Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

462

Notimpfung - Notre-Dame

besondere Verhältnisse ausgeschlossen sein, indem Amt, Aufsichtsrecht, Erziehungsgewalt die Befugnis zur N. geben (s. Amtsvergehen). Das Österr. Strafgesetzbuch straft (§. 98) die N. als Erpressung (s. d.).

Notimpfung, s. Pocken.

Notiomēter (grch.), soviel wie Hygrometer (s. d.).

Notiōn (lat.), Begriff, Verstandesbegriff.

Notīz (lat.), Bemerkung, Anmerkung; N. nehmen von etwas, etwas beachten und beherzigen.

Notker, Name von Mönchen des Klosters St. Gallen, unter welchen besonders hervorragen:

N. Balbulus (d. i. der Stammler), der Heilige, geb. um 840 im Thurgau, gest. 6. April 912, war namentlich um den Kirchengesang bemüht; er förderte die einfachere röm. oder Gregorianische Gesangsweise und legte den bis dahin textlosen Melodien des Halleluja rhythmische Texte unter, die sog. Prosen oder Sequenzen (s. d.). Solcher Gesänge verfaßte er gegen 50, außerdem theol. Schriften. 1513 wurde N. kanonisiert. – Vgl. Bartsch, Die lat. Sequenzen des Mittelalters (Rost. 1868).

N. Physicus (d. i. der Arzt), gest. 12. Nov. 975, ein Zögling des N. Balbulus, Musiker, Maler, Schreibkünstler und Arzt, verzierte die Klosterkirche und mehrere Handschriften mit Gemälden, schrieb Verschiedenes in lat. Versen und stand wegen seiner Arzneikunde am Hofe Kaiser Ottos Ⅰ. in Achtung.

N. Labeo (d. i. der Großlippige), auch Teutonicus («der Deutsche») genannt, der berühmteste dieses Namens, geb. um 950 im Thurgau, 1001‒22 Lehrer an der St. Galler.Klosterschule, gest. 29. Juni 1022 an der Pest, war Theolog, Musiker, Dichter, Astronom und Mathematiker, in den griech. und röm. Klassikern nicht minder bewandert als in der Bibel und der geistlichen Litteratur, und übte angeblich auch die Malerei und die Heilkunst aus. Unter seiner Leitung erreichte die Klosterschule ihre höchste Blüte. Für die Zwecke dieser Schule verfaßte N. eine Reihe von Übersetzungen und Erläuterungsschriften in deutscher Prosa, die zu den wichtigsten Denkmälern der althochdeutschen Sprache gehören, aber größtenteils verloren sind. Erhalten sind die Psalmen nebst den übrigen psalmenartigen Stücken des Alten und Neuen Testaments (gedruckt in Schilters «Thesaurus antiquitatum teutonicarum ecclesiasticarum», Bd. 1, Ulm 1727; in den «Denkmalen des Mittelalters», hg. von Hattemer, Bd. 2, St. Gallen 1844‒46, und nach der Wiener Handschrift besonders hg. von Heinzel und Scherer, Straßb. 1876), die Kategorien des Aristoteles und dessen Abhandlung «Peri hermeneias», des Boëthius Schrift «De consolatione philosophiae», des Marcianus Capella zwei erste Bücher «De nuptiis Mercurii et Philosophiae» (die zuletzt genannten drei Schriften hg. von Graff, Berl. 1837), eine Abhandlung «De octo tonis» (in von der Hagens «Denkmalen des Mittelalters», ebd. 1824), eine andere «De syllogismis» und ein kleines Lehrbuch der Rhetorik (in Haupts «Zeitschrift für deutsches Altertum», Bd. 4, Lpz. 1846). So erstaunlichen Umfang N.s Thätigkeit hat, so wenig läßt sich erweisen, daß er Leiter einer Übersetzungsschule war und nicht selbst alles übersetzt hätte. Eine neue Ausgabe der Schriften N.s hat Piper veranstaltet (8. bis 10. Bd. des «Germanischen Bücherschatzes», Freib. i. Br. 1883). – Vgl. Meyer von Knonau, Lebensbild des heiligen N. (Zür. 1877); Henrici, Die Quellen von N.s Psalmen (Straßb. 1878).

Notkette, soviel wie Hemmkette (s. d.).

Notklippen, s. Notmünzen und Klippen.

Notleidendes Papier, ein Wechsel, dessen Annahme oder Zahlung verweigert wurde.

Notmast, s. Mast.

Notmünzen, Münzen oder münzartige Zeichen, die zur vorübergehenden Abhilfe des Mangels an Umlaufsmitteln in geldknappen Zeiten vom Staate oder von Privaten hergestellt und meist zu einem den innern Wert weit übersteigenden Werte ausgegeben wurden. Sie sind als eine Art Kreditmünze anzusehen, deren spätere Wiedereinziehung wohl beabsichtigt, oft aber, zum Vorteil der ausgebenden Stelle, unterlassen wurde. Eckige N. heißen Notklippen (s. Klippen). Zu den N. gehören auch die Belagerungsmünzen (s. d.).

Noto (N. nuōvo), Hauptstadt des Kreises N. (70963 E.) in der ital. Provinz Siracusa auf Sicilien, in reich bewaldeter Gegend nahe der Ostküste, an der Linie Siracusa-Licata, hat zwei moderne Kuppelkirchen, schöne Adelspaläste, stattliche Häuser, regelmäßige Straßen, auf der Piazza San Domenico einen Monumentalbrunnen, ein Lyceum, Seminar, eine öffentliche Bibliothek und (1881) 15925, als Gemeinde 18239 E. Die Stadt ist erst seit 1703 erbaut, nachdem die alte Stadt (N. vecchĭo oder N. vetĕre) 1693 durch ein Erdbeben zerstört wurde.

Notobranchiāta, s. Gliederwürmer.

Notochórd (grch.), s. Chorda.

Notonectĭdae, s. Rückenschwimmer.

Notopŏda, s. Rückenfußkrabben.

Notorietät (frz. notoriété), Offenkundigkeit. Thatsachen, welche allen erwachsenen, gebildeten und aufmerksamen Personen des Kreises, zu welchen der Richter selbst gehört, bekannt sind, die menschenkundigen, volkskundigen, ortskundigen Thatsachen bedürfen keines Beweises, auch wenn ihre Wahrheit von einer Partei bestritten wird. Dagegen darf der Richter seine Privatkenntnis von Thatsachen, welche nur einzelnen Personen durch eigene, auf einen engen Kreis zufällig anwesender Menschen beschränkte Wahrnehmung und so auch ihm außeramtlich bekannt geworden sind, bei seiner amtlichen Thätigkeit nicht verwerten. Andererseits giebt es gerichtsnotorische Thatsachen, welche den Mitgliedern des Gerichts als solchen bei ihrer amtlichen Thätigkeit bekannt geworden sind. Hier liegt echte N. vor.

Notorietätsakt (Acte de notoriété), in der franz. Rechtssprache eine notarielle oder friedensrichterliche Urkunde, in welcher zwei oder mehr Personen bezeugen, daß eine Thatsache als notorisch gelte. Ein N. ersetzt z. B. den zum Zweck der Eheschließung beizubringenden Geburtsschein.

Notōrisch (lat.), offenkundig, s. Notorietät.

Notórnis, s. Kurzflügelralle.

Notos, bei den Griechen der Süd- (genauer Südwest-)Wind.

Notosĕro, See auf der Halbinsel Kola im Kreis Kem des russ. Gouvernements Archangelsk, umfaßt 440 qkm. In ihn fließt der in Finland entspringende Fluß Noto, den Abfluß bildet die Tuloma, die in die Bucht von Kola mündet. Länge des ganzen Wasserwegs 339 km.

Nototrēma, s. Laubfrösche.

Notre-Dame (spr. nottr dam), alte franz. Bezeichnung der Jungfrau Maria, wie im Deutschen Unsere Liebe Frau, und deshalb der Name mehrerer der Jungfrau Maria gewidmeten Kirchen u. s. w. in Frankreich, z. B. der großen Hauptkirche in Paris. (S. Tafel: Pariser Bauten, Fig. 1.)