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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Mundtot - Municipien
und Philosophie, lebte seit 1832 eine Zeit lang in
Leipzig und hatte unter den Maßregeln zu leiden,
die gegen ihn und mehrere andere Schriftsteller des
Jungen Deutschlands von den deutschen Regie-
rungen ergriffen wurden. Erst 1842 gestattete man
ihm, als Privatdocent an der Universität Berlin
Vorlesungen zu halten. 1848 als Professor der all-
gemeinen Litteratur und Geschichte nach Breslau
versetzt, wurde er 1850 als Professor und Univer-
sitätsbibliothekar nach Berlin zurückgerufen, wo er
30. Nov. 1861 starb. Seine litterar. Laufbahn be-
gann M., dessen Bestreben es war, die eigentliche
Politik mit einem Socialismus im weitesten Sinne
zu vertauschen und die gesellschaftliche Stellung der
Frauen zu heben, 1832 mit kritischen und novellisti-
schen Arbeiten, unter denen "Madonna, Unterhal-
tung mit einer Heiligen" (Lpz. 1835; 2. Ausg. 1840,
zu Ehren der Charl. Stieglitz) hervortritt. In M.s
spätere Zeit gehören die Romane "Thomas Münzer"
(3. Aufl., 3 Bde., Mona 1860), "Carmela, oder die
Wiedertaufe" (Hannov. 1844), "Mendoza, der
Vater der Schelme" (2 Bde., Verl. 1847), "Die
Matadore" (2 Bde., Lpz. 1850) u. a. Bekannt sind
auch seine "Kunst der deutschen Prosa" (Berl. 1837;
2. Aufl. 1843) und die "Geschichte der Litteratur der
Gegenwart" (ebd. 1842; 2. Aufl., Lpz. 1852), die
freilich, wie alle wissenschaftlichen Versuche M.s, ohne
eigene fruchtbare Ideen und mehr geschickt als grüno-
lich gearbeitet sind. Polit. Augenblicksbilder, die
ihrer Zeit verdienstlich waren, enthalten die "Pariser
Kaiserskizzen" (2 Bde., Verl. 1856), "Paris und Louis
Napoleon" (2 Bde., ebd. 1858), "Ital. Zustände"
(4 Bde., ebd. 1859-60). ftigung.
Mundtot, soviel wie entmündigt, s. Entmün-
ITunüuin (lat.), Reinschrift.
Mund- und Zahnwafser, s. Hartungs Mund-
und Zahnwasser im Artikel Geheimmittel.
Alnnüus vult äsoipi, sr^o aooipiätur
(lat., "Die Welt will betrogen sein, darum werde
sie betrogen"), nach de Thous "lli3toi'ig. 3ui tsm-
poi-iä" (Buch 12) ein Ausspruch des päpstl. Legaten
Caraffa (des spätern Papstes Paul IV., gest. 1559);
doch findet sich der erste Teil des Satzes in deut-
scher Fassung schon in Sebastian Brants "Narren-
schiff" ("Die wellt die will betrogen syn"), deutsch
und lateinisch in Sebastian Francks "^ai-luloxa".
Mundwasser vonPopp, s. Anatherin-Mund-
wasser im Artikel Geheimmittel.
Muneddschim Baschi (arab.-türk.), Hofastro-
log an den mohammed. Höfen.
Mungir(engl. Non^r, daraus verderbt Mun -
gair),* Hauptstadt des Distrikts M. der indobrit.
Division Bhagalpur in Bengalen, am rechten (südl.)
Ufer des Ganges, durch Zweigbahn mit der Eisen-
bahnlinie Kalkutta-Patna verbunden, hat (1891)
57 077 E., darunter 44121 Hindu, 12578 Mo-
hammedanerund 322 Christen. M. ist berühmt wegen
seiner Eisen- und Stahlindustrie (das ind. Birming-
ham). Auch mit Gold oder Silber eingelegte Waffen
werden fabriziert. Das Eisenerz kommt meist aus
den Bergen von Kharakpur. In letzterer Zeit ist die
Indigobereitung der wichtigste Industriezweig ge-
worden. Das gesamte mit Indigopflanzen bebaute
Gebiet umsaht 25 900 ykm; der jährliche Ertrag ist
durchschnittlich 147 000 kx.
Mungo, s. Kunstwolle.
Mungo Park, Afrikareisender, s. Park.
Mungos, Schleichkatze, s. ll6lp63t63.
Mungo-Eardyk, s. Sajanisckes Gebirge.
Municipal (lat., von niunicipium, s. Munici-
pien), städtisch, die Stadtgemeinde betreffend, z. B.
Municipalverwaltung, Municipalbeamte u. dgl.;
Municipalität, der städtische Beamtenkörper.
Nlunioipal NorouFk (spr. mönnisstpel börro),
s. NuniciMi OorporatioiiL.
Zlunioipa.1 vorvorations (spr. mönnissipel
-rehsch'n), in England Bezeichnung für die größern
Städte (mit Ausnahme der Hauptstadt, die zum
Teil überhaupt keine municipale Organisation hat)
in ihrer Eigenschaft als jurist. Personen, während
sie als Städte Nunicipal VorouZ1i3 heißen. Ihr
Verwaltungsorgan ist der Lorou^n Oouucii (auch
lo^n (^ouiicii genannt). Dieser Stadtrat besteht
aus Ng^or, ^.läei'inen und OounciiiorZ. Die letz-
tern (deren Zahl in den verschiedenen Städten
zwischen 12 und 48 schwankt) werden von den
steuerpflichtigen Einwohnern auf 3 Jahre gewählt;
die ^1ä6i'ni6u werden vom gesamten (üouuoil auf
0 Jahre gewählt (in der Weise, daß ein Drittel
jedes Jahr ausscheidet); ihre Zahl ist stets ein
Drittel der Zahl der Oounciiioi'Z. Der Na^or wird
ebenfalls vom (^ouucii auf ein Jahr gewählt. Der
(^ouucii besorgt die Beleuchtung und Bewachung
der Stadt und sorgt für die Ausführung der
'etzlichen Bestimmungen über Gesundheitspflege,
Instandhaltung von Straßen u. s. w. Er hat auch
ür die Ausführung der Vorschriften über Elementar-
erziehung zu sorgen, wenn nicht eine besondere Schul-
behörde vorhanden ist. Städte unter 10000 Ein-
wohnern und Städte unter 20000 Einwohnern, die
sich seit 1877 als Loi-ouZ1i8 konstituiert haben, dürfen
keine selbständige Polizei haben. Im übrigen baben
die LorouFliF ihre eigene von der Grafschaft ge-
trennte Polizei. Ein NuuieiM Vorou^ii kann eine
eigene Commission ok tQ6 ?6ae6 (s. "lusticeg ok tlie
?6ac6) und eigenen (^ouit ol Huarter 3633ion3
haben und ist dann auch in dieser Beziehung von
der Grafschaft abgesondert. Die gerichtlichen Ob-
liegenheiten der ^uartsr 8638ioii8 werden in den
VorouFQ3 fast immer von einem besoldeten Il6>
coräer (s. d.) und nicht von den versammelten <Iu3-
tic68 besorgt. Die I^ocsi 6ov6i-iiiii6Qt ^ct von 1888
hat 61 Loi'0uFii8 zu Oount^ VorouFii3 umgestaltet,
welche nun wie die neuen Grafschaften für Ver-
waltungszwecke von Oount^ OouQcii3 (s. d.) ver-
waltet werden. Andererseits giebt es eine Reihe
kleinerer Städte, die nicht als Voi'ou^Q3 organi-
siert sind und in denen die I^ocal Lo9.i-ä8 (s. d.) die
Funktionen des Vorou^n l^ouneii teilweise wahr-
nehmen. Die City of London hat eine ganz eigen-
tümliche Organisation (s. ^.läerinan); ein großer
Teil der Hauptstadt außerhalb der City hat über-
haupt gar keine municipalen Einrichtungen, son-
dern besteht aus einzelnen Kirchspielen (s. ?g.ri8ii),
die von ihren V68tri68 regiert werden; die gemein-
samen Interessen derselben vertrat früher der Nstro-
politan Loarä ok^Vorii^, jetzt vertritt sie der l^onn-
cii der (^ouiit^ ok I^onäoii (s. Oonnt^).
Munieipälrat, soviel wie Gemeinderat (s. d.).
Municipien (Nunicipia), bei den alten Rö-
mern die von Rom abhängigen Städte, deren Be-
wohner (Municipalen, mrmicip68) das röm.
Bürgerrecht mit oder ohne die vollen polit. Rechte
besahen (d. h. iuunicip68 cum 8un"i-NAi<) oder muni-
cip63 8iu6 Luikrg.Fio waren) und die teils ihre kom-
munale Selbständigkeit bewahrt, teils verloren
hatten. Obgleich das volle Bürgerrecht mit der
Zeit immer mehr Städten in Italien erteilt worden