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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nierenbaum – Niese

gleichen zu einem Schlauch zusammentritt. Im Malpighischen Gefäßknäuel wird Blutflüssigkeit durch die Gefäßwand ausgepreßt, die sich dann auf dem Wege zum Hilus noch konzentriert und anderweitig chemisch verändert und schließlich zum Harn (s. d.) wird. Die Harnkanälchen enden bündelweise in warzenförmigen Vorsprüngen (Nierenwarzen) und ergießen hier den Harn in kurze häutige Schläuche, die Nierenkelche, aus welchen er in das gemeinschaftliche Nierenbecken abfließt. Das letztere geht unmittelbar in den federkieldicken, 32 cm langen Harnleiter (Ureter) über, welcher, aus einer Muskel-, Schleim- und Bindegewebshaut bestehend, sich längs der hintern Bauchwand nach dem Becken hinabzieht und in die Harnblase (s. d.) einmündet, wo der tropfenweise zufließende Harn gesammelt wird. Ihr Blut erhält die Niere durch die Nierenarterie. Das aus der Niere abfließende Blut führt die Nierenvene direkt in die untere Hohlader und nicht, wie die Venen der andern Unterleibsorgane, in die Pfortader. Die Nerven der N. stammen vom Sympathicus nervus (s. d.). Es kommt vor, daß die N. nicht die gewöhnliche Lage haben, sondern z. B. im kleinen Becken angewachsen sind oder in der Mittellinie des Körpers zusammenstoßen und hier zu einer sog. Hufeisenniere verwachsen sind. In noch andern Fällen liegen die N. beweglich in der Bauchhöhle (s. Wanderniere).

Unter den Krankheiten der N. sind am häufigsten die Brightsche Krankheit (s. d.) und die Nierenschrumpfung oder die Cirrhose der N. (s. Schrumpfniere). Weniger häufig ist die interstitielle Entzündung der N. (Nephritis interstitialis), welche vorzugsweise das zwischen den Harnkanälchen befindliche Bindegewebe betrifft und die gewöhnliche Ursache des Nierenabscesses bildet. Entzündung der Nierenkelche und des Nierenbeckens (Pyelitis) sowie Steinbildung in den N. selbst und in den Kelchen sind beschwerliche, durch Fieber und täglichen Eiterverlust häufig erschöpfende Krankheiten, welche nicht selten mit höchst intensiven, krampfartigen Schmerzen, der sog. Nierenkolik, verbunden sind. Bei anhaltender Harnstauung im Nierenbecken (infolge von Steinbildung, Geschwülsten, entzündlichen Verwachsungen u. dgl.) kommt es zur Hydronephrose, zur krankhaften Erweiterung des Nierenbeckens mit Schwund der Nierensubstanz, wobei sich das Nierenbecken und schließlich die Niere in einen dickwandigen, bis kindskopfgroßen, mit wässeriger, schleimiger oder eiteriger Flüssigkeit erfüllten Sack umwandelt. Betrifft die Krankheit nur die eine Niere, so kann das Leben des Kranken längere Zeit erhalten bleiben, da die andere Niere vikariierend für die unthätig gewordene eintritt; nur wenn beide N. ergriffen werden, geht der Kranke schnell unter den Zeichen der Urämie zu Grunde. Unter den sonstigen Nierenkrankheiten sind noch hervorzuheben die Amyloidentartung (s. d.) der N., welche sich im Gefolge der Syphilis, Lungenschwindsucht und langdauernder Eiterungen einstellt, die Tuberkulose der N., bei welcher das Nierengewebe nach und nach durch Eiter und käsige Massen zerstört wird, und der Nierenkrebs, welcher meist hartnäckiges Blutharnen (s. d.) zur Folge hat. Unterdrückung der Harnabsonderung führt unter sog. urämischen Erscheinungen zum Tode. (S. Harnvergiftung.) Bei allen Krankheiten der N. soll der Kranke eine durchaus milde, reizlose Diät wählen, sich sorglich vor Erkältungen hüten, stets wollene Unterkleider tragen und nur in trocknen, sonnigen Räumen wohnen sowie warme Bäder nehmen. – Vgl. Rosenstein, Die Pathologie und Therapie der Nierenkrankheiten (4. Aufl., Berl. 1894); Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie, hg. von Ziemssen, Bd. 9 (2. Aufl., Lpz. 1877‒82).

Nierenbaum, s. Anacardium.

Nierenentzündung, s. Nieren und Brightsche Krankheit.

Nierenförmig, s. Blatt.

Nierenkolik, s. Harnsteine.

Nierenschrumpfung, s. Brightsche Krankheit und Schrumpfniere.

Nierensteine, s. Harnsteine.

Nierentalg, s. Schlachten.

Nieritz, Gustav, Volks-und Jugendschriftsteller, geb. 2. Juli 1795 zu Dresden, wurde daselbst Volksschullehrer, 1831 Oberlehrer und 1841 Direktor der Bezirksschule zu Antonstadt-Dresden. 1854 legte N. sein Schulamt nieder und starb 16. Febr. 1876 in Dresden. Sein Denkmal (Marmorbüste von Kietz) auf der Theresienstraße in Dresden wurde 11. Okt. 1878 enthüllt. Das rechte Gebiet für seine schriftstellerische Thätigkeit eröffnete sich ihm, als Gubitz ihn 1834 aufforderte, Jugendschriften nach dem Vorbilde Christoph von Schmids zu verfassen. Seit dieser Zeit gab N. weit über 100 Bändchen Erzählungen für die Jugend heraus, die zum großen Teil histor. Stoffe behandeln. Sie sind meist in der «Jugendbibliothek» (Berlin, dann Lpz. 1840‒65; neue Ausg., Düsseldorf, dann Bonn 1876 fg.) und den Sammlungen seiner «Jugendschriften» (Lpz. 1845‒54) erschienen und haben zum Teil zahlreiche Auflagen erlebt. Auch schrieb N. Erzählungen für das Volk in dem «Sächs. Volkskalender» (Lpz. 1842‒49; auch als «Preuß. Volkskalender» in Berlin ausgegeben) und im «Deutschen Volkskalender» (Lpz. 1850‒77). – Vgl. N.’ Selbstbiographie (Lpz. 1872).

Niers (Neers), rechter Nebenfluß der Maas, entspringt im preuß. Reg.-Bez. Düsseldorf, 12 km südlich von M.-Gladbach, fließt dem Rhein ziemlich parallel und mündet nach 120 km im nördlichsten Teile vom niederländ. Limburg, unterhalb Gennep.

Nierstein, Dorf im Kreis Oppenheim der hess. Provinz Rheinhessen, am Rhein und der Linie Worms-Mainz der Hess. Ludwigsbahn, hatte 1890: 3665, 1895: 3738 E., darunter 1508 Katholiken und 67 Israeliten, Post, Telegraph und bedeutenden Weinbau (Niersteiner). Bei N. befindet sich auch eine Schwefelquelle, Sirona genannt, mit der früher ein Bad verbunden war.

Nieschawa (Nieszawa), Kreis und Stadt, s. Neschawa.

Niese, Jürgen Anton Benedictus, Philolog und Historiker, geb. 24. Nov. 1849 zu Burg auf Fehmarn, studierte in Kiel und Bonn, war 1873‒76 auf Studienreisen in Italien und Paris, habilitierte sich 1876 in Göttingen, wurde 1877 außerord., 1879 ord. Professor in Marburg, 1881 in Breslau, 1885 wieder in Marburg. Er schrieb: «Der homerische Schiffskatalog als histor. Quelle» (Kiel 1873), «Die Entwicklung der homerischen Poesie» (Berl. 1882), «Geschichte der griech. und macedon. Staaten seit der Schlacht bei Chäronea» (Bd. 1, Gotha 1893) und gab die Werke des Flavius Josephus heraus (6 Bde., Berl. 1885‒94). – Seine Schwester Charlotte N., Schriftstellerin, geb. 7. Juni 1854 zu Burg auf Fehmarn, lebt in Altona. Sie schrieb (mehrfach unter dem Pseudonym Lucian Bürger): «Cajus Rungholt. Roman aus dem 17. Jahrh.» (Bresl. 1886), «Auf halbverwischten Spuren» (Itzehoe 1888),