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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Nienburg; Nienwarpe; Niepce; Nieren

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Nienburg – Nieren

in Halle und ließ sich 1844 als Arzt in seiner Vaterstadt nieder, wo ihm 1853 die Oberleitung der mediz. Station des städtischen Krankenhauses übertragen wurde. 1855 wurde er Professor der Pathologie und Therapie und Direktor der mediz. Klinik in Greifswald, 1860 in Tübingen. Hier entfaltete er die segensreichste Thätigkeit als Lehrer und Schriftsteller, erhielt den persönlichen Adel und wurde konsultierender Leibarzt des Königs von Württemberg. 1870 war er in den Spitälern zu Nancy thätig, starb aber bald nach seiner Rückkehr zu Tübingen 14. März. 1871. Er schrieb das «Lehrbuch der speciellen Pathologie und Therapie» (Berl. 1858; 11. Aufl., bearbeitet von Seitz, 2 Bde., ebd. 1884), das sich durch die Bündigkeit und Klarheit des Stils, die Anschaulichkeit der Krankheitsbilder und die Sicherheit der Heilindikationen auszeichnet.

Nienburg. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Hannover, hat 496,70 qkm und 1890: 24841, 1895: 26449 (13370 männl., 13079 weibl.) E., 3 Städte, 42 Landgemeinden und 4 Gutsbezirke. – 2) N. an der Weser, selbständige Stadt und Hauptstadt der Grafschaft Hoya (s. d.), an der Weser und der Linie Hannover-Geestemünde der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Verden) und Bezirkskommandos, hatte 1890: 7808, 1895: 9114 E., darunter 442 Katholiken und 137 Israeliten, Postamt erster Klasse, Telegraph, Realprogymnasium, Baugewerk-, höhere Mädchenschule; Glasindustrie, Fabrikation von chem. Produkten und Kunstdünger, Dampfsägewerke. N. wird 1025 urkundlich genannt und war neben Hoya Residenz der Grafen von Hoya. Im Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg hatte es verschiedene Belagerungen und feindliche Besatzungen zu ertragen. Auch 1806 wurde es von den Franzosen erobert, worauf die Befestigungen geschleift wurden. – 3) N. an der Saale, Stadt im Kreis Bernburg des Herzogtums Anhalt, an der Mündung der Bode in die Saale und an der Nebenlinie Grizehne-Cönnern der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 5188 E., darunter 136 Katholiken, Post zweiter Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, berühmte got. Schloßkirche, Domäne und Rittergut, Krankenhaus, Vorschußverein; Eisengießerei und Maschinenfabrik (Ziegeleimaschinen), große Fabrik von Kupfer-, Messing- und Blechwaren mit Rohrzieherei (Bau von Zuckerfabriken und Spiritusbrennereien), Fabriken für Treibriemen, Chrom, Dünger, Schwefelsäure und Cement, Handelsmühle, Kalksteinbrüche, Kalk- und Ziegelbrennerei, Schiffahrt, Getreidehandel. Nach dem Benediktinerkloster, das hier 970‒1552 bestand, hieß der Ort auch Mönchen- oder München-Nienburg.

^[Abb.]

Nienwarpe, älterer Name der Stadt Neuwarp (s. d.).

Niepce (spr. nĭäpß), Josephe Nicephore, Erfinder der Photographie (s. d.), geb. 7. März 1765 zu Chalon-sur-Saône, trat 1789 in die franz. Armee, nahm als Offizier besonders an den Feldzügen in Italien teil und verwaltete 1795‒1801 den Distrikt Nizza. N. kehrte hierauf nach seiner Vaterstadt zurück, wandte sich seit 1811 der Lithographie zu und kam gegen 1813 auf den Gedanken, zur Hervorbringung des Bildes sich nicht mehr des Griffels, sondern unmittelbar des Sonnenlichts zu bedienen. Er war der erste, der die Bilder der Camera obscura mit Erfolg fixierte. Er nannte seine Bilder, die mittels Asphalts hergestellt waren, Heliographen. N. trat hierauf mit Daguerre in nähere Verbindung, mit dem er sich zur weitern Vervollkommnung und Ausbeutung seiner Erfindung einigte. N. starb 5. Juli 1833 zu Gras bei Chalon. – Vgl. Isidore Niepce, Post tenebras lux. Historique de la découverte improprement nommée Daguerréotypie (Par. 1841).

Claude Marie François N. de Saint-Victor, Neffe des vorigen, geb. 26. Juli 1805 zu St. Cyr bei Chalon, besuchte die Militärschule in Saumur, war 1845‒48 Lieutenant in der Pariser Municipalgarde, dann Lieutenant und bald darauf Kapitän in einem Dragonerregiment, seit 1854 zweiter Kommandant des Louvre. Er erwarb sich um die weitere Ausbildung der Photographie große Verdienste, versuchte 1847 die Photographie auf Glas, benutzte zuerst Eiweiß als Überzug photogr. Platten und Papiere, auch gelang es ihm zuerst, einzelne Farben bei der Photographie hervorzubringen. N. starb 5. April 1870 zu Paris. Er schrieb einen «Traité pratique de gravure héliographique» (Par. 1856) und zahlreiche Abhandlungen, die er gesammelt u. d. T. «Recherches photographiques» (ebd. 1855) herausgab.

Nieren (Renes), die zur Harnabsonderung dienenden Drüsen. Es sind deren beim Menschen und allen Wirbeltieren zwei, die an der innern, hintern Oberfläche der Bauchhöhle zu beiden Seiten des ersten bis dritten Lendenwirbels liegen. (S. die Tafel: Die Baucheingeweide des Menschen Ⅱ, Fig. 11, beim Artikel Bauch.) Sie haben eine bohnenförmige Gestalt, so daß man an ihnen eine vordere und hintere Fläche, einen äußern konvexen und innern ausgeschweiften Rand und ein oberes und unteres Ende unterscheidet. Die Größe der N. wechselt bis zu einem gewissen Grade; die linke Niere ist meist etwas länger und schmäler als die rechte. Ihre Länge beträgt im Durchschnitt 11 cm, ihre Breite 5‒7 cm, ihre Dicke 3‒4 cm; das Gewicht je einer Niere schwankt zwischen 120 und 200 g. Die vordere Fläche der Niere ist von der hintern Wand des Bauchfells überzogen, die hintere grenzt nach oben an den Lendenteil des Zwerchfells (s. d.). Der äußere Rand ist konvex, der innere konkav und mit einer in das Innere führenden Spalte (hilus renalis) versehen, durch welche sich der Harnleiter und die Blutgefäße in das Nierenbecken einsenken. Jede Niere hat eine eigene feste, aber dünne Haut (Nierenkapsel) und ist mit lockerm und sehr fettreichem Zellgewebe (Nierenfett) umgeben, welches sie mit den angrenzenden Teilen verbindet. An den N. unterscheidet man zweierlei Substanz: eine äußere, welche nur den Hilus der N. freiläßt, die Rinden- oder Kortikalsubstanz, und eine von dieser umschlossene, die Mark- oder Medullarsubstanz. Die Rindensubstanz erscheint körnig und röter als die strahlig gestreifte Marksubstanz. Die Körner, welche in der Rindensubstanz leicht auffallen, bestehen aus Knäueln feiner Gefäße, den sog. Malpighischen Körperchen oder Knäulchen (glomeruli Malpighii), die einen Durchmesser von 0,2 mm besitzen und von einer häutigen Hülle trichterförmig umschlossen werden; von dieser Hülle geht ein sehr feiner Schlauch (Harnkanälchen) aus, welcher in der Rindensubstanz vielfach gewunden ist, sich dann nach dem Hilus zuwendet und in der Marksubstanz mit mehrern andern seines- ^[folgende Seite]