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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Nertschinsk; Nertschinskij Sawod; Néruda; Nerv; Nerva; Nerval; Nervatur; Nerven

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Nertschinsk - Nerven

setzten Herthum (für Nerthum) herstammt. N. ist identisch mit dem in der altnord. Mythologie (Edda) bekannten Gotte Njordhr. - Vgl. Mannhardt, Wald- und Feldkulte, Bd. 1 (Berl. 1875).

Nertschinsk. 1) Bezirk im nordöstl. Teil des russ.-sibir. Gebietes Transbaikalien, nördlich von der Ingoda und Schilka, hat 89 850,7 qkm, davon 917,3 qkm Seen, und 66 567 E., Russen, Burjaten und Tungusen; Ackerbau, viel Wald mit zahlreichen Pelztieren, besonders Zobeln (die von N. gelten für die besten), und Mineralien. Bis 1872 war mit N. der Bezirk Nertschinskij Sawod (s. d.) verbunden. - 2) Bezirksstadt im Bezirk N., an der Nertscha unweit ihrer Mündung in die Schilka, besteht aus einem erhöhten (Kultuk) und einem niedern Stadtteil (Kaschtan) und hat (1892) 5410 E., Post, Telegraph, zwei Kirchen, ein Museum, Bibliothek, Stadtbank; ferner Gemüse- und Tabakbau sowie auch beträchtlichen Handel. Im Vertrag zu N. (1689) einigten sich Rußland und China zum erstenmal über ihre Grenzen.

Nertschinskij Sawod. 1) Bezirk im östl. Teil des russ.-sibir. Gebietes Transbaikalien, zwischen den den Flüssen Onon, Schilka und Argun, vom Nertschinschen Erzgebirge durchzogen, hat 76 288,2 qkm, 59 152 E., Russen, Burjaten und Tungusen; Goldwäschereien, Silber-, Blei- u. a. Erze. In den Bergwerken von N. S. büßen die zu Zwangsarbeit (kátorga) Verurteilten ihre Strafen ab. Das Gebiet zerfällt in 3 Bezirke mit 10 Gefängnissen und hatte (1891) 2318 Sträflinge (Männer und Frauen), darunter in den Bergwerken selbst nur 1595 Männer und 206 Frauen. Der Ertrag an Silber war von 1706 bis 1854: 26 708 Pud, jetzt jährlich nur noch etwa 50 Pud; an Gold 1830-55: 601 Pud, in neuerer Zeit ebenfalls weit weniger. - 2) Bezirksort des Bezirks N. S., an der Altascha (Zufluß des Argun), hat (1892) 560 E., Post, Telegraph, Bergschule und meteorolog. Observatorium. Der Ort ist aus einer ehemaligen Silberhütte hervorgegangen.

Néruda, Jan, czech. Dichter, geb. 10. Juli 1834 zu Prag, studierte daselbst Rechtswissenschaft und Philosophie, widmete sich aber bald der Litteratur. Er war 1865 Feuilletonist und Kritiker der "Národní Listy" in Prag, gründete 1866 mit Hálek die Zeitschrift "Květy" ("Blüten") und rief mit diesem 1873 die Zeitschrift "Lumír" wieder ins Leben. Er starb 22. Aug. 1891 in Prag. N. veröffentlichte Gedichte (1858 unter dem Pseudonym Janko Hovora), "Buch der Verse" (1867), "Kosmische Lieder" (2. Aufl. 1878; deutsch von Pawikowsti, Lpz. 1881); die Lustspiele: "Der Bräutigam aus Hunger", "Verkaufte Liebe", "Das bin ich nicht", die Tragödie "Francesca da Rimini", ferner Reiseskizzen, wie "Bilder aus der Fremde", "Verschiedene Leute" (beides 1863), "Pariser Bilder". Am gelungensten sind seine "Kleinseitner Geschichten" (1878; deutsch von A. Smital in Reclams "Universalbibliothek"), enthaltend Schilderungen aus dem czech. Kleinbürgertum Prags, und "Arabesken" (1864; deutsch von A. Smital, Lpz. 1883). N.s Feuilletons sind gesammelt (4 Bde., 1876-79); eine Sammlung seiner Schriften (1894 fg.) giebt Hermann heraus.

Néruda, Wilhelmine, Geigenvirtuosin, geb. 21. März 1840 zu Brünn, war Schülerin von Jansa und machte seit 1846 Kunstreisen in Deutschland, Frankreich und England, die ihr den Ruf der größten Geigerin der Gegenwart erwarben. Seit 1864 lebt sie, in erster Ehe mit dem schwed. Musiker Ludwig Normann, in zweiter (1888) mit Charles Hallé (s. d.) verheiratet, in London.

Nerv, s. Nerven. - N. ist auch Bezeichnung für die Festigkeit der Wolle.

Nerva, span. Stadt, s. Minas de Rio Tinto.

Nerva, Marcus Coccejus, röm. Kaiser 96-98 n. Chr., zu Narnia in Umbrien geboren, war wahrscheinlich ein Enkel des Juristen Marcus Coccejus N., der lange Zeit zu den Vertrauten des Tiberius gehört hatte, bis er freiwillig sich den Hungertod gab, weil er Tiberius' steigende Härte und Grausamkeit nicht mehr ertragen wollte. Der jüngere N. war Mitglied des röm. Senats, als er nach der Ermordung des Domitianus 18. Sept. 96 n. Chr. vom Senat zum Kaiser erklärt wurde. Er bewährte sich als tüchtiger und milder Regent, fühlte sich aber in seinem Alter von über 60 J. der Last des Reichsregiments und namentlich dem Truppenbefehl nicht gewachsen und adoptierte deshalb als Helfer Trajanus (s. d.). Er starb bald darauf 27. Jan. 98.

Nerval (spr. -wáll), Gérard de, s. Labrunie.

Nervatur des Blattes, s. Blattnervatur.

Nerven (Nervi), diejenigen strangartigen Gebilde im menschlichen und tierischen Organismus, welche die einzelnen Abschnitte des centralen Nervensystems: Gehirn und Rückenmark, mit entsprechenden peripherischen Organen: Muskeln, Haut, Schleimhäute u. s. w. verbinden. (S. Tafel: Die Nerven des Menschen.) Je nach der Thätigkeit, welche die N. verrichten, unterscheidet man Bewegungs- (motorische), Empfindungs- (sensible) und Sinnes- (sensorische) Nerven. Zu letztern gehören u. a. der Sehnerv und Gehörnerv. (S. Gehirn, Bd. 7, S. 677 b fg.) Die Funktion der Bewegungsnerven besteht darin, daß sie Bewegungsreize (Impulse), welche in der Großhirnrinde ausgelöst und durch die centralen motorischen Bahnen dem Rückenmark zugeleitet werden, an die Endorgane des gesamten Bewegungsapparates: die quergestreiften Muskeln, übertragen und dadurch eine Zusammenziehung (Kontraktion) derselben erregen. Da die Bewegungsnerven Reize vom Gehirn nach der Peripherie leiten, so gehören sie zu den centrifugalen N. Ihnen stehen die umgekehrt von der Peripherie (Haut, Schleimhaut, Muskeln, Sehnen u. s. w.) nach dem Centrum zu leitenden sensiblen N. als die centripetalen Bahnen des peripherischen Nervensystems gegenüber; sie vermitteln dem Rückenmark und Gehirn die verschiedenen Eindrücke, welche auf die Nervenendigungen zur Entstehung einer Tast-, Schmerz- oder Wärmeempfindung einwirken. Neben diesen beiden Arten giebt es noch sog. Gefäßnerven (vasomotorische), welche die Erweiterung oder Verengerung der Blutgefäße bewirken und dem sympathischen Nervensystem (s. Sympathicus nervus) angehören. Ob besondere (trophische) Ernährungsnerven existieren oder ob die Regelung des Stoffwechsels von den sensiblen und motorischen Bahnen mit versehen wird, ist ungewiß. Sicher ist hingegen, daß einzelne Nervenstränge auf die Abscheidung der verschiedenen Drüsen (z. B. der Speicheldrüsen) einen Einfluß haben (sekretorische N.).

Die peripherischen N. beginnen, wenn man von den Gehirnnerven absieht, am Rückenmark in Form der vordern und hintern Rückenmarkswurzeln, welche sich in dem Zwischenwirbelnervenknoten (Intervertebralganglion) zu einem Nervenstamm zusammenschließen; von hier ans gelangen die einzelnen N.