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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Müller

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Müller (Iwan) – Müller (Johs. von)

Müller, Iwan, Philolog, geb. 20. Mai 1830 zu Wunsiedel im Fichtelgebirge, studierte in Erlangen klassische Philologie und Mathematik, war dann Studienlehrer an der Lateinschule zu Ansbach, 1858‒62 Professor am Gymnasium in Zweibrücken, 1862‒64 in derselben Eigenschaft in Erlangen und wurde 1864 zum ord. Professor der klassischen Philologie an der dortigen Universität, 1890 zum Mitglied des bayr. Oberschulrats, 1893 zum ord. Professor in München ernannt. M. gab heraus: «Claudii Galeni de placitis Hipppocratis et Platonis libri Ⅸ», Bd. 1 (Lpz. 1874), und ist bei der im Erscheinen begriffenen Ausgabe von Galens «Scripta minora» neben J. Marquardt und G. Helmreich beteiligt (bisher 3 Bde., 1884‒93). Er verfaßte eine Darstellung der griech. Privataltertümer (Nördl. 1887; 2. Aufl. 1892) in dem von ihm redigierten «Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft in systematischer Darstellung» (ebd. 1885 fg.) und besorgt die Redaktion der «Acta seminarii philologici Erlangensis» (Erlangen 1878 fg.) und seit 1883 des «Jahresberichts über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaft» (Berlin).

Müller, Joh., Mathematiker, s. Regiomontanus.

Müller, Joh. Gotthard von, Kupferstecher, geb. 4. Mai 1747 zu Bernhausen bei Stuttgart, besuchte die Kunstakademie unter Guibal und ging 1770 nach Paris, wo er unter Willes Leitung sich fortbildete und 1776 Mitglied der Akademie der Künste wurde. Noch in demselben Jahre berief ihn der Herzog nach Stuttgart zurück und ernannte ihn zum Professor der daselbst von ihm zu begründenden Kunstschule. 1784 erhielt er den Auftrag, das Bildnis Ludwigs ⅩⅥ. im Krönungsornat nach dem Gemälde von Duplessis in Kupfer zu stechen. Nach fünf Jahren war die Platte vollendet, der Stich erschien 1794. Inzwischen hatte M. mehrere treffliche Stiche vollendet, unter anderm das Bildnis Schillers nach dem Gemälde Graffs (1794). 1802 ging M. abermals nach Paris, um dort die aus Florenz geraubte Madonna della Sedia für den Stich zu zeichnen. Sie wurde eins seiner bekanntesten Blätter. Von seinen übrigen Stichen sind namentlich die Schlacht bei Bunkershill nach Trumbull (1798) und die heil. Cäcilia nach Domenichino (1809) berühmt. Als er 1819 seine Madonna nach Lionello Spada vollendet hatte, gab er das Kupferstechen auf und betrieb in seinen letzten Jahren noch mit Erfolg die Lithographie. Er starb 14. März 1830 in Stuttgart. M.s Verdienste um den deutschen Kupferstich sind sehr bedeutend, besonders war er ein ausgezeichneter Lehrer. Seine Technik ist überaus vollendet, sicher und fein. Er war der Hauptmeister der malerischen Richtung des Kupferstiches zu seiner Zeit. – Vgl. Andresen, Leben und Werke der beiden Kupferstecher J. G. von M. und F. I. M. (im «Archiv für die zeichnenden Künste», Jahrg. ⅩⅠ, Lpz. 1865).

Müller, Joh. Heinr. Jak., Physiker, geb. 30. April 1809 zu Cassel, studierte seit 1827 unter Nörrembergs Leitung in Darmstadt Mathematik und Physik, seit 1829 zu Bonn und Gießen. 1834 ward er Hilfslehrer am Gymnasium zu Darmstadt, 1837 Lehrer der Mathematik und Physik an der Realschule zu Gießen, 1844 Professor der Physik zu Freiburg i. Br., wo er bis an seinen 3. Okt. 1875 erfolgten Tod unausgesetzt wirkte. M.s Ruf gründet sich auf sein treffliches, populär geschriebenes «Lehrbuch der Physik und Meteorologie» (2 Bde., Braunschw. 1842; 9. Aufl., 3 Bde., 1886 fg., besorgt von Pfaundler), das ursprünglich nur eine Bearbeitung von Pouillets «Éléments de physique» war. Eine Ergänzung bildet das «Lehrbuch der kosmischen Physik» (mit Atlas, Braunschw. 1856; 5. Aufl. 1894); auch hat er einige mathem. und physik., für den Schulgebrauch bestimmte Lehrbücher geschrieben: «Grundriß der Physik und Meteorologie» (13. Aufl., Braunschw. 1881) und «Mathem. Supplementband und Auflösungen der Aufgaben» (3. Aufl., ebd. 1875). Ergebnisse seiner eigenen physik. Untersuchungen hat M. in den «Annalen» der Physik und Chemie mitgeteilt.

Müller, Johs. von, Geschichtschreiber, gob. 3. Jan. 1752 zu Schaffhausen, studierte in Göttingen Theologie und Geschichte, wurde 1772 Professor der griech. Sprache am Gymnasium seiner Vaterstadt, 1774 Privatlehrer zu Genf. Sein Hauptwerk dieser Zeit war der erste Band seiner «Geschichte der Schweizer» (Bern 1780). 1781 erhielt M. die Professur der Statistik am Kollegium Carolinum zu Cassel, wo er 1782 auch Bibliothekar wurde, 1783 nahm er jedoch seine Entlassung, um bei seinem Freunde Rob. Tronchin in Genf seine «Schweizergeschichte» fortzusetzen. Bald aber zog er sich 1784 auf Bonstettens Landsitz Valeires und im Sommer 1785 nach Bern zurück. Im Febr. 1786 wurde er von dem Kurfürsten Karl Joseph von Mainz als Hofrat und Bibliothekar in Mainz angestellt, wo er die neue Ausgabe des ersten und den zweiten Band der «Schweizergeschichte» zu stande brachte. Obgleich reform. Protestant, wurde er vom Kurfürsten 1787 wegen Dalbergs Wahl zum Koadjutor nach Rom gesendet und im Winter darauf in der Kabinettskanzlei angestellt, 1788 zum Geh. Legationsrat, bald nachher zum Geh. Konferenzrat ernannt. Später ernannte ihn der Kurfürst zum Direktor der kurrhein. Kreisarchive, worauf ihn der Kaiser im Jan. 1791 zum Edeln von M. zu Sylvelden und zum Reichsritter erhob.

Nach der Einnahme von Mainz durch die Franzosen, Okt. 1792, ging M. nach Wien und trat hier als Wirkl. Hofrat in die Geheime Hof- und Staatskanzlei ein. Da sein Widerstand gegen einen Religionswechsel ihm jede Aussicht auf Beförderung verschloß, so übernahm er im Herbst 1800 die Stellung des ersten Kustos bei der kaiserl. Bibliothek, verließ aber Wien 1801, als ihm die Fortsetzung des Druckes der «Schweizergeschichte» sogar im Auslande untersagt wurde, und trat in Berlin als Historiograph in preuß. Dienste mit dem Auftrag, die Geschichte Friedrichs Ⅱ. zu schreiben. Aber nach der Schlacht bei Jena ließ sich M., infolge einer Unterredung, zu welcher ihn Napoleon 20. Nov. 1806 berief, für diesen gewinnen, eine Umwandlung seiner bisherigen polit. Ansichten, welche ihm mehrfache bittere Anklagen zugezogen hat. Nach Fontainebleau berufen, wurde er hier zum Minister-Staatssekretär für das neue Königreich Westfalen bestimmt. Er trat im Dez. 1807 seine neue Stellung an, der ihn aber König Jérôme schon 21. Jan. 1808 unter Beförderung zum Generaldirektor des Unterrichts enthob. Bitter enttäuscht und voll Abscheu vor seiner Umgebung starb M. 29. Mai 1809 zu Cassel. König Ludwig Ⅰ. von Bayern ließ ihm auf dem Kirchhofe zu Cassel ein Denkmal errichten.

Eine seltene Vereinigung von eisernem Fleiße und schöpferischer Phantasie wurden an ihm bewundert. Das Verdienst seiner «Schweizergeschichte» (in neuer Bearbeitung «Geschichte der schweiz. Eid- ^[folgende Seite]