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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mitella – Mithridates

Mitella (lat.), in der Chirurgie die Tragbinde, ein dreieckiges oder viereckiges Tuch zur Unterstützung des verletzten Arms.

Miterben sind diejenigen, welche zusammen die Gesamtrechtsnachfolger eines Erblassers geworden sind. Der Begriff der Gesamtrechtsnachfolge (s. Erwerben) bringt es mit sich, daß die Anteile der Einzelnen nur Rechnungsteile (Bruchteile) sein können. Während aber dem Gemeinen Rechte nur die von dem Erblasser Berufenen oder nur die durch das Gesetz Berufenen M. sein können, kennen die neuern Rechte auch solche M., von welchen einige durch das Gesetz, andere durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag berufen sind. Für die M. ist durch die Erbschaft das Rechtsverhältnis der Gemeinschaft entstanden. In der Ausgestaltung dieses Gemeinschaftsverhältnisses gehen die geltenden Rechte auseinander. Das Gemeine Recht wendet auf das Verhältnis der M. die Vorschriften über Gemeinschaft an. Forderungen und Schulden der Erbschaft sind im Verhältnis der Erbteile unter den M. kraft Gesetzes geteilt und die übrigen zum Nachlaß gehörenden Gegenstände stehen den M. ebenso nach Bruchteilen zu. Jeder kann über seinen Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen verfügen. Die andern M. haben dadurch nicht mehr die Möglichkeit, sich wegen ihrer durch die Erbengemeinschaft begründeten Ansprüche (sie haben z. B. Erbschaftsschulden gezahlt) aus jenem Anteil zu befriedigen. Dieser Auffassung haben die meisten geltenden Rechte sich angeschlossen. Nach Preuß. Allg. Landr. I, 9, §§. 368, 382; I, 17, §§. 127 fg., 151. Dagegen kann der einzelne Miterbe bis zur Auseinandersetzung nur über seinen Anteil an dem Nachlaß, nicht aber seinen Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen verfügen und in Ansehung der Nachlaßschulden besteht ein Gesamtschuldverhältnis. Das Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 550, 649, 820, 821 sieht den Nachlaß bis zur Einantwortung der Erbschaft an die M. als eine Gesamtmasse an, welche als solche von den Erben vertreten wird, die auch nur zusammen belangt werden können. Selbst nach der Einantwortung der Erbschaft haften die Erben solidarisch, soweit nicht das Inventarrecht Beschränkungen in der Haftung zur Folge hat. Der Deutsche Entwurf, Reichstagsvorlage §§. 2007 fg., hat sich im wesentlichen dem preuß. Rechte angeschlossen. Die Verfügung des M. über seinen Anteil am Nachlaß bedarf notarieller oder gerichtlicher Beurkundung. Die M. haben in Bezug auf diesen Anteil ein auch noch gegenüber dem Käufer zustehendes Vorkaufsrecht. Die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe allein treffen, ebenso kann er allein Erfüllung der Erbschaftsansprüche an alle Erben fordern. Im übrigen ist die Verwaltung des Nachlasses eine gemeinschaftliche. Wegen des Anwachsungsrechts unter M. s. Anwachsungsrecht, wegen der Auseinandersetzung unter den Erben s. Erbteilung und Ausgleichungspflicht. – Vgl. Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, Bd.5 (2. Aufl., Berl. 1885), §. 283 mit Bd. 2, §. 82.

Mitesser, ein Hautausschlag, s. Finne.

Mitford (spr. mittf'rd), Mary Russell, engl. Schriftstellerin, geb. 16. Dez. 1786 zu Arlesford (Hampshire), zeichnete sich durch ihre Trauerspiele «Julian» (1823), «The Foscari» (1826), «Rienzi» (1828), «Charles I.» (1829) aus. (1854 erschienen die Dramen gesammelt.) Weniger gelangen ihr die ↔ Nachahmungen der kleinen poet. Erzählungen W. Scotts. Dagegen wurde sie besonders bekannt durch ihre Erzählungen: «Our village» (5 Bde., 1824–32 u. ö.), «Belford Regis» (3 Bde., 1835 u. ö.), «Country stories» (1837), ferner «Stories of American life» (3 Bde., 1832), und endlich: «Recollections of a literary life» (1852 u. ö.). M. starb 10. Jan. 1855 zu Swallowfield. – Vgl. L’Estrange, Life of M. R. M. (3 Bde., Lond. 1869), auch ihre Briefe enthaltend; ders., Friendships of M. R. M. (ebd. 1882).

Mitgift oder Mitgabe, ein in vielen Gegenden geläufiger Ausdruck für Ausstattung (s. d.). Anderwärts wird M. oder Heiratsgut (Brautschatz) als dasjenige Vermögen bezeichnet, welches von der Ehegattin oder einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen Gesellschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesagt wird. In diesem Sinne hat die M. eine besondere Bedeutung bei der Güterordnung des sog. Dotalsystems (s. d.). Die bei der Verwaltungsgemeinschaft (s. d.) bestellte M. wird nicht Eigentum des Ehemannes, unterliegt aber wie die Ausstattung dessen Verwaltung und Nutznießungsrechte. Bei der allgemeinen Gütergemeinschaft fällt die M. im Zweifel in das Gesamtgut, bei der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Deutschen Entwurf (Reichstagsvorlage §. 1504) nicht. Letztere nennt die M. Ausstattung (§. 1602), die Ausstattung Aussteuer (§. 1598). – Vgl. Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, Bd. 4 (2. Aufl., Berl. 1884), §. 236; von Roth, System des deutschen Privatrechts (3 Tle., Tüb. 1880–86), §. 96; Förster, Preuß. Privatrecht, bearbeitet von Eccius (6. Aufl., 4 Bde., Berl. 1892–93), Bd. 4.

Mit Gott für König und Vaterland, von Friedrich Wilhelm III. bestimmte Devise des preuß. Landwehrkreuzes, später oft Losungswort der konservativen Partei in Preußen.

Mitho, Mytho, Stadt im franz. Cochinchina, am linken Ufer des östl. Mekongarms, 46 km oberhalb der Mündung, ist mit Saigon durch Eisenbahn (77 km) verbunden, besteht aus zwei Ansiedelungen, Dieu-bo und Dibn-tao, hat etwa 6000 E. und eine Citadelle, und ist wichtiger Stapelplatz für den Handel des Landes. Es wurde 1862 von Annam abgetreten.

Mithra, andere Schreibung für Mitra (s. d.).

Mithridat (Mithridatium), eins der ältesten Arzneimittel, in Gestalt einer Latwerge, die als allgemeines Gegengift in hohem Ansehen stand und zu deren Zubereitung ursprünglich 54 verschiedene Substanzen Verwendung gefunden haben sollen. Sie soll von dem pont. König Mithridates Eupator erfunden worden sein. Die Vorschrift zur Bereitung der M. rührt jedoch von Damokrates, einem Leibarzt Neros, her. An Stelle des M. wird jetzt meist der Theriak (s. d.) verabreicht.

Mithridates, Name mehrerer Arsaciden (s. d.).

Mithridates oder besser Mithradates ist der Name mehrerer Könige von Pontus (s. d.), unter denen M. VI. Eupator, oder der Große, der berühmteste ist. Um 132 v. Chr. geboren, zu Sinope, der Hauptstadt des Reichs, erzogen, folgte er 120 seinem Vater, M. V., zuerst unter Vormundschaft, bis er, nachdem er mit Mühe den Nachstellungen seiner nächsten Verwandten entgangen war, um 113 v. Chr. selbst die Regierung übernahm. Rasch unterwarf er Kleinarmenien und Kolchis, und dehnte von hier seine Herrschaft über die Nordküsten des Schwarzen Meers aus. Die Griechenstädte,

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 940.