Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Niederländisches Indien; Niederländische Sprache und Litteratur

345

Niederländisches Indien - Niederländische Sprache und Litteratur

waren teils im Bau oder sollten zu bauen begonnen werden. Vom Personal waren 1895 auf 29 Schiffen für den europ. Dienst 4820 Mann, auf 9 Fahrzeugen für den Schutz der Seefischerei 1131 Mann, auf 25 Schiffen der ind. Flotte 3733 Mann und auf 2 Schiffen in Westindien 216 Mann, zusammen 9900 Mann.

Niederländisches Indien, s. Niederländisch-Ostindien.

Niederländische Sprache und Litteratur. In den Gebieten, die man unter dem Namen der Niederlande im weitern Sinne begreift, in den Königreichen Niederland und Belgien, werden seit 2 Jahrtausenden zweierlei Sprachen, germanische und romanische, gesprochen. Französisch wird gegenwärtig, abgesehen von den größern Städten und den Beamtenkreisen Belgiens, nur im südl. Belgien gesprochen. Zum Französischen gehört auch das Wallonische (s. d.). Über die deutsch-franz. Sprachgrenze s. Deutsche Sprache, Bd. 5, S. 84 b und die Karte der Deutschen Mundarten. Die germanisch redende Bevölkerung der Niederlande leitet ihren Ursprung von drei Volksstämmen her: von den Franken (s. d.), den Sachsen (s. d.) und den Friesen (s. d.). Noch heute lassen sich die drei Bestandteile der Bevölkerung nach den Mundarten der verschiedenen Provinzen erkennen (s. Deutsche Mundarten, Bd. 5, S. 31 b, 32 a und 33 a). Die niederländ. oder holländ. Sprache nebst der vläm. Mundart gehört zu den niederfränk. Mundarten. Es ist die einzige unter allen deutschen Mundarten, welche, gegenüber der hochdeutschen, eine selbständige Schriftsprache geworden ist (s. Deutsche Sprache, Bd. 5, S. 73 b). Die altniederländ. Sprache, wie sie sich in der Psalmenübersetzung zeigt und altniederfränkisch genannt zu werden pflegt, ist der altsächsischen im «Heliand» am nächsten verwandt. Der Übergang des Altniederländischen ins Mittelniederländische ist dem des Althochdeutschen ins Mittelhochdeutsche analog. Die ältesten bekannten Denkmale der mittelniederländ. Sprache verdanken wir Heinrich (s. d.) von Veldeke. Entsprechend dem gleichzeitigen Sprachstande in Deutschland, dem Mittelhochdeutschen und dem Mittelniederdeutschen, nennt man die Sprachperiode von Veldeke (12. Jahrh.) bis zum 16. Jahrh. das Mittelniederländische, dessen reinstes Abbild die Werke von Jacob van Maerlant (1235‒1300) liefern. Die gleichzeitigen Franzosen nannten es Thyois oder Tiesche, die einheimischen Schriftsteller Dietsch oder Duutsch, später Duitsch, gewöhnlich Nederduitsch, seit 1813 Nederlandsch (Gründung des Königreichs der Niederlande) oder Hollandsch (die Engländer noch heutigentags Dutch), während die Bezeichnung Vlaamsch mehr eine provinzielle Bedeutung und erst in neuerer Zeit durch franz. Einfluß die gegenwärtige weitere Geltung erlangte. (S. Vlämische Sprache und Litteratur.) Nach seinem Lautstande, dessen Konsonanten auf allgemein niederdeutscher Stufe verharren (s. Niederdeutsch), sowie nach Bau und Wortschatz ist das Mittelniederländische dem Mittelniederdeutschen nahe verwandt.

Die wissenschaftliche Behandlung der niederländ. Sprache begann Ende des 16. Jahrh. Zuerst stellte der Buchdrucker Christoph Plantin zu Antwerpen 1573 einen «Thesaurus Teutonicae linguae» zusammen. Ihn übertraf bald darauf (1588) sein Korrektor Cornelis van Kiel oder, wie er sich selbst gewöhnlich nannte, Cornelius Kilianus aus Duffel bei Mecheln, durch ein zweites niederländ. Wörterbuch, das noch heute in der Ausgabe von van Hasselt («Cornelii Kiliani Etymologicum Teutonicae linguae», Utr. 1777) dem Forscher unentbehrlich ist. Angeregt durch die von Junius (Dordr. 1665) herausgegebene got. Bibelübersetzung des Ulfila, ward dann Lambert ten Kate (1674‒1731) der Begründer der histor. Grammatik mit solchem Tiefblick, daß seine Entdeckungen noch Jakob Grimm zum Ausgangspunkt dienen konnten. Sein Hauptwerk ist «Aanleiding tot de kennisse van het verhevene deel der Nederduitsche sprake» (2 Bde., Amsterd. 1723). Neben ihm zeichnete sich besonders Balthasar Huydecoper aus durch eindringende Kenntnis der mittel- und neuniederländ. Sprache, die er in seiner Ausgabe der Reimchronik des Melis Stoke (1772) und in seinen Anmerkungen zu Bondels Übersetzung von Ovids «Metamorphosen» bewährte. Die bedeutendsten Nachfolger ten Kates und Huydecopers waren Frans van Lelyveld, Hinlopen, Clignett und Steenwinkel. Eine sehr ersprießliche Wirksamkeit entfaltete die 1766 gestiftete und noch jetzt blühende Maatschappij van Nederlandsche Letterkunde zu Leiden. Anfang des 19. Jahrh. gewann der ausgezeichnete Prosaist van der Palm als Unterrichtsminister (1799‒1806) auch einen fördernden Einfluß auf den Sprachunterricht und trug wesentlich bei zur Festsetzung einer allgemein gültigen Rechtschreibung nach dem von Siegenbeek entworfenen System. (Vgl. Willems, Over de Hollansche en Vlaemsche schrijfwijzen van het Nederduitsch, Antw. 1824.) An Siegenbeek ward auch die erste, 1795 gegründete Professur der niederländ. Litteratur zu Leiden verliehen. Am engsten schloß sich an ihn Weiland, der außer einer Grammatik («Nederduitsche spraakkunst», Amsterd. 1805) ein großes Wörterbuch («Nederduitsch taalkundig woordenboek», 11 Bde., ebd. 1799‒1811) herausgab. Dagegen bekämpfte Siegenbeeks Rechtschreibungslehre W. Bilderdijk. Schätzenswert sind auch die sprachwissenschaftlichen Arbeiten von J. ^[Justus oder Joast] Halbertsma, der sich besonders als Kenner des Friesischen auszeichnet, von Ypei («Beknopte geschiedenis der Nederlandsche tale», 2 Bde., Utr. und Gron. 1812‒32), Lulofs («Gronden der Nederlandsche woordafleidkunde», Gron. 1833), de Jager («Taalkundige handleidning tot de statenoverzetting des Bijbels», Rotterd. 1837) u. a. Nach den Grundsätzen J. Grimms wurde die niederländ. Grammatik durch Brill bearbeitet, dessen «Hollandsche spraakleer» (Leid. 1846) und «Nederlandsche spraakleer» (ebd. 1852 u. ö.) die Hauptwerke für dieselben bilden. Te Winkel hat sich durch gediegene Monographien, besonders in der von ihm redigierten Zeitschrift «De Taalgids» hervorgethan. Daneben entfaltete in Belgien Willems eine ungewöhnliche Thätigkeit für das Mittelniederländische, dessen Studium seitdem besonders durch Snellaert, Bormans, Blommaert, die beiden Serrure, David und Heremans rüstig gefördert wurde. Große Verdienste um die Herausgabe mittelniederländ. Denkmäler erwarb sich auch Hoffmann von Fallersleben. Die erste vollständige mittelniederländ. Laut- und Formlehre verdankt man dem Deutschen Franck (Lpz. 1883). In Holland standen lange Zeit Jonckbloet (s. d.) und M. de Vries (s. d.) an der Spitze der neuen Schule der vaterländischen Sprach- und Litteraturforschung. Außerdem haben auch Leendertz, van den Bergh, Verwijs, Moltzer, van Vloten, Brill, J. te Winkel, van Helten und Verdam, wie auch die Deutschen