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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Naturheilmethode Airys - Naturselbstdruck
und Schrift ziemlich viele entschiedene Anhänger
erwarb. Als ihre Begründer sind die beiden sch!es.
Bauern Vincenz Prießnitz (s. d.) und Johann
Schroth (s. Schrothsche Kur) zu betrachten, von
denen der erstere jedwede Krankheit durch metho-
dische Kaltwasserkuren (Hydrotherapie), der letztere
hingegen durch Durst- und Hungerkuren, die sog.
Schrothsche Kur, zu beilen versuchte. Von dem
richtigen Vordersatze ausgehend, daß die im kranken
Korper thätige Naturheilkraft zur Beseitigung der
Krankheitsprozesse das meiste leisten müsse, und daß
die ärztliche Kunst vor allem die Ausgabe habe, die
Naturheilkrast zweckmäßig zu unterstützen (s. Hei-
lung), gelangen die Anhänger der N. bei ihren wei-
tern Schlüssen doch zu falschen Ergebnissen. Ins-
besondere hegen sie die ganz irrtümliche Ansicht, daß
diese der Heilkunst gestattete Unterstützung der Na-
turbeilkraft, von deren Wirkung sie eine höchst un-
vollkommene Vorstellung haben, nur durch einen
ganz kleinen Kreis von Heilmitteln (Wasser, Diät,
Bewegung, frische Lust), namentlich nicht durch
Arzneien, Mineralwässer oder arzneiliche Bäder
geschehen dürfe. Sie beschränken sich demgemäß auf
die diätetische Behandlung des Kranken und die
methodische Anwendung des kalten Wassers, der
Schrothschen Semmelkur und einiger andern Kuren,
während sie jeden Arzneigebrauch als eine "Ver-
giftung des Körpers" ebenso entschieden verwerfen,
wie sie allen operativen Eingriffen sowie dem Im-
pfen der Kuhpocken nur übles nachzureden wissen.
Für fieberhafte Krankheiten gilt es nach ihrer Mei-
nung nur, die erhöhte, den Patienten gefährdende
Fieberwärme des Körpers durch Anwendung ^des
kalten Wassers in Form abkühlender Bäder und
Einwicklungen zu mäßigen. In chronischen oder
fieberlosen Krankheiten solle der Arzt zur Aus-
gleichung der entstandenen Störungen bestrebt sein,
eine weder zu ercessive noch zu schwache Wärme-
erzeugung durch den künstlichen Reiz des kalten!
Wassers herbeizuführen. Denn die ganze Aufgabe !
des Arztes zur Hervorrufung der freiwilligen Heil- !
Prozesse bestehe darin, sich die Bedingungen zur
Richtung zu nehmen, unter welchen die Aatur selbst
die Heilung der Krankheiten zu stände bringt.
In neuerer Zeit hat die vom Pfarrer Kneipp (s. d.)
angegebene und nach ihm benannte Wasserkur große
Berühmtheit erlangt. Sie besteht in Anwendung
von kalten Güssen, Barfußlaufen in nassem Gras,
im innerlichen und äußerlichen Gebrauch von wässe-
rigen Aufgüssen von Heusamen, Schachtelhalm
u. dgl., im Wassertreten u. s. w.
Auf Grund der Lehren der N. haben sich nicht nur
in vielen Städten Vereine für N. gebildet, welche
im Publikum für dieselbe Propaganda machen,
sondern es wurden auch an vielen Orten von Ärzten
und Privatpersonen Heilanstalten errichtet, in
welchen lediglich nach den Grundsätzen der N. ver-
fahren wird. Zu den ältesten Anstalten dieser Art ,
Zählten die des Dr. Steinbacher bei München!
(Vrunnthal), die insbesondere für Schrothsche Kuren ^
eingerichteten "diätetischen" Heilanstalten von!
vi-. Baumgarten und Dr. Kles (letztere von Dr. Kad- >
ner gegründet) in Dresden, sowie die Anstalt des >
ehemaligen Apothekers Tb. Hahn zu Waid in St. !
Gallen. Namentlich durch letztern und einige andere !
Naturärzte ist denn auch die diätetische Lehre des
Vegetarianismus (s. Vegetarianer) in ein engeres
Bündnis mit der N. getreten. Außer den Schriften ^
Tb. Hahns, P. Kadners und anderer vgl. C. A. W.
Richter, Lehrbuch der N. (Heidelb. 1866); Stein-
bacher, Handbuch des gesamten Naturheilverfahrens
(2. Aufl., Augsb. 1869); M. und S.'Böhm, Lehr-
buch der Naturheilmethode (2 Bde., Chemn. 1893-
94); Canitz, Die N. (Berl. 1896), sowie die Zeit-
schrift des Deutschen Vereins für volksverständliche
Gesundheitspflege, Lahmanns Physiatrische Blätter
und Böhms Naturärztliche Zeitschrift.
Naturheilmethode Airys, s. Geheimmittel.
Naturheilung, die Heilung von Krankheiten
durch den sog. Naturheilungsprozeß, s. Naturheil-
kunde und Heilung. Wuseum.
Naturhistorische Museen, s. Naturalien und
Naturhorn, s. Horn (Musikinstrument).
Naturkräfte, s. Kraft.
Naturkunde, soviel wie Naturgeschichte (s. d.).
Naturlehre, s. Physik.
Natürliche Kinder, die ehelichen Kinder im
Gegensatze zu den durch Rechtsgeschäft in die
Familie aufgenommenen Kindern, mag diese Auf-
nahme durch Annahme an Kindesstatt oder durch
Einkindschaft erfolgt sein. Gebräuchlicher ist jedoch
die Bezeichnung für uneheliche Kinder, und zwar für
alle Arten solcher, obschon das röm. Recht die Be-
zeichnung 1il)6i-i (tilii) iiawi'HlsZ nur für solche un-
eheliche Kinder gebraucht, welche aus einem eheähn-
lichen Verhältnis, dem sog.Konkubinat, entsprossen
sind, und diesen als andere Arten unehelicher Kinder
die aus Ehebruch oder Blutschande hervorgegange-
nen (käuitei'iiii, Wc63w08i), die aus einer vorüber-
gehenden Geschlechtsverbindung geborenen (zpnriij,
und diejenigen, deren Mutter mit mehrern Män-
nern während der Zeit der Konzeption sich einge-
lassen hat (vulZo qM63iti), gegenüberstellt.
Naturliche Systeme, s. Systematik.
Natürliche Züchtung, s. Darwinismus.
Naturphilosophie, der Teil der Philosophie,
der sich mit der Natur, nämlich ihren ersten Prin-
cipien, beschäftigt, sei es, daß man dieselben als
Principien des Seins oder des Erkennens auffaßt.
Im erstern Sinne ist die N., namentlich durch die
Ausschreitungen der Schelling-Hegelschen Nicktung,
in Mißkredit gekommen, in letzterm Sinne wird sie
wohl niemals entbehrt werden können.
Naturrecht, s. Rechtsphilosophie.
Naturreiche (N6MH nawras), von Emanuel
König (1682) herrührende Bezeichnung für die drei
Gesamtheiten der Tiere, Pflanzen und Mineralien.
Naturreligion, s. Natur und Religion.
Naturselbstdruck, ein unter Leitung von Alois
von Auer (s. d.) in der Staatsdruckerei in Wien 1849
erfundenes Verfahren, naturgetreue Abdrücke von
Pflanzenblüttern, Blumen, Flechten, Spitzen, Ge-
weben u. s. w. darzustellen. Die vorher getrocknete
Pflanze, das Gewebe, die Spitzen u. s. w. werden
dabei zwischen eine polierte Stahl- und eine Blei-
platte gelegt und dann wird das Ganze durch die
Walzen einer Kupferdruckpresse gezogen. In dem
Blei bildet sich ein vertiefter Abdruck, den man auf
galvanoplastischem Wege in Kupfer reproduziert, um
eine zum Druck auf der Kupferdruckpresse geeignete
Platte zu erhalten; die Wirkung solcher Abdrücke
kann durch Farbeneindruck oder Handkolorit noch
erhöht werden. Die Anwendbarkeit dieses Verfah-
rens ist indes bisher eine beschränkte geblieben. In
neuester Zeit ist aber die Möglichkeit einer aus-
gedehntern Benutzung dadurch gegeben, daß durch
Übertragung des Originalabdruckes auf Stein der
Druck auf der Steindruckpresse unter Aufdruck der