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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Neide - Neipperg
Neide, Emil, Maler, geb. 28. Dez. 1843 zu
Königsberg in Preußen, besuchte die dortige Kunst-
akademie, trat 1872 als Schüler in die Kunstaka-
demie zu München, arbeitete daselbst längere Zeit
unter Wilh. Dietz und bereiste Belgien, Holland,
Frankreich und Italien. Nach Königsberg zurück-
gekehrt, malte er außer zahlreichen Bildnissen:
Psyche von Charon über den Styx geführt (Galerie
zu Königsberg), Orpheus und Eurydice (Galerie
Halsey in Neuyork), Am Ort der That (im Privat-
besitz zu Berlin), Die Lebensmüden und Vitriol
(im Besitz der Kunsthandlung M. Günther in Ham-
burg). Letztere drei Gemälde, die 1885, 1886 und
1891 entstanden, wurden in mehrern deutschen Groß-
städten ausgestellt und erregten wegen ihres In-
halts Aussehen. N. schuf sodann im Auftrage des
Staates Wandgemälde für die Aula der Gymnasien
in Insterburg und Königsberg. 1880 wurde er zum
Lehrer an der Kunstakademie zu Königsberg, 1884
zum Professor ernannt.
Neidenburg. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez.
Königsberg, hat 1632,53 hkni und 1890: 56058,
1895: 57906 (27964 männl., 29942 weibl.) E.,
2 Städte, 150 Landgemeinden und 65 Gutsbezirke.
- 2) Kreisstadt im Kreis N., 6 km von der russ.
Grenze, an der Nebenlinie Allenstein-Soldau der
Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes,
eines Amtsgerichts (Landgericht Allenstein) nebst
Strafkammer, Hauptzoll- und Katasteramtes, hatte
1890: 4221 E., darunter 561 Evangelische und 154
Israeliten, 1895: 4587 E., Postamt erster Klasse,
Telegraph, Schloß, Neal-, höhere Mädchenschule,
Johanniterkrankenhaus; Maschinen-, Kartoffelstärke-
sabriken, Brennereien, Dampfmühle, Holzbearbei-
tungsanstalten.
Neidhart von Neuenthal, mittelhochdeutscher
Dichter, der Schöpfer der viel nachgeahmten höfi-
schen Dorspoesie, der ungefähr 1205-45 dichtete,
war adligen Standes, gebürtig aus Bayern, später
in Osterreich (am Hofe Friedrichs des Streitbaren)
ansässig. N. giebt in vollendeter Form komische und
idyllische Bilder aus dem Leben der übermütigen
und tölpelhaften Bauern des Tulner Feldes. Seine
Streiche unter denBauern machten ihn zum typischen
Bauernfeind; daher wurden ihm bis zum Ende des
15. Jahrh, entsprechende rohe Lieder untergescho-
ben; Schwanke mit Bauern in strophischer Form
hießen schlechtweg Neidharte. Ein Volksbuch
(hg. von Bobertag im "Narrenbuch", Bd. 11 von
Kürschners "DeutscherNationallitteratur", Stuttg.
1885) und mehrere Fastnachtsspiele (auch von Hans
Sachs) habeu ihn zum Helden. Die Legende machte
ihn zu einer Art Hofnarren bei dem österr. Herzog
Otto dem Fröhlichen, zum Zeitgenossen des Pfaffen
vom Kalenberg, ließ ihn 1334 sterben und wies ihm
ein an der südl. Mauer des Wiener Stephansdoms
belegenes Grabmal zu. Die beste Handschrift seiner
Lieder befindet sich auf dem Schlosse Riedegg in Öster-
reich ob der Enns. Kritische Ausgabe von M. Haupt
(Lpz. 1858); Auswahl von Keinz (ebd. 1889); Echtes
und Unechtes in von der Hagens "Minnesingern". -
Vgl. R. von Liliencron in der "Zeitschrift für deut-
sches Altertum" (Bd. 6); R. M. Meyer, Die Reihen-
folge der Lieder N.s (Berl. 1883); Puschmann, Die
Lieder N.s von Reuenthal (Strasburger ^ West-
Preußens Gymnasialprogr. 1889); Vielschowsky, Ge-
schichte der deutschen Dorfpoesie im 13. Jahrh., I (in
den "^ctg. 661-mHnicH", II, 2, Verl. 1891).
Neidnagel, f. Nagel (anatomisch).
Neifen, Gottsried von, s. Gottfried von Neifen.
Xsi^dourkooä Fniiüs (engl., spr. neh-
berhudd gilds), f. Nachbarschaftsgilden.
Neigung, s. Inklination. N. der Bahn eines
Himmelsrörpers nennt man den Winkel, den seine
Bahnebene mit der Erdbahn bildet. Die N. zählt
man neuerdings von 0" bis 180", um bei den Ko-
meten nicht zwischen rechtläufig (s. d.) und rückläufig
unterscheiden zu müssen. Alle Kometen, deren N.
größer als 90" ist, sind rückläufig.
Neigungsmesser, s. Klinometer.
Neilgherry Hills, Neilgherries (spr. nihl-
gerris), s. Nilgiri.
Neipperg, altes Adelsgeschlecht, dessen Stamm-
haus Neipperg im Oberamt Vrackenheim liegt, er-
langte 1726 den Neichsgrafenstand und 1766 die
Anfnahme in das schwäb. Reichsgrafenkollegium.
Graf Wilhelm Reinhard von N., geb. 1684,
kaiserl. Feldmarschall (der erste Graf seines Hauses),
Günstling von Kaiser Franz I. und Maria Theresia,
schloß 1739 den Frieden zu Belgrad und verlor 1741
die Schlacht bei Mollwitz gegen Friedrich d. Gr.
Er starb 1774 als Hofkriegsrat und Kommandant
von Wien.
Sein Enkel, Graf Adam Albert von N., geb.
8. April 1775, gest. 22. Febr. 1829, zeichnete sich in
österr. Militärdiensten aus, ging 1811 als Gesandter
nach Schweden und vermittelte 1813 Schwedens Bei-
tritt zur Koalition gegen Napoleon I. Dann kehrte
er zum Heere zurück und wurde 20. Okt. zum Feld-
marschalllieutenant ernannt. Auf dem Wiener Kon-
greß trat er als Bevollmächtigter der Exkaiserin
Maria Louise auf und wurde 1815 von dieser zum
Oberstallmeister ernannt. N. zwang Murat zur Kapi-
tulation, zog dann mit Maria Louise nach Parma und
übernahm die Leitung des Herzogtums. 1821 wurde
er seiner Herrin morganatisch angetraut. Dieser sei-
ner zweiten Ehe entsproß ein Sohn, Wilhelm Al-
brecht, geb. 9. Aug. 1821, genanntGrafvonMonte-
nuovo, der 1864 den österr. Fürstenstand erhielt und
7. April 1895 in Wien starb. Jetziger Fürst von Mon-
tenuovo ist sein Sohn Alfred, geb. 16. Sept. 1854,
vermählt seit 1879 mit Franziska Gräsin Kinsky.
Adams ältester Sohn aus erster Ehe, Graf Al-
fred von N., geb. 26. Jan. 1807, gest. 16. Nov.
1865, war württemb. Generalmajor und mit der
Prinzessin Maria von Württemberg, geb. 30. Okt.
1816, gest. 4. Jan. 1887, vermählt.
Dessen Bruder, Graf Erwin von N., geb.
6. April 1813, österr. General der Kavallerie, gegen-
wärtig Standesherr und Chef des Hauses, machte
1848-49 den Feldzug in Ungarn mit, war 1854
Kavalleriebrigadier bei dem Occupationskorps in
der Walachei und nahm am Deutsch-Dänischen
Krieg von 1864 teil. 1866 war er Festungskomman-
dant von Mainz und erlitt 14. Juli die Niederlage
bei Aschaffenburg, wirkte später als Divisionsgeneral
in Preßburg und führte 1869 zeitweilig das General-
kommando in Wien. 1869 zum kommandierenden
General in Galizien ernannt, blieb N. dort bis er
1878 Kapitän der Trabantenleibgarde und der Leib-
garde-Infanterie-Compagnie wurde. N. ist erb-
liches Mitglied der württemb. Kammer der Standes-
herren und lebenslängliches Mitglied des Herren-
hauses des österr. Reichsrates. Sein Sohn, Graf
Reinhard von N., geb.30. Juli 1856, war 1881
-90 Mitglied des Deutschen Reichstags (Centrum).
- Vgl. Klunzinger, Die Edeln von N. und ihre
Wohnsitze Neipperg und Schwaigern (Stuttg. 1840).