle oder Steinkohle, und durch dieses Verhältnis ihrer Bestandteile sind sie zur Gewinnung von M. und Paraffin (s. d.) geeignet. Die Gewinnung der M. besteht in einer stufenweis durchgeführten Destillation. Durch die erste Destillation erhält man Rohöl und Paraffin. Das Rohöl wird durch Natronlauge von den Phenolen und durch Schwefelsäure von den Brandharzen gereinigt. Durch weitere Destillation geht das Leichtöl über, das, nachdem es wieder mit Schwefelsäure behandelt ist, durch Rektifikation Benzinöl und Hydrocarbür liefert. Aus dem gereinigten Benzinöl wird das Benzin durch Einleiten von Dampf abgeführt. Die Mineralölindustrie hat sich, seitdem man dies erkannt und von allen sonstigen Materialien abgewandt hat, erfolgreich gegen die Konkurrenz des amerik. und russ. Petroleums behauptet. - Vgl. Aisinman, Taschenbuch der Mineralölindustrie (Berl. 1896).

Mineralöllampen, s. Petroleumlampen.

Mineralpottasche nennt man das kohlensaure Kalium, das jetzt in chem. Fabriken durch Zersetzung des aus den Staßfurter Abraumsalzen abgeschiedenen Chlorkaliums dargestellt wird.

Mineralquellen, s. Mineralwässer.

Mineralsäurebäder, s. Bad (Bd. 2, S.254 a).

Mineralsäuren, Sammelname für Schwefel-, Salz-, Salpetersäure, in weiterm Sinne für alle stärkern anorganischen Säuren.

Mineralschwarz, Bezeichnung für verschiedene schwarze Mineralfarben; so z. B. Aethiops mimeralis (s. Quecksilbersulfid), aber auch feinst gepulverte Steinkohle.

Mineralsoda, aus Chlornatrium bereitete Soda.

Mineralspiritus, synthetisch dargestellter Alkohol durch Einleiten von Äthylen in Schwefelsäure