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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Oberlandesgerichtspräsident – Oberlin

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Oberlandesgerichte'

stanz, welche die Aufsichts-, Beschwerde- und Berufungsinstanz für alle Gerichtsbehörden erster Instanz bilden, die Bezeichnung O. Es bestehen O. in Wien für Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg, Graz für Steiermark, Kärnten und Kram, Triest für Triest, Görz, Gradiska und Istrien, Zara für Dalmatien, Innsbruck für Tirol und Vorarlberg, Prag für Böhmen, Brünn für Mähren und Schlesien, Lemberg für Ostgalizien und die Bukowina, Krakau für Westgalizien, von denen Prag mit 5560819 Eingesessenen das größte, Zara mit 476101 Eingesessenen das kleinste ist.

Oberlandesgerichtspräsident, im Deutschen Reich und in Österreich der an der Spitze eines Oberlandesgerichts (s. d.) stehende richterliche Beamte. Seine ordentliche richterliche Thätigkeit übt er als Vorsitzender eines Senats und zwar hat er nach Deutschem Gerichtsverfassungsgesetz vor Beginn des Geschäftsjahrs den Senat, welchem er sich anschließt, zu bestimmen, während über die Verteilung des Vorsitzes in den übrigen Senaten von dem O. und den Senatspräsidenten (s. d.), über die Verteilung der Geschäfte der ständigen Mitglieder und der regelmäßigen Vertreter auf die Senate von dem Präsidium entschieden wird, welches außer dem O., dessen Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag giebt, und den Senatspräsidenten aus den beiden dem Dienstalter nach ältesten Mitgliedern des Oberlandesgerichts besteht. Zu den reichsgesetzlich dem O. übertragenen Geschäften gehört ferner die Bestimmung zeitweiliger Vertreter bei Verhinderung des regelmäßigen Vertreters eines Mitgliedes, sowie, auch nach §. 301 der Österr. Strafprozeßordnung, die Ernennung der Schwurgerichtsvorsitzenden (s. Schwurgericht). In Preußen beziehen die O. neben freier Wohnung oder Mietsentschädigung 14000 M. Gehalt; höher sind die Gehälter in Sachsen (15000 M.), Mecklenburg (15000 M.), Hamburg (16000 M.), Elsaß-Lothringen (15000 M. Und 1500 M. Wohnungszuschuß), niedriger in den übrigen deutschen Staaten, am niedrigsten in Oldenburg (8500 M.).

Oberlandesgerichtsrat, Amtstitel für die Mitglieder der deutschen Oberlandesgerichte (s. d.). In Preußen und den meisten andern deutschen Staaten haben dieselben mit den Landgerichtsdirektoren gleichen Rang und gleichen Gehalt. Letzterer steigt in Preußen von 4800 bis 6600 M., wozu je nach der Örtlichkeit 480–900 M. Wohnungszuschuß treten; er ist niedriger in Bayern (4920 M. mit fünfjährigen Alterszulagen) und Baden (4000–6800 M. und 760 M. Wohnungszuschuß), höher besonders in Hamburg (10–13000 M.) und Mecklenburg (9600 M.), aber auch in Sachsen (6600–9000 M.), Elsaß-Lothringen (6000–7200 M.) und Oldenburg (6–7000 M.).

Oberlandeskulturgericht, in Preußen die Gerichts- und Verwaltungsbehörde, welche in Auseinandersetzungsangelegenheiten (Ablösungen, Gemeinheitsteilungen, Zusammenlegungen u.s.w.) gegenüber den Generalkommissionen die zweite Instanz bildet. Sie hat ihren Sitz in Berlin; vor dem Gesetz vom 18. Febr. 1880 wurde sie Revisionskollegium genannt.

Oberlandjägermeister, s. Oberjägermeister.

Oberlastig nennt man ein Schiff, dessen Schwerpunkt zu hoch liegt, was durch ein fehlerhaftes Stauen der Ladung herbeigeführt wird. Oberlastige Schiffe sind leicht der Gefahr des Umschlagens ↔ (Kenterns) ausgesetzt, weil die metacentrische Höhe bei denselben zu gering ist (s. Metacentrum).

Oberlausitz, s. Lausitz.

Oberlausitzer Eisenbahn, s. Berlin-Anhaltische Eisenbahn.

Oberleder, Schmalleder oder Fahlleder, bei Stiefeln und Schuhen das auf dem obern Teil des Fußes getragene dünne, weiche und geschmeidige Leder, über die Herstellung s. Lederfabrikation.

Oberlehnsherrlichkeit, s. Suzeränität.

Oberleutensdorf, czech. Litvinov horní, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Brüx in Böhmen, an den Linien Bodenbach-Komotau und Prag-Brüx-Moldau (Station Wiesa-O.) der Österr. Staatsbahnen, hat (1890) 5167, als Gemeinde 7502 deutsche E., Pfarrkirche, 1690 vom Erzbischof von Prag, Johann Friedrich Grafen von Waldstein, erbaut, mit wertvollem Altarblatt von Skreta, ein 1732 von Johann Joseph Grafen von Waldstein erbautes Schloß mit Brauerei, Fachschule für Keramik und verwandte Gewerbe; Baumwollspinnereien, Weberei sowie bedeutende Fabrikation von Spielwaren, Möbeln aus gebogenem Holz und Hüten, Holzdrechslereien und bedeutende Kohlenbergwerke, Tuch, Stahlwaren, Stärke und Spiritus. Nahebei Niederleutensdorf (1181 E.).

Oberlicht, im allgemeinen von oben einfallendes Licht. Man unterscheidet Seitenoberlicht oder hohes Seitenlicht, welches durch hoch gelegene Fenster zur Erhellung mangelhaft beleuchteter Korridore, zur Gewinnung von Wandflächen bei Ausstellungsräumen u.s.w. dient, und Deckenoberlicht, sowohl bei geraden, wie gewölbten Decken (insbesondere Kuppeln). Man ordnet in den meisten Fällen eine untere horizontale (Decken-)Verglasung und eine zweite obere und geneigte (Dach-)Verglasung an, die sich auch in der Stärke des angewendeten Glases unterscheiden. Außerdem wird die erstere in der Regel auch dekorativ behandelt. In neuerer Zeit gewinnt man auch Deckenoberlicht ohne Verlust nutzbaren Raumes durch Anordnung verglaster Fußböden, die aus starken, mittels Eisenkonstruktion unterstützten Glasplatten gebildet werden. (S. Glasdach.) Bei Kuppeln (s. d.) bleibt das O. gewöhnlich offen und wird durch einen durchbrochenen Aufbau (die Laterne) überdeckt.

Oberlieutenant, s. Lieutenant.

Oberlin, Joh. Friedr., evang. Pfarrer, geb. 31. Aug. 1740 zu Straßburg, studierte daselbst, war dann Hauslehrer und übernahm 1767 das Pfarramt zu Waldbach im Steinthal (Ban de la roche). Bis zu seinem Tode 1. Juni 1826 arbeitete er hier, «ein Heiliger der prot. Kirche», wie ihn K. Hase nennt, mit großer Aufopferung unter der dortigen verwahrlosten und verarmten Bevölkerung; durch Seelsorge, Hebung des Unterrichts, Begründung von Kleinkinderschulen, Einrichtung von Warenlagern, Leih-und Sparkassen, Beförderung der Landwirtschaft und Einführung der Baumwollspinnerei und Weberei führte er seine Gemeinde zu musterhafter Gesittung und industriellem Wohlstande. Seinen Bestrebungen auf dem Gebiete des Kleinkinderschulwesens folgend, wirken an verschiedenen Orten nach ihm benannte Oberlinvereine. – Vgl. die Biographien von Lutteroth (Par. 1826; deutsch von Krafft, Straßb. 1826), von G. H. von Schubert (Nürnb. 1826; 11. Aufl. 1890), O.s vollständige Lebensgeschichte und gesammelte Schritten, hg. Von Hilpert, Stoeber u.a., übertragen von Burckhardt

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite .